Kompetenzentwicklung

 

Theaterspielen ist zugleich künstlerische wie auch soziale Praxis. Für das Schulfach Theater eröffnet dies die Chance, dass sich Kinder und Jugendliche spielerisch, forschend und gestaltend mit eigenen Haltungen, anderen Mitspielerinnen und Mitspielern, dem sozialen Umfeld wie auch mit Kunst, Musik, Literatur, Geschichte und anderem mehr auseinandersetzen können.

Ziel ist immer eine Präsentation vor Publikum, welches aus der Schulöffentlichkeit oder einem in den Sozialraum hinein erweiterten Publikum bestehen kann. Werkstattaufführungen sind ebenso denkbar wie größere Formen, wie sie insbesondere in Kooperation mit einem Theater realisiert werden können.

Aussage und Bedeutung einer Präsentation entstehen erst im Prozess der Erarbeitung. Somit kann auch bei der Wahl von fremden Themen und Stoffen an den Interessen und Anliegen der Beteiligten angeknüpft werden. So werden Begegnungen mit bisher unbekannten Lebenserfahrungen, fremden kulturellen Lebensformen und Haltungen ermöglicht und gleichzeitig Bezüge zur eigenen Lebenswelt und zum je individuellen Selbst der Schülerinnen und Schüler hergestellt.

In der Entscheidung für eine Ausgangsfrage, einen Stoff, ein Thema und für verwendete Materialien und Spielformen ist Theater auf das Zusammenspiel einer Gruppe angewiesen.
Voraussetzung für das Gelingen ist es, dass Vorschläge und Lösungen ausgehandelt werden.

Künstlerische Verfahren wie Improvisation, Recherche, Interpretation oder Strukturierung von Material ermöglichen den Kindern und Jugendlichen eine an der Kunstform Theater orientierte Gestaltung.

Da Schülerinnen und Schüler umfassend beteiligt werden und sie die Ergebnisse ihrer Arbeit in der Regel einem Publikum präsentieren, geht es hier um etwas. Die Wahl der theatralen Präsentationsform wie szenisches Spiel, Theaterinstallation, künstlerische Intervention oder filmische Gestaltung entscheidet darüber, wie die Kinder und Jugendlichen miteinander und mit einem Publikum in Kommunikation treten.

In einem komplexen Erarbeitungsprozess erproben und erlernen sie nicht zuletzt Demokratiefähigkeit. Sie üben sich beispielsweise in einem genauen sprachlichen Ausdruck, befragen Haltungen, Handlungsmuster und gesellschaftliche Strukturen und erschließen sich im besten Fall neue Wege des Umgangs mit sich selbst, anderen Menschen und mit Situationen. Sie können lernen, Pluralität von Individuen und Gruppen zu respektieren. Das theatrale Handeln vermittelt zudem Toleranz gegenüber punktuellem Scheitern als Bestandteil eines Wissens um die grundsätzliche Gestaltbarkeit von Welt.

 

Im Zentrum des Faches Theater steht die theaterästhetische Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler, die in den sich wechselseitig bedingenden Kompetenzbereichen Wahrnehmen, Gestalten, Reflektieren und Teilhaben entwickelt wird. Die Kompetenzbereiche werden sowohl im Hinblick auf theaterästhetisches Gestalten als auch auf sozialkompetentes Handeln beschrieben.

Wahrnehmen

theaterästhetisches Gestalten sozialkompetentes Handeln
 Körper 

Die Schülerinnen und Schüler erwerben Basisqualifikationen zum Körper-, Raum- und Bewegungsbewusstsein sowie zur Partnerwahrnehmung.
Sie erproben die ästhetische Wirksamkeit ihres Körpers im Raum und im Verhältnis zur Partnerin oder zum Partner

Die Schülerinnen und Schüler lernen den Körper kennen als vermittelndes Medium zwischen Akteurin/Akteur und Zuschauerin/Zuschauer sowie den Akteurinnen/Akteuren untereinanderDas Erfahren und Erproben der körperlichen Dimension theatraler Prozesse fördert die Wahrnehmung und Akzeptanz der eigenen individuellen Körperlichkeit sowie die der anderen Akteurinnen/Akteure.
 Stimme und Sprechen 
Die Schülerinnen und Schüler nehmen die ästhetische Dimension von Stimme und Sprache wahr und üben die variantenreiche und darstellungsspezifische Gestaltung.Die Schülerinnen und Schüler erlernen die Stimme und das Sprechen als facettenreiche Instrumente in der Theaterarbeit einzusetzen.Die Schülerinnen und Schüler üben einen bewussten Umgang mit Stimme und Sprache auch im sozialen Dialog und erweitern ihre Präsentationsfähigkeiten.
 Dramaturgie/Inszenierung 
In der spielpraktischen und szenischen Arbeit erfahren die Schülerinnen und Schüler den Zusammenhang von Inszenierungsidee, ästhetischem Gesamtkonzept und Wirkung und nutzen ihr Inszenierungswissen in der Ensemble- und Probenarbeit.Die Schülerinnen und Schüler erwerben und entwickeln grundlegendes Wissen und Können zu wichtigen Fragen und Formen von Dramaturgie und Inszenierung im theatralen Erforschungs-, Gruppen- und Gestaltungsprozess.Sie lernen, ästhetische Entscheidungen im Zusam-menhang mit den Bedingungen ihrer Gruppe bzw. des Ensembles zu sehen und zu treffen.
 Bühnenformen 
Die Schülerinnen und Schüler lernen Bühnenformen und deren spezifische ästhetische Qualitäten wahrzunehmen und zu reflektieren sowie sie bewusst in den Gestal-tungsprozess einzubeziehen.Der Theaterunterricht vermittelt den Schülerinnen und Schülern Bühnenformen als flexible Räume im Sinne von Präsentationsorten.Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich in ihrer konkreten Schulwirklichkeit inner- wie außerschulische Präsentationsorte.
 mediale Vielfalt 
Die Schülerinnen und Schüler lernen die medialen Kommunikations- und Präsentationsformen im theatralen Forschungs-, Findungs- und Gestaltungsprozess einzusetzen, zu erforschen und zu hinterfragen.Die Integration medialer Möglichkeiten in den theatralen Arbeits- und Gestaltungsprozess ermöglicht den Schülerinnen und Schülern eine Entwicklung und Reflexion medialer Wirkungsweisen.Im Mit- und Nebeneinander von sinnlicher Wahrnehmung und medialer Kommunikation entwickeln die Schülerinnen und Schüler produktive Fragen und Spielkonzepte.

Gestalten

theaterästhetisches Gestalten sozialkompetentes Handeln
 ästhetische Gestaltungskategorien und theatrale Mittel 
Für die Auseinandersetzung mit einem Thema und die Arbeit an Spiel- und Gestaltungsaufgaben nutzen die Schülerinnen und Schüler theater-ästhetische Mittel, Techniken und Methoden und entwickeln daraus neue Gestaltungsimpulse.Die Schülerinnen und Schüler erforschen und entdecken die Möglichkeit und Aussagequalitäten der theatralen und kompositorischen Gestaltungsmittel und -methoden.Durch die Auseinandersetzung mit theatralen und künstlerischen Gestaltungsformen eröffnen sich die Schülerinnen und Schüler einen Zugang zu fremden Gedankenwelten und zum Aspekt der Theatralität des Alltags.
 künstlerisches Arbeiten 
Mithilfe fachspezifischer Arbeits- und Gestaltungsmethoden setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit der sie umgebenden Welt, mit eigenen und fremden Gefühls-, Gedanken- und Textwelten auseinander und entwickeln szenisches Material, neue Assoziationsräume und Gestaltungs-bewusstsein.Durch forschende Auseinandersetzung mit der Alltagswirklichkeit und durch theaterspezifisches Experimentieren gelangen die Schülerinnen und Schüler zu einem künstlerisch-ästhetischen Gestaltungsprozess.Die Schülerinnen und Schüler nehmen Impulse der Mitspielerinnen und Mitspieler wahr und bereichern mit ihren individuellen Fähigkeiten die Gestaltungsmöglichkeiten des Ensembles.
 Projektorientierung 
Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich durch das projekt- und prozessorientierte Arbeiten Raum für eigenes Gestaltungshandeln und eigenständig entwickelte Bearbei-tungswege.Die Schülerinnen und Schüler werden in grundlegende Formen projektorientierten Arbeitens und ihre Umsetzung im Rahmen konkreter Bühnen- und Gestaltungsvorhaben eingeführt.Die Schülerinnen und Schüler entwickeln durch die aktive Beteiligung an Themenfindung, Planung und Projektdurchführung wesentliche Fähigkeiten in Teamarbeit und Projektmanagement.

Reflektieren

theaterästhetisches Gestalten sozialkompetentes Handeln
 Wahrnehmung 
Spielformen, Gestaltungsübungen und Interaktion schulen den ästhetischen Blick und schaffen die Grundlage für theatrale und perfomative Kreativität.Die Schülerinnen und Schüler lernen sich selbst sowie andere Menschen, Räume, Objekte über alle Sinne wahrzunehmen.Durch vertiefte Wahrnehmung und Handeln in theatralen Situationen erforschen die Schülerinnen und Schüler vielfältige Handlungsmöglichkeiten.
 Empathie 
Auf der Grundlage der eigenen und im Spiel gewonnenen Erfahrungen erschließen und entwickeln die Schülerinnen und Schüler mit theaterspezifischen Methoden Situationen, Vorgänge, Figuren und Rollen.Die Schülerinnen und Schüler erfahren durch das Theaterspielen vielfältige Möglichkeiten, sich in Menschen und Situationen einzufühlen.Sie entwickeln die Fähigkeit, Bedürfnisse und Emotionen ihrer Mitspielerinnen und Mitspieler und anderer Menschen wahrzunehmen, zu reflektieren und auszudrücken.
 Reflexion 
Die szenischen Ideen werden in ihrer spielerischen Umsetzung beobachtet, reflektiert und ausgewertet; ästhetische Entscheidungen werden mit Unter-stützung der Lehrkraft diskutiert und beraten.Die Schülerinnen und Schüler vertiefen ihre Erfahrungen durch das konsequente Anwenden von Feedbackverfahren.Die Schülerinnen und Schüler erfahren in Einzel-, Partner- und Gruppenübungen ein hohes Maß an Selbstreflexion im sozialen Kontext.
 Kommunikation 
Die Schülerinnen und Schüler erschließen und nutzen Sprache und Körper als Medium des Theaters und erweitern dabei insbesondere ihre Ausdrucksmöglichkeiten im Bereich nonverbaler Kommunikation.Die Schülerinnen und Schüler erleben das theatrale Spiel und den Gruppenprozess als Herausforderung für den kommunikativen Austausch.Die Schülerinnen und Schüler nutzen die Bühnenerfahrungen für die Erweiterung ihrer Kommunikationsfähigkeiten im Alltag. Sie erproben sich in unter-schiedlichen Kommunikations-situationen.

Teilhaben

theaterästhetisches Gestalten sozialkompetentes Handeln
 Gesellschaft 
Die Schülerinnen und Schüler erkunden gesellschaftliche Probleme und Zusammenhänge durch Spielaufgaben und theaterästhetische Gestaltungsprozesse.Das Fach Theater ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, den eigenen Platz in der Gesellschaft zu erproben.Im Handeln wird die kritische Reflexion von Werten und Normen gefördert. Die Schülerinnen und Schüler suchen nach eigenen Wertvorstellungen auf dem Weg zu ihrer Identität.
 (inter-)kulturelle Teilhabe 
Theater und Theaterformen werden in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft und die Gemeinschaft wahrgenommen und erlebt. Schülerinnen und Schüler nehmen theatrale und künstlerische Angebote und Projekte aktiv wahr und entwickeln sich als kreative und offene Produzentinnen und Produzenten sowie Rezipientinnen und Rezipienten.Im Fach Theater können sich die Schülerinnen und Schüler mit Traditionen der eigenen Kultur und fremder Kulturen auseinandersetzen sowie mit Theater außerhalb der Schulrealität und mit der Welt der Künste.Theater und Kultur bieten Impulse für das eigene Erleben und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Über ihre eigenen Erfahrungen hinaus können die Schülerinnen und Schüler ihren Blick weiten auf unbekannte Lebensumstände und Konflikte.
 Ensemble 
Die Wahrnehmungen, Ideen und Verhaltensweisen aller werden als Material und Potenzial für gemeinsames Gestalten angenommen und umgesetzt.Die Schülerinnen und Schüler entwickeln und erproben als produktives Ensemble den theaterspezifischen Gestaltungs- und Projektprozess.Die Schülerinnen und Schüler erleben den Wert der eigenen Mitarbeit. Sie üben, Konflikte zu erkennen und auszuhalten. Erlernte Sozialformen und Verfahrensrituale werden verwendet und soziale Beziehungen bewusst gestaltet.

Redaktionell verantwortlich: Boris Angerer, LISUM