Barrierefreiheit

Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe
Autor:innen

Clara Bohner

Marie-Christin Czerwinka

Johanna Marianne Klenke

Mirjam Johanna Pfaff

Daniela Raßmann

Veröffentlichungsdatum

6. September 2023

Zusammenfassung
Dieses Lernpaket bespricht Barrierefreiheit aus unterschiedlichen Perspektiven. Schüler*innen der Sekundarstufe sollen sensibilisiert werden, was es bedeutet, eine Behinderung zu haben und wie Stadt und Körper zusammenhängen.

Profil Unterrichtseinheit

Im Fokus dieser Handreichung steht eine intersektionale Auseinandersetzung mit Gesundheit, Geografie und Gerechtigkeit. Das Beispiel Behinderung und Barriere ist besonders geeignet, um dieses multidimensionale Konzept zu erlernen.

Es werden primär geografische und sozialwissenschaftliche Perspektiven auf das Thema Behinderung erläutert. Das Material setzt sich aus einer Einleitung für die Lehrkraft, sieben Arbeitsblättern für Schüler*innen und ausgewählten Lösungsvorschlägen zusammen. Zudem ist eine ausführliche Materialsammlung zu finden, welche multimediale Auseinandersetzungen mit den Themen auflistet. Mit welchen Methoden das Material bearbeitet wird, ist der Lehrkraft freigestellt. Die Inputs eignen sich jedoch besonders gut für Analyse- und Diskussionsaufgaben. Des Weiteren schlagen wir eine Mapping-Aufgabe vor, bei der Schüler*innen proaktiv ihr Umfeld analysieren und aus einer neuen Perspektive kennenlernen können. Hierbei werden besonders Kompetenzen der Kartografie geübt. Ziel des Lernpaketes ist es, Lehrkräften Material zur Verfügung zu stellen, welches sie unverändert oder auch mit wenig Aufwand individuell strukturieren und vielfältig einsetzen können.

Zielgruppe

Dieses Lernpaket richtet sich primär an Schüler*innen der Oberstufe, also Jugendliche im Alter zwischen 16 bis 19 Jahren. Lehrkräfte müssen individuell entscheiden, ob die Materialien und Fragestellungen auch für jüngere Schüler*innen geeignet sind oder ggf. für diese abgewandelt werden müssen. Es gibt keine Beschränkung der Anzahl der Teilnehmenden für dieses Lernpaket. Das Material ist dafür geeignet, individuell, in Gruppen oder im Plenum bearbeitet zu werden. Das ganze Paket oder auch nur Ausschnitte können passend für unterschiedliche Fächer sein, bspw. Geografie, Politikwissenschaften, Sozialwissenschaften oder Deutsch.

Relevanz

Das Lernpaket steht unter der übergeordneten Problemfrage „Wie barrierefrei ist unser Umfeld?” und soll Schüler*innen für das Thema Barrierefreiheit auf unterschiedlichen Ebenen sensibilisieren. In Deutschland ist eine inklusive Schulform noch nicht gegeben. Deshalb findet das Lernen von Menschen mit und ohne Behinderung häufig parallel (in Sonder- und Regelschulen) und selten miteinander statt. Berührungspunkte im Umgang miteinander gibt es nur vereinzelt. Das Lernpaket soll die Brücke zwischen der eigenen Wahrnehmung und dem Bewusstsein gegenüber der Umgebung, den Mitmenschen und individuellen Problemen schlagen. Schüler*innen bekommen die Möglichkeit eines Perspektivwechsels. Sie sollen lernen, bestehende Strukturen oder Verhaltensweisen zu hinterfragen. Ungerechte sowie diskriminierende Situationen gegenüber Menschen mit Beeinträchtigung im Alltag sollen sie erkennen, um darauf aufmerksam machen zu können. Es wichtig, sich mit den eigenen Privilegien auseinanderzusetzen, denn nur dann kann sich ein Verständnis gegenüber anderen Menschen etablieren und ein Zusammenleben ohne Ausgrenzung funktionieren.

Umfang

Das Lernpaket ist in einem Blocksystem strukturiert. Somit kann flexibel und individuell entschieden werden, wie groß der Umfang der Lerneinheit ist. Es gibt zwei Basisblöcke und fünf weitere Zusatzblöcke. Die Inputs umfassen jeweils ca. eine DIN A4 - Seite. Alle Inputs dienen dazu, die Leitfrage „Wie barrierefrei ist unser Umfeld?” zu beantworten. Ziel war es, die Blöcke unabhängig voneinander zu gestalten, sodass jeder Block auch allein verwendet werden kann. Ein einzelner Block kann in ungefähr 20 Minuten abgeschlossen werden. Mit dem Blocksystem kann entweder eine einzelne Unterrichtsstunde durchgeführt oder eine längere Projektarbeit bearbeitet werden. Zudem soll es die Freiheit geben, mit Methoden wie „Gruppenpuzzle”, „Expert*innengruppen” oder Referaten zu arbeiten. Es ist optional, ob die vorgeschlagenen Diskussionsfragen behandelt werden. Das Material kann somit in größere Fragen in der Unterrichtsplanung eingebettet werden. Des Weiteren gibt es unter dem Punkt „Weiterführende Materialien” eine Sammlung an Videos, Webseiten und Zeitungsartikeln, mit denen die einzelnen Inputs noch bereichert werden können.

Hintergrund: Relevanz Barrierefreiheit

Die folgende Materialsammlung soll den Blick auf ein Thema lenken, nämlich die Möglichkeiten der Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Wenn es um den Ausbau von Räumen für Erholung, Bewegung und Begegnung geht, um soziale Ungleichheiten, Diskriminierung - vor allem im urbanen Raum - dann muss ein Fokus auch auf Barrierefreiheit bzw. Barrierereduzierung gesetzt werden, wenn das Ziel Gerechtigkeit ist.

Die Lehre von Behinderung (Disability Studies) ist in Deutschland kein gefestigtes Forschungsfeld (Waldschmidt 2011). Doch um Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigung zu vermeiden und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, ist es umso wichtiger, dass möglichst viele Menschen für das Thema sensibilisiert werden. Karten sind ein “wertvolles Werkzeug […], um mit kritischem Blick die Räume des täglichen Lebens und die Konflikte, die in diesen Räumen ausgetragen werden, darzustellen” (Schweizer, Gülgönen 2022 : 240). Deswegen haben wir eine Mapping-Aufgabe erstellt, um Schüler*innen niedrigschwellig einen Perspektivwechsel zu ermöglichen, den sie in ihren Alltag integrieren können. Behinderungen sind sehr vielfältig. Ebenso sind Behinderungen ein Spektrum, bei dem es schwierig sein kann, eine genaue Grenze zu ziehen (Kastl 2017). Man könnte meinen, dass eine Behinderung eine körperliche oder mentale Einschränkung ist, welche das Leben eines Menschen beeinflusst; doch „ab wann wird ein von einer Arthrose beeinträchtigtes Hüft- oder Kniegelenk zu einer Behinderung? Und […] ist der »lernbehinderte« Nicht-Schreiber und Nicht-Leser in der schriftlosen Kultur noch behindert?” (Kastl 2017: 88).

Kastl schlägt folgende Definition vor: „Behinderungen sind nicht terminierbare, negativ bewertete Abweichungen von generalisierten Wahrnehmungs- und Verhaltensanforderungen, die sich aus der Interaktion von körpergebundenen Relikten eines Schädigungsprozesses mit sozialen und außersozialen Lebensbedingungen ergeben.” (2017: 88). Eine ausführliche Erläuterung der einzelnen Aspekte dieser Definition ist bei Kastl (2017) ab Seite 89 zu finden. Kastl (2017) erkennt dabei den kulturellen Einfluss an, der auf Vorstellungen von Behinderungen wirkt, und dass seine Definition aus einer eurozentristischen Perspektive spricht. Eine Behinderung ist stark definiert von dem Maß an sozialem und kulturellem Ausschluss, welche die betroffene Person erfährt (Waldschmidt 2011). Das, was eine Barriere darstellt, ist stark verbunden mit dem Umfeld und der Beschaffenheit der Umwelt (Hirschberg 2021). Barrieren hindern Menschen an der gesellschaftlichen Teilhabe (Hirschberg 2021). Grundsätzlich müssen Barrieren nicht mit Behinderungen zusammenhängen, beispielsweise Sprachbarrieren. Viele Menschen mit Behinderung erleben jedoch strukturelle Barrieren, welche vom Individuum nicht effektiv gelöst werden können oder sollten. Die UN-Behindertenrechtskonvention spricht allen Menschen ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe zu und betont die nötige Förderung für ein selbstbestimmtes Leben für alle (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen 2008). Der Status quo auf der ganzen Welt ist jedoch, dass Menschen mit Behinderung nicht die gleichen Chancen und Freiheiten wie andere Menschen haben und durch ihren Minderheitenstatus struktureller Diskriminierung ausgesetzt sind (Hirschberg 2021). Die Disability Studies und das Gesetz sind sich einig, dass physische und psychische Barrieren mit Nachdruck abgebaut werden müssen (Hirschberg 2021). Die Umsetzung ist häufig eine Herausforderung, da Menschen teils gegensätzliche Ansprüche an ihre Umwelt haben. Doch das Prinzip des universellen Designs versucht so inklusiv wie möglich zu agieren (Hirschberg 2021). Es muss jedoch bedacht werden, dass komplett barrierefreie Orte sehr schwer umsetzbar sind, weswegen häufig von barrierearmen Räumen gesprochen wird.

Des Weiteren sollte man zwischen der medizinischen und sozialen Perspektive auf Behinderung unterscheiden. Das medizinische Modell ist die naturwissenschaftliche Anschauung auf ein Individuum, welches eine Form von Beeinträchtigung hat. Dabei liegt der Fokus auf der einzelnen betroffenen Person und die Unterstützung, die diese Person, zum Beispiel durch eine Prothese, erhalten kann (Kastl 2017). Das soziale Modell geht ebenfalls von einer Beeinträchtigung aus, wobei die Person jedoch von den sozialen Umständen behindert wird. Menschen sind aus dieser Perspektive nicht behindert, sondern werden behindert (Hirschberg 2021). Im Rahmen der Disability Studies ist dies die gängige Perspektive, um über die Wirkmechanismen von Behinderung zu sprechen.

Das folgende Lernpaket versucht die Vielfalt von Themen rund um Behinderung und Barrieren zu beleuchten. Neben Aktivismus, Stadtplanung, inklusiver Lehre, sensibler Sprache und Netzwerken von Betroffenen gibt es noch weitere Aspekte wie Ableismus oder die Rechtslage von Menschen mit Behinderung. Auch theoretische Ausarbeitungen sind vor allem im englischsprachigen Raum vielfältig und divers. Dies dient als erster Einstieg in die Thematik und als Startpunkt für weitere Recherche bei Interesse.

Inhaltliche Ausarbeitung / Unterrichtskonzept

Das Material besteht aus folgenden Arbeitsblättern:

Basis 1: Was ist eine Behinderung?
Basis 2: Mapping
Zusatz 1: Sensible Sprache
Zusatz 2: Aktivismus
Zusatz 3: Inklusion
Zusatz 4: Stadtplanung
Zusatz 5: Digitale Barrieren/Netzwerke

Die Leitfrage „Wie barrierefrei ist unser Umfeld?” kann bereits mit den Basisblöcken beantwortet werden. Je mehr Zusatzblöcke und Materialien aus der Sammlung bearbeitet werden, desto umfassender kann das Thema diskutiert werden. Jeder Block besteht aus einem Input, mehreren Diskussionsfragen oder Aufgaben und den verwendeten Quellen. Zu den Blöcken Mapping, Inklusion, Stadtplanung und digitale Barrieren gibt es im Folgenden Anmerkungen für die Lehrkraft. Der Basisblock 2 Mapping arbeitet mit einer kartografischen, praktischen Übung. Die anderen Blöcke sind theoretischer strukturiert. Der Zusatzblock 1 Sensible Sprache muss nicht zwingend bearbeitet werden. Wir empfehlen jedoch, dass am Anfang der Stunde mit der Klasse über diskriminierungssensible Sprache gesprochen wird, sodass verletzende Sprache nicht reproduziert wird. Die Idee ist, die einzelnen Blöcke nach einem „Mix & Match”- Prinzip an die individuellen Möglichkeiten und Themen des Unterrichts anzuwenden.

Im problemorientierten Unterricht kann das Thema je nach Altersstufe, Klassengefüge und Vorkenntnissen deduktiv oder induktiv über Frei-, Partner- oder Kleingruppenarbeit behandelt werden. Dabei stehen der Erwerb und die Entwicklung überfachlicher Kompetenzen im Vordergrund. Allen Blöcken liegt die gleiche Problemorientierung zu Grunde: dass die Idealvorstellung einer inklusiven Gesellschaft durch unterschiedliches Handeln und Nichthandeln diverser Individuen der Gesellschaft kreiert oder verhindert wird.

In fast jeder Kategorie des Rahmenlehrplans für die gymnasiale Oberstufe Teil B der Länder Berlin und Brandenburg sind zu erwerbende fachübergreifende Kompetenzen genannt, die durch unsere Ausarbeitung erlangt werden können. Die Schüler*innen erschließen sich durch rezeptives Handeln, Produktion und Interaktion das Thema, entwickeln ein Sprachbewusstsein und erwerben so eine bildungssprachliche Handlungskompetenz. Durch individuelle Nutzung und Erweiterung unserer sieben Blöcke lassen sich alle sechs Kompetenzbereiche zum Erwerb der Handlungskompetenzen in der digitalen Welt abdecken. Durch die Kompetenzentwicklung von Bildung zur Akzeptanz von Vielfalt und Demokratiebildung können die Schüler*innen nach der Behandlung des Themas die Teilhabeprozesse (in der Schule und) in der Gesellschaft hinterfragen und ggf. selbst neu gestalten. Sie haben sich den Aspekt ‚Menschen mit Beeinträchtigung’ als Teil der gesellschaftlichen Diversität erschlossen und können handlungsorientierte Strategien zur Teilhabe und Chancengleichheit beurteilen und entwickeln. Die Schüler*innen können diskriminierungssensibel sprechen und handeln, da sie für grund- und menschenrechtsbasierte Normen sensibilisiert wurden und somit einen lösungsorientierten Konfliktumgang erlernt haben. Auch in der Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung soll dazu beigetragen werden, dass sich die Schüler*innen lösungsorientiert mit den Auswirkungen des Verkehrs auf Gesundheit, wie auch mit den Möglichkeiten einer sozial gerechten Nutzung des öffentlichen Verkehrsraumes auseinandersetzen. „Sie analysieren die Mobilitäts- und Städteplanung auf unterschiedlichen Maßstabsebenen und nutzen Partizipationsmöglichkeiten, um auf individueller und gesellschaftlicher Ebene eine zukunftsfähige Mobilität mitzugestalten.” (LISUM: 22). ‚Menschen mit Behinderung’ sind Teil unserer Kultur, obwohl [beispielsweise]Gehörlose ihre eigene gesetzlich anerkannte Sprache haben (§ 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) vom 27. April 2002 (BGBl. I:1467, 1468), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Juli 2018 (BGBl. I:1117) geändert worden ist) und sich zunehmend als „Angehörige einer sprachlichen und kulturellen Minderheit” empfinden (LdDfGS), die „Erfahrungen, Gefühle, Gedanken und Ausdrücke anders als Hörende [verarbeiten]” (GMU). Deshalb dient das Thema zum Kompetenzerwerb in den Bereichen der kulturellen und interkulturellen Bildung, da die Schüler*innen hier durch das Auseinandersetzen mit dem Thema darüber reflektien, was ihre eigene Kultur ausmacht. „Sie setzen sich dabei mit Vertrautem und Nicht-Vertrautem auseinander, entwickeln differenzierte Sichtweisen und Toleranz gegenüber vielfältigen Lebensweisen.” (LISUM: 21). „Die Schülerinnen und Schüler erwerben Kompetenzen auf der Grundlage fundierter Kenntnisse über eigene und andere Kulturen, eines von Offenheit und Perspektivwechsel begleiteten Erkenntnisprozesses sowie der Bereitschaft zu kommunikationsbasiertem Handeln in vertrauten und in unvertrauten Kontexten. Diese Kompetenzen ermöglichen es ihnen, in einer von enormer kultureller Veränderungsdynamik gekennzeichneten Welt Herausforderungen zu erkennen, zu reflektieren und für sich zu bewerten. Hieraus leiten die Schülerinnen und Schüler Handlungsstrategien ab, die auf soziales Zusammenwirken ausgerichtet sind und sie dazu befähigen, auch in kultursensiblen Situationen in beruflichen sowie in privaten Kontexten angemessen zu agieren.” (LISUM: 20)

Rahmenlehrplan Teil C - Zusammenstellung
Fach Curriculum Kompetenz
… die Schüler*innen…
Darstellendes Spiel 3. Kurshalbjahr (ds-3): Erarbeitung eines komplexeren Theaterprojekts und Vertiefung theoretischer Grundlagen
  • initiieren, explorieren, entwickeln und gestalten szenische Ideen und verwenden dabei eigene Erfahrungen als Quelle szenischer Gestaltung
  • arbeiten projektorientiert
  • stellen zwischen Medienkompetenz und Theaterwahrnehmung eine Verbindung her
Deutsch 3. Kurshalbjahr: Filmisches Erzählen
  • können ihre Sprache und Sprachgebrauch reflektieren

  • können sich mit Medien auseinandersetzen

  • können in ihren Gesprächen auf Verständigung zielen und respektvolles Gesprächsverhalten zeigen

Geographie 1. Kurshalbjahr (geo-1/GEO-1): Siedlungsentwicklung und Raumordnung
  • erörtern Raumnutzungskonflikte und beurteilen raumplanerische Entscheidungen

  • wenden zur Datenerhebung das Verfahren Kartierung an und präsentieren ihre Ergebnisse

  • entwickeln ein differenziertes räumliches Orientierungswissen und bewerten raumordnerische Leitbilder und Maßnahmen der Planung

Philosophie 4.1 Ethisch-praktischer Reflexionsbereich
  • wissen, wie Handlungsnormen begrifflich gefasst wurden und werden

  • stärken und differenzieren ihre Urteilskompetenz durch das Analysieren ethischer Positionen

Politikwissenschaften
  • T 4: Gesellschafts- und Sozialstruktur (Wahlbereich)

  • T 6: Konflikt und Konsens (Wahlbereich)

  • T 1: Verfassungsrechtliche Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland (Pflichtbereich)

  • vertieft, selbstständig Wissen nachschlagen und rezipieren sowie in Anbahnung, dieses auch teamfähig strukturieren und organisieren

  • durch lehrergeleitete Einführung bzw. Verdeutlichung der Betrachtungsebene/Wissenschaft „Soziologie” sowie zugehöriger Kategorien (z.B. Individuum und Gemeinschaft/ Gesellschaft) und Kriterien den Sachverhalt reflektieren

  • können theoretische Texte analysieren

  • können lehrgeleitet Konzepte, Problem- und Interessenslagen analysieren und beurteilen

  • können lehrgeleitet verfassungsrechtliche Wertvorstellungen auf politiktheoretischer und philosophischer Grundlage ableiten

  • können das Grundgesetz und seine Kommentare zielgerichtet anwenden

Sozialwissenenschaften
  • 1. Kurshalbjahr (sw-1): Individuum, Gesellschaft und sozialer Wandel

  • 3. Kurshalbjahr (sw-3): Recht, Staat und Politik in Deutschland und Europa

  • stärken ihre Fähigkeit zum sozialwissenschaftlichen Analysieren, indem sie

    • das Handeln des Menschen und den Sozialisationsprozess aus der Makroperspektive wahrnehmen,

    • die Sozialisationseinflüsse in Abhängigkeit von sozialen Schichtungen, erzieherischen Prozessen, Medienumwelt und unterschiedlicher kultureller Herkunft als soziokulturelle Konstruktion erkennen

  • stärken ihre politische Urteilsfähigkeit, indem sie die Interdependenz von Gesellschaftspolitik und sozialer Ungleichheit wahrnehmen.

  • verstärken ihre Konfliktfähigkeit und Handlungsbereitschaft in schwierigen Situationen durch Wahrnehmung der fundamentalen Bedeutung der Menschenrechte.

Arbeitsblätter

Es folgen die Arbeitsblätter. Zu vier Arbeitsblättern wurden Lösungsvorschläge bzw. Hinweise ausgearbeitet.

Arbeitsblatt 1 - Was ist eine Behinderung?

Arbeitsblatt 1

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Arbeitsblatt 2 - Mapping

Arbeitsblatt 2

Datei als pdf zum download: Arbeitsblatt 2

Arbeitsblatt 3 - Sensible Sprache

Arbeitsblatt 3

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Arbeitsblatt 4 - Aktivismus

Arbeitsblatt 1

Datei als pdf zum download: Arbeitsblatt 4

Arbeitsblatt 5 - Inklusion

Arbeitsblatt 5

Datei als pdf zum download: Arbeitsblatt 5

Arbeitsblatt 6 - Stadtplanung

Arbeitsblatt 6

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Arbeitsblatt 7 - Digitale Barrieren

Arbeitsblatt 7

Datei als pdf zum download: Arbeitsblatt 7

Lösungsvorschläge

Basis 2 Mapping

Ziel dieses Blocks ist es, einen Einblick in die Perspektive von Menschen mit Beeinträchtigung - in diesem Beispiel explizit Rollstuhlfahrer*innen - zu erlangen. Dazu muss hinzugefügt werden, dass es neben Mobilitätsbeeinträchtigungen wie die von Rollstuhlfaher*innen noch weitere Seh-, Hör- und körperliche sowie psychische Beeinträchtigungen, die den Alltag erschweren, gibt. Außerdem sollen die Schüler*innen für ihre Umgebung und die individuelle Wahrnehmung sensibilisiert werden, die Möglichkeit eines Perspektivwechsels (Sicht einer Person mit körperlicher Beeinträchtigung) bekommen und Schwierigkeiten ausfindig machen, mit denen sie vielleicht nicht alltäglich konfrontiert werden. Dadurch soll die Sensibilität und Akzeptanz gegenüber ihren Mitmenschen gestärkt werden.

Zur Einführung in die Thematik gibt es zwei verschiedene Youtube-Videos, von denen eins oder beide zur Vorbereitung (bspw. als Hausaufgabe) angeschaut werden können. Diese geben einen ersten Einblick, welche Barrieren im Alltag von Rollstuhlfahrer*innen auftreten können.

Vorschlag: Diese Videos können im Anschluss mit den Schüler*innen besprochen werden. Die Klasse könnte gemeinsam die genannten Beispiele zusammentragen.

Beispiel: Barrieren für Rollstuhlfahrer*innen:

  • Lücken und Höhenunterschiede zwischen ÖPNV und Bahnsteigen
  • Beschaffenheit von Wegen (z.B. Kopfsteinpflaster, Schlaglöcher)
  • Stufen/Treppen
  • Breite des Gehwegs geringer als 1,50m
  • fehlende Funktionalität von Fahrstühlen
  • zugestellte Wege
  • Türen (deren Breite < 90 cm)
  • Bordsteinkanten (ab > 3 cm)

Beispiel: Wer profitiert von barrierefreien Räumen?

  • Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen
  • Menschen mit chronischen Erkrankung
  • ältere Menschen die Rollatoren benutzen
  • Menschen mit Kinderwagen oder Gehhilfen
  • Kinder mit Fahrrad/Laufrad etc.

Rechtliche Grundlage - Barrierefreiheit

Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG)

§ 4 Barrierefreiheit
Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.

Aufgabe

Möglichkeiten der Aufgabenstellung für Schüler*innen:

  • als Hausaufgabe (einzeln oder in Gruppen)
  • in der Unterrichtszeit die Begehung einer Strecke (einzeln oder in Gruppen)
  • nach Besprechung einzelner Barrieren, diese in bestimmten Streckenabschnitten suchen und kartieren
  • nach Festlegung eines Streckenabschnitts zu erwartende Barrieren einzeichnen (als zusätzliche Option) und mit Begehung Karte ergänzen (Erwartung vs. Ergebnis)

Umsetzung einer Kartierung von Barrieren:

  • Kartenbereich von Google Maps screenshoten (ca. 1km bzw. 10min)
  • Route markieren, begehen und Barrieren einzeichnen (entweder die Karte hierfür ausdrucken oder digital bearbeiten) → dafür eine Legende erstellen
  • Barrieren mit Hilfe von Fotos dokumentieren
  • Hilfsmittel: Zollstock, Kamera, Stift, ausgedruckte Route  

Karten-Beispiel auf Basis einer Erhebung vom 28.08.2022 im Boxhagener Kiez

Beispielbarrieren, die kartiert werden können: basierend auf der Wahrnehmung zweier Menschen ohne Rollstuhl

Beispiele für Barrieren, die kartiert werden können basierend auf der Wahrnehmung zweier Menschen ohne Rollstuhl

Zusatz zu Arbeitsblatt 6 – Stadtplanung

Aufhänger

Video Instagram, Creator: mr.blindlife, 03.06.22, ca. 1 min https://www.instagram.com/reel/CeWMwnhAfv_/?igshid=MDJmNzVkMjY%3D

Barrierefreiheit bedeutet, dass ein Raum (bspw. eine Stadt) für alle Menschen ohne fremde Hilfe zugänglich ist. In Deutschland ist Barrierefreiheit in § 4 des Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz (BGG) gesetzlich definiert und geregelt. Für Stadtplaner*innen gibt es sogenannte DIN-Vorschriften, welche beim Neu- und Umbau öffentlicher Gebäude eingehalten werden müssen. Berlin wurde im Jahr 2013 von der Europäischen Kommission mit dem ersten Platz des Access City Award ausgezeichnet.

Rechercheaufgabe (im Vorfeld als Hausaufgabe oder gemeinsam in der Klasse)

Was sind DIN-Normen?

Quelle: DGUV, 2015

Diskussionsfrage für die Schüler*innen

Welche Beispiele aus eurem Alltag in Berlin fallen euch für barrierefreie/nicht barrierefreie Orte ein?

„Es mangelt [in Deutschland] nicht an eindeutigen politischen oder rechtlichen Vorgaben. Mit internationalen (UN-Behindertenrechtskonvention) sowie nationalen Gesetzen (Behindertengleichstellungsgesetz, Landesgleichstellungsgesetze) ist die Rechtslage eindeutig. Mit den DIN-Normen 18024-1/18040 und zahlreichen Richtlinien, Leitfäden und Checklisten von Bund, Ländern und Kommunen ist hinreichend beschrieben, wie Barrierefreiheit im öffentlichen Raum technisch umgesetzt werden kann. Warum sind angesichts des Handlungsdrucks und Wissens „barrierefreie” Kommunen immer noch eher eine Ausnahme als die Regel? Warum werden Barrieren nicht systematisch angepackt und abgebaut?”

– Auszug aus: „Barrieren in Stadtquartieren überwinden” Bundesminesterium Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2012

Diskussionsfrage für die Schüler*innen

Woran könnte es liegen, dass deutsche Städte noch nicht barrierefreier gestaltet sind, obwohl es diese Regelungen gibt?

  • Investitionen notwendig
  • Umbau braucht Zeit (kann nur nach und nach stattfinden)
  • Barrierefreiheit kann nicht normiert werden ( z.B. haben Menschen mit Sehbeeinträchtigung andere Barrieren als Menschen im Rollstuhl)
  • fehlende Leitbilder und Konzepte in der Planungspraxis
  • fehlender gesellschaftlicher Fokus

Youtube Video Barrierefreie Gemeinden

Erklärvideo „Alle inklusive?! - Deshalb: Barrierefreie Gemeinden!” https://youtu.be/wlFYhYkqTd0, 2:45 min

Fragen zum Video

Wie hoch ist der Anteil der Menschen in Deutschland, die auf eine barrierefreie Umgebung angewiesen sind?

10%

Wie hoch ist der Anteil der Menschen in Deutschland, die durch eine barrierefreie Umgebung eine Erleichterung im Alltag hätten?

40 %

Welche Beispiele werden für barrierefreie Anpassung im Video gegeben?

Bequemer Aufzug, breitere Durchgänge, leicht verständliche und erkennbare Beschilderungen, größere Schriften, leichte Symbole, gute Kontraste

Welche Beispiele für Barrieren werden im Video genannt?

Kein Lift im Schwimmbad, Schotter am Spielplatz um die Spielgeräte, fehlende Teilhabe beim Spielen

Zusatz zu Arbeitsblatt 5 – Inklusion

Schule & Behinderung: miteinander vs. nebeneinander?

Einstieg/Motivation

Ziel dieses Blocks ist es, ein Verständnis dafür zu erlangen, was der Unterschied zwischen Inklusion und Integration (insbesondere im Schulalltag) bedeutet. Des Weiteren sollen die Schüler*innen in die große Debatte der Inklusion einsteigen und verstehen, warum bisher noch keine flächendeckende Inklusion in deutschen Schulen gewährleistet ist. Dabei steht die zentrale Frage im Raum, ob Sonder-/Förderschulen veraltet sind oder noch immer einen guten Raum zum Lernen für Menschen mit Behinderung darstellen. Dieser Zusatzblock soll die Schüler*innen besonders zur Diskussion anregen und ihre Kreativität für die Entwicklung von Problemlösungsstrategien fördern.

www.berlin.de/sen/bildung/schule/inklusion/inklusion-kompakt/ (letztes Abrufdatum: 28.08.2022)

Möglichkeiten der Aufgabenstellung (Zunahme der Schwierigkeit von oben nach unten):

  • Diskussion des Schaubildes
  • Begriffe ausschneiden und dann in Kleingruppen mithilfe einer Diskussion zuordnen.
  • Allgemein in Kleingruppen diskutieren was Begriff Inklusion und Integration unterscheidet und anschließend das Schaubild zur Verdeutlichung einbringen.
  • Ohne Abbildungen mögliche Skizzen von Schaubildern die Inklusion/Integration verdeutlichen sollen von Schüler*innen an die Tafel zeichnen lassen und Schaubild als einen Lösungsvorschlag verwenden.

-> Abschließend Ergebnisse in großer Gruppe zusammenfassen (Was bedeuten die Begriffe im Schulkontext?) & kritisches Hinterfragen des Schaubildes (welche Problematik reproduziert dieses Schaubild?)

Kritik am Schaubild

Abbildung sehr schematisch und verallgemeinernd

in der Darstellung wird keine Individualität der Gruppe von Menschen mit Behinderung gezeigt → Reduzierung nur auf ihre Behinderung

Lösungsvorschlag: neben Farben, auch Formen ins Schaubild einfließen lassen

Positivbeispiele für Ansätze inklusiver Bildung

  • Marie-Kahle-Gesamtschule Bonn (Video): www.aktion-mensch.de/inklusion/bildung/inklusion-beispiele/marie-kahle-gesamtschule

  • Berliner Schulen, die für ihre inklusiven Ansätze mit Preisen ausgezeichnet wurden (Linksammlung): www.berlin.de/sen/bildung/schule/inklusion/beispiele-und-erfahrungen/

inhaltlicher Input & Aufgabe:

Debatte: Sonderschule vs. Förderschule?

Zum ersten Mal wurde die allgemeine Schulpflicht in Deutschland in der Weimarer Verfassung festgeschrieben. Unter dem NS-Regime von 1938 bis 1945 galt das Reichsschulpflichtgesetz, welches Menschen mit körperlicher und „geistiger Behinderung” (heute nach sensiblem Sprachgebrauch eher Lernbeeinträchtigung etc.) systematisch ausschloss und als bildungsunfähig einstufte. Erst im Jahr 1978 wurde allen Kindern mit deutscher Staatsangehörigkeit unabhängig ihrer Fähigkeiten und Einschränkungen das Recht auf Schule zugeschrieben. Nach den schlimmen Verbrechen der NS-Zeit gegenüber Menschen mit Behinderung sowie dem jahrelangen Ausbau der allgemeinen Schulen wurden besonders geschützte Räume zum Lernen geschaffen – sogenannte Förder-/Sonderschulen. Diese stehen jedoch zunehmend in der Kritik und gelten als veraltet, da sie Menschen aus der Gesellschaft exkludieren. Kinder mit einer Lernbeeinträchtigung erzielen statistisch gesehen deutlich bessere schulische Leistungen in einer Regelschule im Gegensatz zu einer Förderschule. Andererseits sind Kinder mit körperlichen Behinderungen oder Lernbeeinträchtigungen in Regelschulen häufiger Ausgrenzungserfahrungen und einer hohen emotionalen Belastung ausgesetzt. So lässt sich womöglich keine flächendeckende Aussage darüber treffen, welche Schulform für welches Kind am besten funktioniert. Jedes Kind muss individuell mit den eigenen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Charaktereigenschaften wahrgenommen werden. Ungefähr bei 500.000 bei Schülerinnen (6-7%) in Deutschland ist ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert. Nur etwa 30 Prozent davon besuchen eine Regelschule. In manchen Bundesländern werden zunehmend Sonderschulen aufgelöst und Sonderpädagoginnen an Regelschulen versetzt. Das föderalistische System in Deutschland ist einer der Gründe, weshalb nicht jeder Schule gleich viel Geld für Bildung zur Verfügung steht. Besonders in Bundesländern mit weniger finanziellen Mitteln z.B. Berlin, ist der prozentuale Anteil an Kindern mit Förderbedarf, welche eine Sonderschule besuchen, am geringsten. Auch diagnostische Methoden zur Einstufung, ab wann ein Kind als förderbedürftig gilt, unterscheiden sich länderspezifisch. So lässt sich keine einheitliche Strategie erkennen, wie das Thema Bildung und Inklusion an deutschen Schulen zukünftig angegangen wird. Zwar lassen sich vereinzelte Tendenzen hin zu Integration und Inklusion erkennen. Trotzdem bleibt fraglich, wie schnell bestehende alte Strukturen aufgebrochen werden können und sich Inklusion in der Schule zukünftig umsetzen lässt. Aufgabe: Recherchiert und diskutiert die Vor- und Nachteile von Förder-/Sonderschulen und Regelschulen (im aktuellen Zustand).

Eine mögliche Quelle zur Recherche ist z.B. die Bundeszentrale für politische Bildung: www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/213296/inklusion-eine-schule-fuer-alle-kinder/#node-content-title-3

Weitere Fragen, die in diesem Kontext kritisch besprochen werden können:

Sollte beim Lernen der Kinder die Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Anderen den Maßstab für Erfolg darstellen? Oder ist ihr individuelles Wohlbefinden wichtiger?

Sind Bedenken berechtigt, welche davon ausgehen, dass leistungsstarke Schüler*innen durch Inklusion anderer Kinder in ihrer Leistungsfähigkeit gehemmt werden?

Beispielantworten für pro und contra Argumente:

(+) Förderschule: hochspezialisierte Fachkräfte, kleine Gruppen und individuelle Betreuung
(-) Förderschule: weniger/keine gesellschaftliche Teilhabe, lebenslange Stigmatisierung, schwerer Einstieg ins Berufsleben (jedes 4. Kind auf einer Sonderschule macht keinen Schulabschluss)

(+) Regelschule: Lernen voneinander und miteinander, Abbau mentaler Barrieren/Vorurteile, individuelle Unterrichtsgestaltung
(-) Regelschule: Personalmangel, vorhandene mentale Barrieren und dadurch Ausgrenzung

Zusatz zu Arbeitsblatt 7 – Digitale Barrieren/Netzwerke

Die Bedeutung des Internets und der sozialen Medien hat in den letzten Jahrzehnten einen immer größeren Platz im Leben der Menschen eingenommen und die Zunahme ist noch nicht beendet. Alltagsgeschehnisse, sei es Einkaufen, Nachrichten konsumieren oder soziale Kontakte pflegen, finden digital statt. Damit ist das Internet Raum und Teil unseres Umfelds indem es auch für alle Menschen Barrieren gibt. Für Menschen mit Sehbeeinträchtigung gehören zu den Barrieren oft zu kleine Schriftgrößen, fehlender Kontrast, Elemente, die sich überlappen, wenn sie vergrößert werden oder Programmierungen, die nicht Screenreader tauglich sind. So können Tabellen, spalten- statt zeilenweise vorgelesen werden, was das Verstehen des Inhaltes erheblich erschwert bzw. sogar unmöglich macht. Auch unhörbarer Text in Videos wird nicht versprachlicht. Die Verwendung von Farben kann zur Behinderung werden. Sehr selten existieren Alternativtexte zu Bildern. Wiederum fehlen für Menschen mit Hörbeeinträchtigung oft Untertitel oder die Translation in ihre eigene Sprache. Und Sprache in komplizierter Form, z.B. Amtssprache, stellt nicht nur für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen eine Behinderung dar. Ebenso sind Webseiten und Software, die nicht über die Maus bedienbar sind, nur für Menschen mit Bewegungseinschränkungen eine Behinderung, sie sind auch allgemein nutzerfreundlicher. Wenn Überschriften nicht vorhanden oder falsch geschachtelt sind, fehlt die Struktur und der Inhalt der Webseite ist schwieriger erschließbar.

Beim Deutschen Behinderten und Sehbehinderten Verband (DBSV) auf der Seite Digitale Barrieren melden und der Seite der Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport, Moderne Verwaltung Definition Barrierfreiheit, kann man nachlesen, welche digitalen Barrieren es gibt. Außerdem kann man testen, wie barrierefrei Internetseiten sind: Siba-App.

Es gibt im Internet und für die verschiedenen Endgeräte unterschiedlichste Software, vor allem für Sehbeeinträchtigte, um für Menschen ohne Beeinträchtigung eine Vorstellung zu entwickeln, wie sich eine Behinderung auf den Alltag auswirkt. Hierzu ist es aber wichtig, die testenden Personen nicht unangeleitet und sich ohne Hilfestellung der simulierten Beeinträchtigung auszusetzen. Da laut Silvermann (2015) in diesem Fall eher das anfängliche Trauma des Blindwerdens als die Realität des Blindseins gefühlt wird. In Anlehnung an Riccobono (2017) sei das Ziel einer Simulation, ein Bewusstsein für die nötige Umweltveränderung zu erzeugen und damit den Umgang für diese zu erleichtern. Mit dieser Intention können die Schüler*innen auch andere Aufgaben lösen, wie z.B. mit den aktivierten Apps auf dem Handy Bearbeitungsaufträge am Computer erledigen, auf der S-Bahn Homepage eine Streckenführung finden, bei der Arbeitsagentur einen Termin machen oder mit einer digitalen Karte arbeiten.

Weiterführendes Material

Um die einzelnen Abschnitte vorzubereiten, zu bearbeiten oder zu vertiefen, können folgende Materialien hilfreich sein.

Videos

Marie-Kahle-Gesamtschule Bonn Aktion Mensch

Zusammen leben mit und ohne Behinderung ARTE https://youtu.be/NGZrkUt4KnY

Behinderte Welt? MrWissen2go https://youtu.be/sCB8_AuA_Mo

Die Folgen der Corona-Pandemie für Menschen mit Behinderung ZDFheute Nachrichten https://youtu.be/9DD4vwkqn6o

Vorurteile über Behinderung - Schluss damit! Deutschland3000 https://youtu.be/EbaLDkj6Qhc

Die Politik diskriminiert Menschen mit Behinderung - oder? DIE DA OBEN! https://youtu.be/l0CSXzHvFRM

David Lebuser ist Deutschlands bester Rolli-Skater Zeit Online https://youtu.be/Hrb_2rZMLKk

FFP New Media: Wagner, Petra K. (2022): Du sollst hören (Film) Deutschland: ZDF, 2022, 90 min. verfügbar bis 09.09.2023

Podcasts

Echt behindert! Produziert von: Deutsche Welle https://www.dw.com/de/echt-behindert-der-podcast-zu-barrierefreiheit-und-inklusion/a-55509792 Abrufbar: Spotify, Apple Podcasts und Transkripte auf der Website

Die neue Norm Produziert von: BR2 https://dieneuenorm.de/podcast/ Abrufbar: auf der Website, Spotify, Apple Podcasts

Einzelne Podcastfolgen

Gewalt gegen Menschen mit Behinderung

Produziert von: SWR2 Wissen https://www.swr.de/swr2/wissen/gewalt-gegen-menschen-mit-behinderung-swr2-wissen-2021-01-28-100.html Manuskript

Werkstätte für Menschen mit Behinderung - Kein Ort für Inklusion?

Produziert von: SWR2 Wissen https://www.swr.de/swr2/wissen/werkstaetten-fuer-menschen-mit-behinderung-kein-ort-fuer-inklusion-100.html Manuskript

„Davon auszugehen, dass Behinderung Unglück bedeutet, ist grundfalsch!” Raul Krauthausen Produziert von: hr Info hr Info, Episode mit Raul Krauthausen

Studieren mit Behinderung - Wie inklusive sind Hochschulen? Produziert von: SWR2 Wissen https://www.swr.de/swr2/wissen/studieren-mit-behinderung-wie-inklusiv-sind-hochschulen-swr2-wissen-2022-02-05-100.htm Manuskript

LGBTIQ* mit Behinderung - werden sie mehrfach diskriminiert? Produziert von: Willkommen im Club - der queere Podcast von PULS (BR) queere Podcast Episode LBBTIG* mit Behinderung

Inklusion - Was ist das eigentlich? Produziert von: Bildung in Rosa - ein Podcast auf dem Weg zu inklusive Bildung (Rosa Luxemburg Stiftung) Episode Bildung in Rosa

Zeitungsartikel

Freizeit

Sueddeutsche - Jung, blind, Skater - total normal

Vogue - Mode ohne Barriere

Sppiegel - »Wir leben in einer Welt, die nicht für uns designt wurde«

Zeit – Geteiltes Licht

Barrierefreiheit

Zeit - Die Barrieren in euren Häusern und in euren Köpfen

Sueddeutsche - „Man fühlt sich überall ungewollt”

Spiegel - „Selbst eine Stufe ist meistens zu hoch”

Spiegel - Nicht ohne meinen Strohhalm

Zeit - Die wirklichen Verlierer sitzen im Rollstuhl

Erwerbsarbeit

Jetzt.de - „Werkstätten sind das Gegenteil von Inklusion”

Spiegel - Lasst endlich die Menschen mit Behinderung ran

Spiegel - »Es zählen nicht nur meine Fähigkeiten, sondern auch mein Rollstuhl«

Zeit - „Behinderung wird in der Arbeitswelt noch immer als Makel gesehen”

Technik

Spiegel - So machen Apple und Google Smartphones leichter benutzbar

Bildung

Zeit - Das Kratzen an der gläsernen Decke

TikTok Accounts

Mr. Blindlife Videos und Aufklärung zum Alltag einer blinden Person

Aktion Mensch Große Bandbreite an leicht verständlichen Aufklärungsvideos

Cindy Klink Gehörlose Content Creatorin - weniger Aufklärung, mehr Alltag/Humor

Webseiten

Bildungsserver Berlin-Brandenburg

Beispielschulen, Senat Berlin Berliner Schulen, die für ihre Inklusion ausgezeichnet sind

Linksammlung

Bundeszentrale für politische Bildung: www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/213325/inklusion/

Legorampen Projekt https://wuesl.de/legorampen/ Rampen aus alten Legosteinen, um mehr Barrierefreiheit zu schaffen

Die Neue Norm https://dieneuenorm.de Artikel und Kolumnen rund um das Thema Menschen mit Behinderung und aktuelles Tagesgeschehen

Digitale Barrieren melden https://www.dbsv.org/digitale-barrieren-melden.html Tempelhofer Feld: Projekt für eine barrierefreie Miniramp https://www.instagram.com/barrierefrei_skaten_berlin/

RambaZamba Theater https://rambazamba-theater.de/geschichte/ Inklusives Theater

Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie: www.berlin.de/sen/bildung/schule/inklusion/inklusion-kompakt/

Website von Raul Krauthausen - Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit: www.raul.de/allgemein/inklusion-in-der-schule-eine-gute-idee-um-ein-ruiniertes-bildungssystem-zu-erneuern/

Tom Olin Collection. The Disability Rights Movement through photos since 1984. http://tomolincollection.com/ Fotoprojekt zu Menschen mit Behinderung

BSVSB - Blinden- und Sehbehindertenverein Südbaden SibA - App zur Simulation von Augenerkrankungen

Drop-In Verein Berlin: Barrierefreiheit in Skateparks http://www.dropin-ev.de/projekte/kultur/wcmx-goes-berlin/barrierefreiheit-skateparks/ Der Verein führte eine Umfrage durch, wie man Skateparks besser zugänglich für alle machen kann. Sie sammeln mögliche Lösungen.

Apps

Be my eyes App, mit der sehende Menschen Menschen mit einer Sehbehinderung spontan helfen können.

Wheelmap App, womit jede Person Barrieren auf einer Karte einzeichnen kann.

Literatur

Ahrbeck, Bernd (2014): Schulische Inklusion – Möglichkeiten, Dilemmata und Widersprüche. In: Soz Passagen 6 (1), S. 5–19. DOI: 10.1007/s12592-014-0154-x.

Aktion Mensch (2021) Barrieren im Alltag – wer sie wahrnimmt und wen sie behindern. In: https://delivery-aktion-mensch.stylelabs.cloud/api/public/content/studie-barrieren-im-alltag.pdf?v=f7d93483. (letzter Zugriff 28.08.2022).

Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (2008): Die UN-Behindertenrechtskonvention. Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Bonn: Hausdruckerei des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Gesetze und Verordnungen. Behindertengleichstellungsgesetz. In: https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/gesetz-zur-gleichstellung-behinderter-menschen.html;jsessionid=3EB58C546708D45E0F351BE0659DD8F8.delivery2-replication (letzter Zugriff: 08.09.22).

Bundesministerium der Justiz: Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. In: https://www.gesetze-im-internet.de/bgg/BJNR146800002.html#BJNR146800002BJNG000100000. (letzter Zugriff: 28.08.2022).

Bundesministerium Verkehr (2012): Bau und Stadtentwicklung. Barrieren in Stadtquartieren überwinden.In: https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/ministerien/bmvbs/sonderveroeffentlichungen/2012/DL_BarrierenStadtquartiere.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (letzter Zugriff 29.08.2022).

Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: Leitfaden Barrierefreies bauen. In: https://www.leitfadenbarrierefreiesbauen.de/verfahrensablauf-nach-rbbau/es-bau-konzept-barrierefreiheit?tx_contrast=98 (letzter Zugriff: 29.08.2022).

Bundeszentrale für politische Bildung: Inklusion. www.bpb.de/themen/bildung/dossier-bildung/213325/inklusion/ (letzter Zugriff: 05.09.2022).

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. DIN 18040: Barrierefreies Bauen. Fachinfoblatt. In: https://www.dguv.de/medien/barrierefrei/grundlagen/gesetze/standards/din18040/kapitel2-4-3.pdf (letzter Zugriff: 27.08.2022).

Dzudzek, Iris und Anke Strüver. 2020. Urbane Gesundheitsgerechtigkeit. Geographische Zeitschrift. https://doi.org/10.25162/gz-2020-0005

Enable me. Stiftung MyHandicap: Vorbilder für barrierefreie Städte in Deutschland. In: https://www.enableme.de/de/artikel/vorbilder-fur-barrierefreie-stadte-in-deutschland-2688 (letzter Zugriff 27.08.22).

(GMU) Gehörlosenverband München und Umland e.V. (2022): Kultur. https://www.gmu.de/wiruber-uns/gehorlose-welt/kultur/ (24.09.22)

Hirschberg, Marianne (2021): Barrieren als gesellschaftliche Hindernisse. Sozialwissenschaftliche Überlegungen. In: Markus Schäfer und Felix Welti (Hrsg), Barrierefreiheit - Zugänglichkeit - Universelles Design. Zur Gestaltung teilhabeförderlicher Umwelt. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.

Karpa, Jonas (15. 10.2020): Warum „Handicap” das falsche Wort für Behinderung ist. In:https://dieneuenorm.de/gesellschaft/warum-handicap-das-falsche-wort-fuer-behinderung-ist/ (letzter Zugriff: 29.08.2022).

Kastl, Jörg Michael (2017): Einführung in die Soziologie der Behinderung. 2. Auflage. Wiesbaden: Springer VS.

Klemm, Klaus (2014): Auf dem Weg zur inklusiven Schule: Versuch einer bildungsstatistischen Zwischenbilanz. In: Z Erziehungswiss 17 (4), S. 625–637. DOI: 10.1007/s11618-014-0543-0.

(LdDfGS) Landesarbeitsgemeinschaft der Dozenten für Gebärdensprache Sachsen e.V. (2022): Gehörlose - eine sprachliche Minderheit mit eigener Kultur. http://www.gebaerdensprache-sachsen.de/Geh%C3%B6rlose%20-%20eine%20sprachliche%20Minderheit%20mit%20eigener%20Kultur.html (24.09.22.)

Leidmedien: Begriffe über Behinderung von A bis Z. In: https://leidmedien.de/begriffe/ (letzter Zugriff: 29.08.2022).

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Nullbarriere.de: DIN 32984 Überquerungsstellen für Fußgänger https://nullbarriere.de/din32984-fussgaengerueberquerungsstellen.htm#:~:text=Gemeinsame%20%C3%9Cberquerungsstellen&text=Der%203%20cm%20hohe%20Bordstein,Ausnahme%3A%20Elektro%2DRollst%C3%BChle), (letzter Zugriff: 28.08.2022)

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Sander, Alfred (2018): Inklusion macht Schule - Ein langer Weg zu einem humaneren Bildungswesen. In: Müller, Fank J. et.al. (2018): Blick zurück nach vorn WegbereiterInnen der Inklusion. Band 1. [S.l.]: Psychosozial-Verlag. Online verfügbar unter www.psycharchives.org/handle/20.500.12034/3037.

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Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin; Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg [Hrsg]: Erarbeitung: Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) (2021): Rahmenlehrplan für die gymnasiale Oberstufe, Teil B, Fachübergreifende Kompetenzentwicklung. Online verfügbar: https://www.berlin.de/sen/bildung/unterricht/faecher-rahmenlehrplaene/rahmenlehrplaene/ (letzter Zugriff 06.09.2022)

Silverman, A. M. (2015). The perils of playing blind: Problems with blindness simulation and a better way to teach about blindness. https://nfb.org/images/nfb/publications/jbir/jbir15/jbir050201.html (letzter Zugriff 06.09.2022)

Waldschmidt, Anne (2011): Symbolische Gewalt, Normalisierungsdispositiv und/oder Stigma? Soziologie der Behinderung im Anschluss an Goffman, Foucault und Bourdieu. In: Österreichische Zeitschrift für Soziologie. 36(4). S. 89-106.

Westdeutscher Rundfunk: Sensibler Sprachgebrauch: Ist „Behinderung” okay?. In: https://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/profil/diversity/sensibler-sprachgebrauch-100.html (letzter Zugriff: 29.08.2022).

Whitehead, M. (1991): The concepts and principles of equity and health. In: Health promotion international 6(3), 217–228.