Opposition und Repression in der DDR

Opposition und Repression in der DDR
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A

Ärzte für den Frieden

Die Gruppe Ärzte für den Frieden war eine unabhängige ärztliche Friedensbewegung in der DDR, sie wurde 1983 in Ost-Berlin gegründet. Die Ärzte für den Frieden und ähnliche Gruppen, die auch in anderen Teilen der DDR entstanden waren, wollten aus ärztlichem Ethos und christlichem Bekenntnis heraus einen eigenen Beitrag für die Friedenssicherung leisten und arbeiteten vorwiegend im kirchlichen Raum.

Logo der Ärzte für den Frieden


ASZ = Aktion Sühnezeichen

Aktion Sühnezeichen Friedensdienste ist eine christliche Friedensorganisation. Sie wurde 1958 als gesamtdeutsche Organisation gegründet, um in kritischer Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Friedens- und Versöhnungsarbeit in Ländern zu leisten, die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten und dem Zweiten Weltkrieg besonders gelitten hatten. Da die Spaltung Deutschlands jedoch eine gemeinsame Arbeit unmöglich machte, entwickelten sich zwei Organisationen, Aktion Sühnezeichen (ASZ) in der DDR unter dem Dach der Evangelischen Kirche und Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) in der Bundesrepublik. Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten fusionierten beide Organisationen 1990. Die ostdeutsche ASZ konzentrierte ihre Aktivitäten wegen der eingeschränkten Reisefreiheit notgedrungen auf das eigene Land, Polen und die Tschechoslowakei (ČSSR), während die westdeutsche ASF in vielen europäischen Ländern tätig wurde. Ab 1962 begann die ostdeutsche ASZ mit dem Aufbau und der Entwicklung von Sommerlagern, in denen Menschen aus verschiedenen Ländern des Ostblocks miteinander lebten und arbeiteten. ASZ war keine organisierte Opposition, schuf aber ein kulturelles Milieu für eigenständiges Denken und Handeln und wurde dementsprechend von SED und MfS unter Kontrolle gehalten. Der offiziellen Meinung der DDR-Führung zufolge war die Arbeit der ASZ überflüssig, denn aus dieser Perspektive war die DDR ein antifaschistischer Staat, der für die Folgen des deutschen Faschismus nicht haftbar gemacht werden konnte und demzufolge auch keine Versöhnungsverantwortung hatte. (Die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste im Internet: http://www.asf-ev.de)

Logo der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste

B

Blockpartei

In der DDR waren neben der SED vier weitere Parteien, die sogenannten Blockparteien, zugelassen: die CDU der DDR, die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD), die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD) und die National-Demokratische Partei Deutschlands (NDPD). Formal waren diese Parteien zwar unabhängig, tatsächlich ordneten sie sich aber dem Führungsanspruch der SED unter und unterschieden sich in ihren politischen Grundaussagen kaum von denen der SED. Die Parteien waren in einer „Dachorganisation“, dem sogenannten Demokratischen Block, organisiert, ohne dessen Einverständnis sie keine Entscheidungen treffen konnten. Der Demokratische Block wiederum bildete den Kern der Nationalen Front. Auf diese Weise existierte in der DDR formal zwar ein Mehrparteiensystem, gleichzeitig war die Vormachtstellung der SED aber gesichert.


BRD = Bundesrepublik Deutschland

Die Bundesrepublik Deutschland wurde am 23.5.1949 auf den Gebieten der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungzone gegründet. Von 1949 bis 1990 bestand die Bundesrepublik aus zehn Bundesländern, West-Berlin war kein konstitutiver (hier: rechtlich den übrigen Bundesländern nicht gleichgestellter) Bestandteil der Bundesrepublik. Die Bundeshaupstadt war Bonn. 1955 trat die Bundesrepublik der NATO bei. Mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Bundesrepublik am 3.10.1990 stieg die Zahl der Bundesländer auf 16, die Anzahl der Einwohner auf knapp 80 Millionen und Berlin wurde zur Bundeshauptstadt. Die Bundesrepublik Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie. (Die Bundesregierung im Internet: http://www.bundesregierung.de)

Flagge der Bundesrepublik Deutschland


BStU = Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik

Die BStU bewahrt in ihren Archiven die Hinterlassenschaften des MfS (Akten, Karteikarten, Filme, Tondokumente, Mikrofiches) auf und stellt sie nach strengen gesetzlichen Vorschriften Privatpersonen, Institutionen und der Öffentlichkeit zur Verfügung. Außerdem forscht die BStU auch selbst zur Geschichte und Wirkungsweise des MfS und stellt ihre Forschungsergebnisse in Form von Publikationen, Ausstellungen, Veranstaltungen und im Internet der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die Behörde hat ihren Hauptsitz in Berlin. Die Gründung der Behörde der Bundesbeauftragten im Januar 1992 geht auf das Engagement vieler Bürger/innen in der DDR zurück, die im Herbst 1989 und Winter 1990 die Öffnung der Akten des MfS forderten. (Die BStU im Internet: http://www.bstu.bund.de)

Logo der BStU


Bündnis 90

Zur Volkskammerwahl im März 1990 bildeten die Bürgerbewegungen Demokratie Jetzt (DJ), Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) und Neues Forum (NF) die Listenverbindung Bündnis 90: Bürger für Bürger. Die Listenverbindung bekam 2,9 % der Stimmen und bildete in der neu gewählten Volkskammer mit der Grünen Partei der DDR, die im November gegründet worden war, die Fraktion Bündnis 90/Grüne. Zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember 1990 bekam die Listenverbindung, der sich nun auch der UFV anschloss, den Namen Bündnis 90/Grüne – BürgerInnenbewegung. Sie trat noch unabhängig von der westdeutschen Partei DIE GRÜNEN an. 1991 konstituierte sich Bündnis 90 formell als Partei und vereinigte sich 1993 mit der bereits seit Ende 1990 gesamtdeutschen Partei DIE GRÜNEN zu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Offiziell heißt die Partei noch heute BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, meistens wird sie jedoch verkürzt DIE GRÜNEN genannt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Internet: http://www.gruene.de)

Logo von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C

CDU = Christlich Demokratische Union Deutschlands

Die CDU ist eine politische Partei mit christdemokratischer konservativer Ausrichtung. Sie wurde 1945 als gesamtdeutsche Partei gegründet. In der DDR ordnete sich die CDU der SED-Führung unter, sie war eine der sogenannten Blockparteien. Zur Volkskammerwahl im März 1990 trat die DDR-CDU in einem Wahlbündnis mit dem Demokratischen Aufbruch (DA) und der Deutschen Sozialen Union (DSU) an. Im Oktober 1990 vereinigte sich die ostdeutsche CDU mit ihrer westdeutschen Schwesterpartei. Im Bundestag bildet die CDU mit der bayerischen Christlich-Sozialen Union (CSU) eine Fraktion. (Die CDU im Internet: http://www.cdu.de)

Logo der CDU


Charta 77

Die Charta 77 war zunächst eine Petition (Bittschrift, Eingabe) von tschechoslowakischen Künstler/innen und Intellektuellen, die auf Menschenrechtsverletzungen in der ČSSR aufmerksam machte. Sie wurde Anfang 1977 veröffentlicht. Daraus entwickelte sich eine der größten und bedeutendsten Oppositionsbewegungen im gesamten Ostblock. Einer der Mitbegründer und Sprecher der Charta 77, Václav Havel, wurde nach dem politischen Umbruch 1989 erster nicht kommunistischer Staatspräsident in der ČSSR.


ČSSR = Československá socialistická republika (Tschechoslowakische Sozialistische Republik)

ČSSR war seit 1960 die offizielle Abkürzung für die Tschechoslowakische Sozialistische Republik. Seit 1948 war die Tschechoslowakische Republik eine kommunistische Diktatur. Sie umfasste das Gebiet der heutigen Tschechischen Republik und der Slowakei. 1990 wurde das Land in Tschechoslowakische Föderative Republik umbenannt. 1992 beschloss das tschechoslowakische Parlament die Auflösung des Staates und damit die Bildung zweier getrennter Staaten, der Tschechischen Republik und der Slowakei.

Flagge der ČSSR und der heutigen Tschechischen Republik

D

DA = Demokratischer Aufbruch

Der Demokratische Aufbruch wurde im Oktober 1989 als Bürgerrechtsbewegung von überwiegend kirchlichen Vertreter/innen in Ost-Berlin gegründet. Im Dezember 1989 konstituierte (gründete) sich der DA als politische Partei. Anfangs trat der DA noch für die Reformierung und Demokratisierung der DDR ein, ab Dezember dann für eine baldige Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten. Von Dezember 1989 bis März 1990 saßen Vertreter/innen des DA am Zentralen Runden Tisch. Zur Volkskammerwahl im März 1990 ging der DA mit der ostdeutschen CDU und der Deutschen Sozialen Union (DSU) das Wahlbündnis Allianz für Deutschland ein, das die Wahl gewann. Im August 1990 gliederte sich der DA der ostdeutschen CDU an, die im Oktober ihrer westdeutschen Schwesterpartei beitrat.

Logo der Partei Demokratischer Aufbruch


DDR = Deutsche Demokratische Republik

Die Deutsche Demokratische Republik wurde am 7.10.1949 auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) gegründet. Die politische Macht hielt die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), unter deren Führung die anderen zugelassenen Parteien, die sogenannten Blockparteien, und sonstigen Organisationen zu einer Allparteienblockregierung zusammengefasst waren. Ab 1968 war die führende Rolle der SED in der Verfassung verankert. Die DDR orientierte sich politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell an der Sowjetunion (SU). Ab 1948 war die DDR Mitglied des RGW und ab 1955 des Warschauer Paktes. Zum 3.10.1990 wurde die Existenz der DDR mit der deutschen Wiederereinigung beendet.

Flagge der DDR


DIE GRÜNEN (BRD)

Die bundesdeutsche Partei DIE GRÜNEN wurde 1980 in Karlsruhe gegründet. 1983 zogen DIE GRÜNEN erstmals in den Bundestag ein. Die Partei versteht sich als ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei. Sie tritt für internationale Solidarität und die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Im Dezember 1990 vereinigten sich DIE GRÜNEN mit ihrer im selben Jahr gegründeten ostdeutschen Schwesterpartei Grüne Partei der DDR. Im Jahr 1993 erfolgte der Zusammenschluss mit Bündnis 90 zur Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Offiziell heißt die Partei noch heute BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, meistens wird sie jedoch verkürzt DIE GRÜNEN genannt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Internet: http://www.gruene.de)

Wahlplakat der GRÜNEN zur Bundestagswahl 1980


DJ = Demokratie Jetzt

Demokratie Jetzt war eine Bürgerbewegung in der DDR. Sie wurde im September 1989 gegründet, ihre Mitglieder stammten vor allem aus kirchlichen Kreisen. Demokratie Jetzt hatte ihre Wurzeln in der Initiative Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung (IAPPA) der Berliner Bartholomäus-Gemeinde. Die Bürgerbewegung DJ forderte eine demokratische und friedliche Umgestaltung der Verhältnisse in der DDR, später auch eine langsame Wiedervereinigung in drei Stufen. Von Dezember 1989 bis März 1990 saßen Vertreter/innen von DJ am Zentralen Runden Tisch. Zur Volkskammerwahl im März 1990 schloss sich DJ mit der Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) und dem Neuen Forum (NF) zur Listenverbindung Bündnis 90: Bürger für Bürger zusammen.

Logo von Demokratie Jetzt

E

EOS = Erweiterte Oberschule

Die Erweiterte Oberschule war seit 1959 in der DDR die zum Abitur führende höhere Schule mit den Klassenstufen neun bis zwölf (ab 1981 nur noch die Klassenstufen elf und zwölf). Der Zugang zur EOS war beschränkt und erfolgte nur durch eine Delegierung (Abordnung) der POS oder in Ausnahmefällen auf Antrag der Eltern. Entscheidend für eine Zulassung waren neben den schulischen Leistungen auch die soziale Zugehörigkeit, die politische Einstellung, das gesellschaftliche Engagement und der spätere Studien- bzw. Berufswunsch.


ESG = Evangelische Studentengemeinde

Evangelische Studentengemeinden sind besondere Formen der Evangelischen Gemeinden in Städten mit Fach- oder Hochschulen. Die ESGn werden meist von Studentenpfarrer/innen betreut. In der DDR waren die ESGn ebenso wie die Jungen Gemeinden (JG) vor allem in den 1950er-Jahren scharfen Verfolgungskampagnen ausgesetzt, weil sie sich dem Totalitätsanspruch der SED und deren Jugendorganisation, der FDJ, entzogen. (Die ESG im Internet: http://www.bundes-esg.de)

F

FDJ = Freie Deutsche Jugend

Die Freie Deutsche Jugend wurde 1946 in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) zunächst als überparteiliche Organisation gegründet. Ab den 1950er-Jahren richtete sie sich klar nach den Vorgaben der SED aus. Die FDJ war in der DDR die einzige staatlich anerkannte und geförderte Jugendorganisation für junge Menschen zwischen 14 und 25 Jahren. Die FDJ verstand sich als sozialistischer Jugendverband und „zuverlässiger Helfer und treue Kampfreserve der Partei“. Die Mitgliedschaft in der FDJ war formal freiwillig, jedoch mussten Nichtmitglieder mit Nachteilen in Schule und Beruf rechnen. Sowohl die FDJ als auch die ihr angegliederte Pionierorganisation (JP) orientierten sich in ihrer Organisationsform und äußeren Erscheinung am sowjetischen Vorbild. Beide Organisationen verfügten über eigene Zeitungen und vielfältige kulturelle und sportliche Freizeitangebote im Rahmen der Schule und auch im außerschulischen Bereich. Die FDJ existiert noch heute als Verein. (Der Verein im Internet: http://www.fdj.de)

Emblem der FDJ

G

Grüne Partei der DDR

Die Grüne Partei der DDR wurde im November 1989 gegründet. Von Dezember 1989 bis März 1990 saßen Vertreter/innen der Grünen Partei der DDR am Zentralen Runden Tisch. Zur Volkskammerwahl im März 1990 schloss die Grüne Partei der DDR ein Wahlbündnis mit dem Unabhängigen Frauenverband (UFV), das sich jedoch direkt nach der Wahl wieder auflöste. In der neu gewählten Volkskammer bildete die Grüne Partei der DDR zusammen mit Bündnis 90 die Fraktion Bündnis 90/Grüne. Zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember 1990 trat die Grüne Partei der DDR zusammen mit dem Bündnis 90 an, aber noch unabhängig von ihrer westdeutschen Schwesterpartei DIE GRÜNEN. Am nächsten Tag vereinigte sich die Grüne Partei der DDR mit den westdeutschen Grünen. 1993 schloss sich die (nun gesamtdeutsche) Partei DIE GRÜNEN mit dem Bündnis 90 zusammen und heißt seitdem offiziell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Meistens wird die Partei jedoch verkürzt DIE GRÜNEN genannt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Internet: http://www.gruene.de)

Logo der Grünen Partei der DDR. Quelle: Bundesarchiv. Bild 183-1990-0208-015. Lizenz cc-by-sa


GST = Gesellschaft für Sport und Technik

Die 1952 gegründete Gesellschaft für Sport und Technik war eine Massenorganisation in der DDR. Sie diente der gemeinschaftlichen Freizeitgestaltung technisch und sportlich interessierter Jungen und Mädchen ab 14 Jahren und gleichzeitig der wehrsportlichen Erziehung und vormilitärischen Ausbildung. Die Angebote der GST waren kostenlos und für viele Jugendliche attraktiv. So konnten sie z. B. Tauchen, Fallschirmspringen oder Segelfliegen lernen und ohne lange Wartezeiten den Führerschein erlangen.

Emblem der GST

I

IAPPA = Initiative Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung

1986 entstand innerhalb der Evangelischen Kirche der DDR der deutschlandpolitische Arbeitskreis Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung, der einen Synodalantrag gleichen Titels formulierte. (Synoden sind in der Evangelischen Kirche Versammlungen von gewählten Vertreter/innen, die z. B. auch über Entscheidungen abstimmen.) In diesem Antrag wurde festgestellt, dass den Menschen in der DDR durch die eingeschränkten Reisemöglichkeiten der internationale und interkulturelle Austausch verwehrt sei und dadurch die Gesellschaft falsche Fremdbilder entwickeln und erkranken würde. Außerdem wurde eine Liberalisierung der gängigen Reisepraxis gefordert und die Synode aufgerufen, die Absage an die geltende Praxis auszusprechen. Obwohl die Synode den Antrag ablehnte, zeigte er erhebliche Wirkung. In der Folgezeit diskutierten viele Gemeinden den Antrag und bewirkten damit die Herausbildung eines kirchlich geprägten Oppositionsmilieus. Im Mai 1987 wurde die Initiativgruppe Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung gegründet, die vielfältige Aktivitäten unternahm, um ihr Anliegen auch in der nicht kirchlichen Öffentlichkeit zu verbreiten. So organisierte die IAPPA zusammen mit anderen Gruppen eine nahezu landesweite Kontrolle der Kommunalwahlergebnisse vom 7.5.1989 und deckte damit den Wahlbetrug auf. Im September 1989 rief die IAPPA dazu auf, eine oppositionelle Sammlungsbewegung zur demokratischen Erneuerung der DDR zu gründen, Demokratie Jetzt (DJ).


IFM = Initiative Frieden und Menschenrechte

Die Initiative Frieden und Menschenrechte wurde 1986 in Berlin von den Mitgliedern anderer lokal begrenzter Friedens- und Umweltgruppen gegründet. Sie ist die älteste von Staat und Kirchen unabhängige Oppositionsgruppe in der DDR. Die IFM orientierte sich in ihren Zielstellungen und ihrer Arbeitsweise an der tschechoslowakischen Bürgerrechtsbewegung Charta 77, Themenschwerpunkte waren die globale Abrüstung und die Wahrung bzw. Verwirklichung der Menschenrechte. Schon bald nach der Gründung und nicht zuletzt auch mithilfe der eigenen Samisdat-Zeitung „grenzfall“ wurde die IFM in der oppositionellen Szene der DDR bekannt. Zur Kommunalwahl im März 1990 ging die IFM mit den Bürgerbewegungen Neues Forum (NF) und Demokratie Jetzt (DJ) die Listenverbindung Bündnis 90: Bürger für Bürger ein.

Mitglieder der IFM 1987 in Ost-Berlin. Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft


IM = Inoffizielle/r Mitarbeiter/in (des MfS)

Inoffizielle Mitarbeiter/innen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) waren im Geheimen agierende Informant/innen. Sie waren nicht regulär beim MfS angestellt, hatten sich aber in den meisten Fällen durch eine schriftliche Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit dem MfS bereit erklärt und wurden in einer eigenen Kartei erfasst. IM sollten ihr Umfeld überwachen und ggf. beeinflussen. Sie waren in allen Bereichen der Gesellschaft der DDR und auch im Ausland (einschließlich der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlins) eingesetzt. Dementsprechend gab es mehrere IM-Kategorien. Der langjährige Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, bezeichnete die IM als „Hauptwaffe gegen den Feind“. Im Jahr 1989 waren 189.000 IM aktiv, davon mindestens 3.000 in der Bundesrepublik.

J

JG = Junge Gemeinde

Junge Gemeinden sind Angebote der Evangelischen Kirchen für junge Christ/innen, also Formen der Gemeindearbeit und keine Organisationen. In der DDR waren die Jungen Gemeinden vor allem in den 1950er-Jahren scharfen Verfolgungskampagnen ausgesetzt, weil sie sich dem Totalitätsanspruch der SED und deren Jugendorganisation, der FDJ, entzogen. Aus den Jungen Gemeinden haben sich bis zum Ende der DDR immer wieder oppositionelle Gruppen entwickelt.

Das sogenannte Kugelkreuz ist das Bekenntniszeichen der Jungen Gemeinde.


JP = Junge Pioniere

Die Pionierorganisation war in der DDR die Massenorganisation für Kinder im Alter von sechs bis vierzehn Jahren. Sie wurde 1947 als „Kindervereinigung der FDJ“ gegründet, 1948 in „Verband der Jungen Pioniere“ umbenannt und erhielt 1952 schließlich den Namen „Ernst Thälmann“ (Informationen zu Thälmann vgl. http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/ThaelmannErnst/index.html). Sowohl die Pionierorganisation als auch die FDJ orientierten sich in ihrer Organisationsform und äußeren Erscheinung am sowjetischen Vorbild. Beide Organisationen verfügten über eigene Zeitungen und boten vielfältige kulturelle und sportliche Freizeitangebote im Rahmen der Schule und auch im außerschulischen Bereich an.

Emblem der Pionierorganisation


Jugendweihe

Die Jugendweihe ist eine festliche, nicht kirchliche Zeremonie, die den Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter kennzeichnen soll. Sie ist keine Erfindung der DDR. Schon 1852 wurde sie erstmals von einem evangelischen Pfarrer als Ersatzritual (Ersatzhandlung) für kirchliche Feiern durchgeführt. In der DDR war die Jugendweihe ab 1955 eine offizielle, staatlich organisierte Feier am Ende des achten Schuljahres, die die Jugendlichen symbolisch in den sozialistischen Staat integrieren sollte. In einem Gelöbnis bekannten sie sich zur DDR und zum Sozialismus und wurden dann in die Reihe der Erwachsenen aufgenommen. In Vorbereitung auf die Jugendweihefeier fanden während des achten Schuljahres sogenannte Jugendstunden statt, in denen u. a. Fragen zu Weltanschauung und Politik, Wissenschaft und Technik sowie Geschichte und Philosophie behandelt und Exkursionen unternommen wurden. Formal war die Teilnahme an der Jugendweihe freiwillig, tatsächlich konnte eine Nichtteilnahme aber Nachteile in der Schule und dem weiteren beruflichen Werdegang nach sich ziehen.

K

Kalter Krieg

Der Begriff wurde 1947 geprägt und bezeichnet die globale Systemauseinandersetzung zwischen den Westmächten unter Führung der USA und den Ostblockstaaten unter Führung der Sowjetunion (SU) ab dem Zweiten Weltkrieg bis 1989/90. Zwar vermieden die Blöcke eine offene militärische Auseinandersetzung aus Angst vor einem dritten Weltkrieg, jedoch unternahmen sie große Anstrengungen, um jederzeit technisch und strategisch in der Lage zu sein, sich global zu verteidigen oder auch anzugreifen. Bewaffnete Konflikte wurden als regional begrenzte sogenannte Stellvertreterkriege in Afrika, Asien und Lateinamerika ausgetragen. Durch die politischen Umbrüche in Osteuropa 1989/90 und den Zerfall der Sowjetunion 1991 wurde der Kalte Krieg beendet.

Die Militärbündnisse im Kalten Krieg


konspirativ

Konspirativ bedeutet heimlich, geheim.


KP = Kontaktperson (des MfS)

Als Kontaktperson bezeichnete das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) eine Person, die auf konspirative Weise Kontakt mit dem MfS hielt und Auskünfte lieferte. Im Vergleich zu inoffiziellen Mitarbeiter/innen (IM) wurden KP meistens nicht förmlich zur Zusammenarbeit verpflichtet und nicht in einer Kartei registriert. Oft diente die Phase als KP zur Anbahnung einer späteren Zusammenarbeit als regulärer IM.


KPD = Kommunistische Partei Deutschlands

Die Kommunistische Partei Deutschlands wurde 1919 unter der Führung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gegründet mit dem Ziel, eine kommunistisch orientierte Diktatur des Proletariats zu errichten. Unter der Leitung Ernst Thälmanns kam es zwischen 1925 und 1933 zur Stalinisierung der KPD (Stalin/ismus). Trotz Widerstands und Abspaltungen geriet die Partei in immer größere Abhängigkeit zur KPdSU. Während der Zeit des Nationalsozialismus (NS), 1933 bis 1945, war die KPD verboten. Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Partei erneut gegründet. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) erfolgte 1946 die Vereinigung der KPD und der SPD zur SED. In den westlichen Besatzungszonen blieb diese Vereinigung aus. 1956 wurde die KPD in der Bundesrepublik vom Bundesverfassungsgericht verboten, setzte ihre Arbeit aber in der Illegalität (gegen Recht und Gesetz) fort. 1968 wurde in der Bundesrepublik die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) gegründet, die sich als Nachfolgerin der KPD versteht. (Die DKP im Internet: http://www.dkp.de)


KPdSU = Kommunistische Partei der Sowjetunion (SU)

Die KPdSU war eine kommunistische Partei in Sowjetrussland und der Sowjetunion (SU). Ihre Anfänge reichen bis 1898 zurück. Ab 1925 nannte sich die Partei KPdSU. Zwischen 1918 und 1991 beherrschte die KPdSU das gesamte gesellschaftliche Leben in der Sowjetunion. Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion wurde die KPdSU verboten, es gründete sich aber eine neue kommunistische Partei, die ihre Nachfolge antrat.


KSZE = Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

1973 wurde die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa als Gesprächsforum ost- und westeuropäischer Staaten, Kanadas und der USA mit dem Ziel gegründet, gemeinsame Projekte in Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Umweltschutz und Abrüstung zu organisieren und zur Sicherheit und Gewährleistung der Menschenrechte in Europa beizutragen. Auch die Bundesrepublik und die DDR nahmen teil. Nach zweijährigen Verhandlungen endete die Konferenz 1975 mit der Unterzeichnung der Schlussakte in Helsinki, in der die oben benannten Ziele bekräftigt wurden. Nach dem politischen Umbruch in den Ost-West-Beziehungen erhielt die KSZE mit der Charta von Paris (1990) eigene Institutionen und schließlich den Status einer internationalen Organisation (OSZE) mit Sitz in Wien. (Die OSZE im Internet: http://www.osce.org/de)

M

Marshallplan

Der nach dem damaligen US-Außenminister G. C. Marshall benannte Marshallplan war das Wiederaufbauprogramm der USA für die westeuropäischen Staaten. Es wurde 1948 vom US-Kongress beschlossen und trug entscheidend zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg bei. Bis 1952 erhielten 18 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik, sowohl materielle als auch technische und finanzielle Unterstützung. Die Sowjetunion (SU) lehnte für sich und die von ihr dominierten Länder den Marshallplan ab und gründete 1949 in Reaktion auf den Marshallplan den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW).


MfS = Ministerium für Staatssicherheit der DDR

Das Ministerium für Staatssicherheit war politische Geheimpolizei und geheimer Nachrichtendienst der DDR und zugleich Untersuchungsorgan, vor allem in politischen Strafsachen. Es war das wichtigste Instrument der SED-Führung, um ihre Macht zu sichern, dementsprechend wurde es auch als „Schild und Schwert der Partei“ bezeichnet. Das MfS wurde 1950 gegründet und 1989 aufgelöst. Kurz vor der Auflösung hatte das MfS ca. 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter/innen (davon ca. 13.000 Zeitsoldaten) und 189.000 inoffizielle Mitarbeiter/innen (IM), davon waren ca. 6 % jünger als 18 Jahre.

Seit Ende der 1960er-Jahre gebräuchliches Dienstwappen des MfS

N

Nationale Front

Die Nationale Front war der Zusammenschluss aller Parteien und wichtigen Massenorganisationen in der DDR unter Führung der SED. Die Nationale Front stellte die Einheitslisten für die Volkskammerwahlen, auf denen die Sitzverteilung in der Volkskammer von vornherein festgelegt war.


NATO = North Atlantic Treaty Organization

Die NATO wurde 1949 als Bündnis zur politischen und militärischen Verteidigung von den USA, Kanada und zehn westeuropäischen Staaten gegründet. Erklärtes Hauptziel war die Abwehr der Expansionsabsichten des Kommunismus und die Verteidigung gegenüber der Sowjetunion (SU). Die Bundesrepublik Deutschland trat der NATO 1955 bei. Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes änderte sich auch das strategische Konzept der NATO grundlegend. Heute hat die NATO 26 Mitglieder, der Sitz befindet sich in Brüssel.

Flagge der NATO


NF = Neues Forum

Die Bürgerbewegung Neues Forum wurde im September 1989 gegründet und war die erste landesweite Oppositionsbewegung in der DDR außerhalb der Evangelischen Kirche. Das Neue Forum forderte die demokratische Umgestaltung der DDR, sie entwickelte sich zur größten Bürgerbewegung in der DDR. Zur Volkskammerwahl im März 1990 schloss sich das Neue Form mit der Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) und Demokratie Jetzt (DJ) zur Listenverbindung Bündnis 90: Bürger für Bürger zusammen.


NS = Nationalsozialismus

Nationalsozialismus ist die Bezeichnung für 1. eine extrem menschenfeindliche und gegen jegliche Freiheit gerichtete Ideologie, die in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg von der NSDAP vertreten wurde, und 2. für die zwischen 1933 und 1945 von der NSDAP unter Führung von Adolf Hitler errichtete totalitäre Diktatur in Deutschland. Der Nationalsozialismus verfolgte extrem nationalistische, antisemitische (judenfeindliche), rassistische (übersteigertes Denken in Rassebegriffen) und imperialistische (Bestreben, z. B. die politische und militärische Macht auszudehnen) Ziele. Kern der nationalsozialistischen Ideologie war die Idee des „arischen (nichtjüdischen) Herrenvolkes“ das sich aller Mittel bedienen sollte, um sich „Lebensraum“ zu schaffen, andere (angeblich minderwertige) Völker und Nationen zu unterdrücken und die Welt vom Judentum zu „befreien“. Zum „Rasse“- und zum „Lebensraum“-Gedanken trat als drittes Element ein fanatischer Antikommunismus. Die Verachtung des Menschen im Nationalsozialismus zeigte sich vor allem in der fabrikmäßigen Tötung von Millionen Menschen und in einem grausamen Vernichtungsfeldzug gegen die europäischen Nachbarn. Verfolgt und ermordet wurden insbesondere politisch Andersdenkende, Homosexuelle, Sinti und Roma und vor allem Juden und Jüdinnen.


NSDAP = Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei war eine radikale, antidemokratische, antirepublikanische und antisemitische (judenfeindliche) Partei. Sie wurde 1920 gegründet und stand ab 1921 unter der Führung von Adolf Hitler, der 1933 zum Reichskanzler berufen wurde. Von Dezember 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war die NSDAP die einzige zugelassene Partei in Deutschland. 1945 wurde die NSDAP von den Alliierten verboten und aufgelöst.


NVA = Nationale Volksarmee

Bezeichnung für die bewaffneten Streitkräfte der DDR. Die NVA wurde 1956 gegründet und nach der Wiedervereinigung 1990 aufgelöst. Ihr Material, ihre Einrichtungen und Teile ihres Personals wurden von der Bundeswehr der Bundesrepublik übernommen.

Wappen der NVA

O

Offene Arbeit

Der Begriff Offene Arbeit bezeichnet einen Arbeitsbereich in der Evangelischen Kirche der DDR. Die Offene Arbeit war oft vom Engagement einzelner Pfarrer/innen und Diakon/innen abhängig. Sie verstand sich als Anlaufstelle für alle Menschen, die sich in den staatlichen Institutionen nicht aufgehoben fühlten, unabhängig davon, ob sie religiös waren oder nicht. Vor allem bei jungen Leuten war die Offene Arbeit beliebt, weil sie hier offen diskutieren und ihre Unzufriedenheit mit dem SED-Regime laut äußern konnten.


operativ

Der Begriff beschrieb im Sprachgebrauch des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) eine konkrete geheimdienstliche Handlung oder Maßnahme gegenüber Personen, die als feindlich eingeschätzt wurden. Dazu gehörten Beobachtung, Kontrolle, Bearbeitung und gegebenenfalls Beseitigung „feindlich-negativer“ Auffassungen und Handlungen.


Ostblock

Ostblock ist ein Sammelbegriff für die Staaten Mittel- und Osteuropas, die bis zum Ende des Kalten Krieges unter der Führung der Sowjetunion (SU) im Warschauer Pakt und im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) zusammengeschlossen waren. Dazu zählten neben der Sowjetunion auch Bulgarien, die DDR, die ČSSR, Polen, Rumänien und Ungarn. Gelegentlich wurde der Begriff auch als Sammelbegriff für weltweit alle sozialistischen oder kommunistischen Staaten verwendet, umfasste dann also auch Vietnam, Kuba und anfangs die Volksrepublik China.

P

PDS = Partei des Demokratischen Sozialismus

Die PDS war die rechtliche Nachfolgepartei der SED. Sie entstand im Dezember 1989, als sich die SED in SED/PDS umbenannte. Ab Februar 1990 nannte sich die Partei nur noch PDS und änderte 2005 den Namen erneut in Die Linkspartei.PDS. Im Juni 2007 schloss sie sich mit der 2005 gegründeten Partei Wahlalternative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit zur Partei Die Linke zusammen. (Die Linke im Internet: http://www.die-linke.de)

Logo der PDS


Politbüro des Zentralkomitees der SED

Politbüro ist die Abkürzung für Politisches Büro. Das Politbüro war das oberste Entscheidungsgremium in der SED und tagte wöchentlich. Die Mitglieder des Politbüros wurden vom ZK der SED gewählt. An der Spitze stand der Vorsitzende des Politbüros, der zugleich Generalsekretär des ZK war. Das Politbüro war faktisch das Machtzentrum der DDR. Hier wurden Gesetze beschlossen, die das Parlament der DDR, die Volkskammer, in Kraft zu setzen hatte. Hier fielen Entscheidungen über strategische Ausrichtungen in Wirtschaft und Politik, über Todesurteile und über personelle Besetzungen öffentlicher Ämter. Das Politbüro war gegenüber den Ministerien, Betrieben und staatlichen Einrichtungen absolut weisungsberechtigt. Im November 1989 trat das Politbüro unter dem Druck der Massenproteste zurück und formierte sich mit wenigen Mitgliedern neu. Im Dezember 1989 traten das ZK und mit ihm das Politbüro endgültig zurück.


POS = Polytechnische Oberschule

Die Polytechnische Oberschule war seit 1958 die allgemeine Schulform in der DDR für alle schulpflichtigen Mädchen und Jungen der Klassenstufen eins bis zehn.

R

radix-Verlag

Der radix-Verlag wurde 1986 von Stephan Bickhardt, Ludwig Mehlhorn und Konrad Blank ins Leben gerufen. Der Verlag war ein sogenannter Samisdat-Verlag, d. h., er war illegal und agierte im Untergrund. Zwischen August 1986 und September 1989 gab der Verlag elf Samisdat-Hefte, die „radix-Blätter“ heraus. Daneben entstanden einige Flugblätter und Flugschriften, so etwa 20.000 Exemplare des mehrseitigen Faltblattes „Neues Handeln“ (1988).


RGW = Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe

Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe war eine Organisation der Ostblockstaaten unter Führung der Sowjetunion (SU) für die gegenseitige Unterstützung und Abstimmung in wirtschaftlichen Belangen. Der RGW wurde 1949 als Gegengewicht zum sogenannten Marshallplan gegründet und im Zuge der politischen Umwälzungen in Osteuropa 1991 aufgelöst.


Runder Tisch

In der DDR trat der erste Zentrale Runde Tisch im Dezember 1989 in Ost-Berlin auf Initiative von Bürgerbewegungen und Repräsentant/innen der Kirche zusammen. Der Runde Tisch war eine Gesprächsrunde, bei der sich Vertreter/innen der Regierung der DDR und Vertreter/innen der Opposition gleichberechtigt gegenübersaßen und die Zukunft des Landes diskutierten, moderiert von Vertreter/innen der Kirche. Wenig später entstanden auch auf lokaler Ebene zahlreiche Runde Tische. Die Idee der Runden Tische stammte aus Polen. Die Runden Tische handelten nicht als Parlamentsersatz, sie wollten aber an wichtigen Entscheidungen über gesellschaftliche Reformen mitwirken. Mit der ersten freien Volkskammerwahl im März 1990 verloren sie an Bedeutung.

S

Samisdat

Der Begriff Samisdat kommt aus dem Russischen und bedeutet Selbstverlag. Samisdat bezeichnet systemkritische und offiziell verbotene Schriften, Texte oder Grafiken, die ohne staatliche Genehmigung per Hand, Schreibmaschine, Abzugsgerät, Fotokopie oder Computerdruck hergestellt und verbreitet wurden. Für viele Schriftsteller/innen und Oppositionelle in der DDR und anderen sozialistischen Staaten war dies der einzige Weg, ihre Texte an der staatlichen Zensur vorbeizuschleusen und publik (öffentlich) zu machen.


SBZ = Sowjetische Besatzungszone

Nach dem Zweiten Weltkrieg teilten die Alliierten (Verbündeten) Deutschland in vier Besatzungszonen auf. Die Zonen wurden durch die vier Alliierten USA, Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion (SU) militärisch besetzt und verwaltet. Die Sowjetische Besatzungszone umfasste das Gebiet der heutigen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen und den östlichen Teil von Berlin. Auf den Gebieten der Sowjetischen Besatzungszone wurde 1949 die Deutsche Demokratische Republik (DDR) gegründet. Auf den Gebieten der US-amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszonen entstand 1949 die Bundesrepublik Deutschland.


Schwerter zu Pflugscharen

Die Schwerter-zu-Pflugscharen-Bewegung war eine oppositionelle Bewegung in der DDR in den Jahren 1980 bis 1982 gegen die Militarisierung der Gesellschaft und gegen das internationale Wettrüsten. Die Bewegung hatte mehr als 100.000 Sympathisant/innen. Kennzeichen der Bewegung waren Aufnäher an der Kleidung, auf denen ein Mann ein Schwert in eine Pflugschar umschmiedet. (Dieses Bild wiederum bezieht sich auf Verse aus der Bibel, nämlich aus dem Buch Micha 4, 1-4 im Alten Testament.)

Logo Schwerter zu Pflugscharen


SED = Sozialistische Einheitspartei Deutschlands

Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands war eine kommunistische Partei in der DDR. Sie ist 1946 aus der Zwangsvereinigung von KPD und SPD in der SBZ hervorgegangen und wurde massiv von der KPdSU unterstützt. Die SED verstand sich als Führung der Arbeiterklasse und beanspruchte die Macht und Wahrheit für sich. Von der Gründung bis zum Ende der DDR war die SED die führende Partei in der DDR; sie traf alle wesentlichen Entscheidungen in Gesellschaft, Ökonomie, Kultur und Justiz.

Emblem der SED


SoFD = Sozialer Friedensdienst

1980 initiierte Christoph Wonneberger, Pfarrer der Dresdner Weinbergsgemeinde, die Initiative für die Einführung eines zivilen sozialen Friedensdienstes (SoFD) als gleichberechtigte Alternative zu Wehrdienst und Wehrersatzdienst, die beide innerhalb der Armee ausgeführt werden mussten. Von Anfang an war geplant, den Aufruf über die offiziellen kirchlichen Gremien als Gesetzesinitiative vor die Volkskammer zu bringen. Jedoch übernahmen diese den eindeutig SED-kritischen Aufruf nicht, weil sie befürchteten, damit das Verhältnis zwischen Kirche und Staat zu verschlechtern. Daraufhin wurde der Aufruf auch außerhalb der Kirche veröffentlicht und in Form eines Kettenbriefes verbreitet, der, auch für die Initiativgruppe völlig überraschend, Tausende Menschen erreichte und so zu einer weiteren Politisierung der Friedensbewegung führte. Nach etwa einem Jahr musste die Initiativgruppe SoFD ihre Arbeit unter dem Druck der Kirchenleitung und des Staates aufgeben.


Solidarność

Solidarność ist polnisch und bedeutet Solidarität. 1980 gründete sich in Polen eine unabhängige Gewerkschaft unter diesem Namen. Die Solidarność wurde 1981 verboten, arbeitete bis 1989 aber im Untergrund weiter und war danach als Bürgerkomitee tätig. Die Solidarność war die wichtigste Kraft des politischen Umbruchs in Polen. Ihr Vorsitzender, Lech Wałęsa, wurde nach der politischen Öffnung zum Staatspräsidenten Polens gewählt. Er war von 1990 bis 1995 im Amt.

Logo von Solidarność


SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschlands

Die Sozialdemokratische Partei ist die älteste politische Partei Deutschlands. Sie ist 1875 als Sozialistische Arbeiterpartei aus dem Zusammenschluss zweier anderer Vereinigungen hervorgegangen und heißt seit 1890 SPD. Während der Zeit des Nationalsozialismus (NS), 1933 bis 1945, war die SPD verboten. Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde sie erneut gegründet. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) ging die SPD 1946 zwangsweise mit der KPD zur SED zusammen. Nach dieser Vereinigung war die SPD in der DDR verboten. Erst im Oktober 1989 wurde in der DDR illegal wieder eine sozialdemokratische Partei gegründet, die Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP). Im Januar 1990 nannte sich die SDP in SPD um und schloss sich im September 1990 mit ihrer westdeutschen Schwesterpartei zusammen. Die SPD versteht sich als Volkspartei, die sich zu einem demokratischen Sozialismus bekennt und für Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Solidarität eintritt. (Die SPD im Internet: http://www.spd.de)

Logo der SPD


Stalin/ismus

Der Begriff Stalinismus leitet sich vom Namen des sowjetischen Diktators Josef W. Stalin ab, der während seiner Regierungszeit 1924 bis 1953 eine totalitäre kommunistische Diktatur in der Sowjetunion (SU) errichtete. Dabei bediente er sich terroristischer Methoden, denen Millionen Menschen zum Opfer fielen (zur Person Stalins vgl. http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/StalinJosef/index.html). Der Begriff Stalinismus bezeichnet 1. die unmittelbare Herrschaftszeit Stalins, 2. Stalins theoretische Interpretation des Kommunismus und 3. die diktatorische Herrschaft einer kommunistischen Parteiführung oder eines einzelnen Parteiführers mit Terror, Repressionen (Unterdrückung) und Personenkult.


SU = Sowjetunion

Sowjetunion ist die Kurzbezeichnung für die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR), die 1922 gegründet wurde. Die Sowjetunion umfasste das Gebiet des heutigen Russlands, Armeniens, Aserbaidschans, Estlands, Georgiens, Kasachstans, Kirgisistans, Lettlands, Litauens, der Republik Moldau, Tadschikistans, Turkmenistans, der Ukraine, Usbekistans und Weißrusslands. Bis zu ihrem Zerfall 1991 stellte die Sowjetunion das politische Zentrum des Ostblocks dar. Während des Kalten Krieges standen sich die kommunistische Sowjetunion und die kapitalistischen USA feindlich gegenüber.

Flagge der Sowjetunion

U

UB = Umwelt-Bibliothek

In Reaktion auf die Atomreaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986 (vgl. dazu z. B. http://www.greenpeace-berlin.de/tschernobyl/) und um dem staatlichen Informationsmonopol etwas entgegenzusetzen, gründeten Ost-Berliner Oppositionelle im September 1986 die Umwelt-Bibiliothek in den Räumen der evangelischen Zionskirchgemeinde in Berlin-Prenzlauer Berg. Die UB sammelte schwer zugängliche bzw. verbotene Literatur und stellte sie Interessierten zur Verfügung, sie organisierte Veranstaltungen und gab außerdem die Samisdat-Zeitschrift „Umweltblätter“ heraus, in der gesellschaftspolitische Fragen kritisch diskutiert wurden. Die UB entwickelte sich zu einem wichtigen Informations- und Kommunikationszentrum für die gesamte DDR-Oppositionsbewegung. Auch nach dem Umbruch 1989/90 war die UB aktiv, bis sie 1998 aus finanziellen Gründen aufgelöst werden musste.


UFV = Unabhängiger Frauenverband

Der UFV wurde im Dezember 1989 in Berlin gegründet. Er verstand sich als organisatorisches Sammelbecken der unabhängigen Frauenbewegung der DDR und ging auf ältere bestehende Gruppierungen in der DDR zurück. Der UFV forderte die paritätische (gleichberechtigte) Beteiligung der Frauen an allen politischen und ökonomischen Entscheidungen. Von Dezember 1989 bis März 1990 saßen Vertreterinnen des UFV an den Runden Tischen. Zur Volkskammerwahl im März 1990 ging der UVF mit der neu gegründeten Grünen Partei der DDR ein Wahlbündnis ein, das er jedoch direkt nach der Wahl wegen Unstimmigkeiten wieder aufkündigte. Zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember 1990 trat der Verband in einer Listenverbindung mit dem Bündnis 90 an. Ab 1993 arbeitete der UFV als Verein weiter, 1998 löste er sich auf.


UNO = United Nations Organization (Organisation der Vereinten Nationen)

Die UNO ist eine internationale überstaatliche Organisation mit ständigem Sitz in New York zur Wahrung des Weltfriedens sowie zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit auf allen Gebieten, der Förderung der Kultur und der Menschenrechte. Die UNO wurde 1945 in San Francisco gegründet. 1973 wurden die beiden deutschen Staaten in die UNO aufgenommen. Derzeit sind 192 Staaten Mitglied der UNO.

Emblem der UNO


USA = United States of America

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind eine Bundesrepublik mit 50 Bundesstaaten, die nahezu den gesamten südlichen Teil Nordamerikas umfassen. Während des Kalten Krieges standen sich die kapitalistische Weltmacht USA und die kommunistische Sowjetunion (SU) feindlich gegenüber.

Flagge der USA

V

Volkskammer

Die Volkskammer war das Parlament der DDR. Formal war sie das oberste gesetzgebende Organ, tatsächlich hatte sie aber kaum politisches Gewicht, denn alle wesentlichen Entscheidungen wurden vom Politbüro der SED getroffen und dann von der Volkskammer regelmäßig und zuverlässig bestätigt. Die Volkskammer wurde alle vier bzw. fünf Jahre gewählt, wobei die Sitzverteilung schon vor den Wahlen feststand, denn zur Abstimmung stand lediglich die Einheitsliste der Nationalen Front. Zu einer echten Volksvertretung wurde die Volkskammer erst im März 1990, nachdem erstmals in freien und geheimen Wahlen über ihre Zusammensetzung abgestimmt worden war.

W

Warschauer Pakt

Warschauer Pakt oder auch Warschauer Vertrag ist die Bezeichnung für das Militärbündnis kommunistischer Staaten in Europa, das 1955 mit dem „Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ in Reaktion auf die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und gegen die NATO gegründet wurde. Zu den Gründungsmitgliedern des Militärbündnisses zählten Albanien, Bulgarien, die ČSSR, die DDR, Polen, Rumänien, die Sowjetunion (SU) und Ungarn. Die Mitgliedsstaaten garantierten gegenseitigen militärischen Beistand und die Bildung eines gemeinsamen militärischen Oberkommandos. Mit der Auflösung des Ostblocks wurde 1991 auch der Warschauer Pakt aufgelöst.


Wehrerziehung

Im Rahmen der allgemeinen Militarisierung der DDR-Gesellschaft fand Wehrerziehung auf vielen Ebenen und in etlichen Bereichen der Gesellschaft statt. Die Wehrerziehung diente vorgeblich der Verteidigung in einem möglichen Krieg. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass sie vor allem zur Disziplinierung der Bevölkerung eingesetzt wurde. Bereits im Kindergarten wurde mit der Wehrerziehung begonnen, indem z. B. Kriegsspielzeug ausgegeben oder Patenschaften mit der NVA gepflegt wurden. Die Pionierorganisation (JP) und die FDJ veranstalteten Manöver (Übungen für den Krieg) und wehrsportliche Wettbewerbe. Die GST organisierte die vormilitärische Ausbildung von Jugendlichen in der Freizeit. Im Schuljahr 1978/79 wurde Wehrkunde als Pflichtfach für die neunten und zehnten Klassen eingeführt: Zusätzlich zum Theorieunterricht mussten die Jungen an einem 14-tägigen Wehrlager teilnehmen, die Mädchen wurden in der Zivilverteidigung ausgebildet. Auch an der EOS, in der Lehre und im Studium war eine vormilitärische Ausbildung Pflicht.

Z

ZK = Zentralkomitee der SED

Zwischen den SED-Parteitagen war das vom Parteitag gewählte Zentralkomitee das höchste politische Organ der SED. Das ZK trat mehrmals im Jahr zu Plenartagungen zusammen und leitete die gesamte politische Tätigkeit der Partei. Es wählte das Politbüro, die Zentrale Parteikontrollkommission (ZPKK), die als interne Polizei und Staatsanwaltschaft fungierte, und das Sekretariat. An der Spitze des Sekretariats des ZK stand der Erste Sekretär bzw. Generalsekretär, der zugleich auch Vorsitzender des Politbüros war. De facto (den Fakten nach) war das Amt des Generalsekretärs das wichtigste im Staat. Der Generalsekretär hatte mehr Macht als das Staatsoberhaupt und als der Regierungschef. Von 1960 bis 1971 sowie von 1976 bis 1989 wurden die Ämter des Generalsekretärs und des Staatsoberhauptes von Walter Ulbricht bzw. Erich Honecker in Personalunion (Vereinigung von Ämtern in der Hand einer Person) ausgeübt, ebenso für kürzere Zeit in der Umbruchsperiode von Egon Krenz. Das ZK trat im Dezember 1989 geschlossen zurück.