Nachlese Tagung Grundbildung
Nachlese Tagung "Alphabetisierung und Grundbildung: Wege zum Lesen und Schreiben für Erwachsene" am 24.8.2012 im LISUM
7,5 Millionen Menschen in Deutschland können nicht ausreichend lesen und schreiben, doch nur wenige davon besuchen Kurse, um es im Erwachsenenalter noch zu lernen. Die Tagung am 24. August 2012 im LISUM in Ludwigsfelde stellte daher zwei Themen in den Mittelpunkt: Sie informierte über funktionalen Analphabetismus in Deutschland und seine Auswirkungen und sie stellte Erfahrungen und Ansätze zur Diskussion, wie durch unterschiedliche Arten von Öffentlichkeitsarbeit mehr Menschen zum Lesen- und Schreiben-Lernen ermutigt werden können. Etwa 80 Gäste aus unterschiedlichen Bereichen wie Weiterbildung, Beratung, Schule und Verwaltung nahmen an der Tagung teil. Die Gesamtmoderation der Tagung hatte Birgit Hensel vom LISUM.
Begrüßt wurden die Tagungsgäste durch den Direktor des LISUM, Dr. Götz Bieber. Anschließend führte Andreas Hilliger, Abteilungsleiter im Brandenburger Bildungsministerium, in die Tagung ein. Er betonte die Bedeutung der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit und begrüßte die öffentliche Debatte, mit der auch ein Beitrag zur Entstigmatisierung geleistet wird.

Prof. Anke Grotlüschen von der Universität Hamburg stellte die Ergebnisse der "leo. Level one-Studie" vor, mit der erstmals in Deutschland die Zahl der funktionalen Analphabeten wissenschaftlich erhoben wurde, und Schlussfolgerungen aus der Studie. Ihre Ergebnisse belegen den großen Handlungsbedarf. Denn nicht nur die Zahl der funktionalen Analphabeten macht das Thema dringlich, sondern auch weitere Erkenntnisse über die Folgen für das Leben von Betroffenen. So ist die Mehrheit der funktionalen Analphabeten zwar erwerbstätig, doch zumeist schlecht bezahlt, und das Risiko, arbeitslos zu werden, steigt mit geringerer Schriftsprachkompetenz deutlich an. Ähnliches ergibt sich für den Schulerfolg von Kindern: Kinder, deren Eltern nicht ausreichend lesen und schreiben können, haben ein deutlich höheres Risiko, in der Schule schlecht abzuschneiden als andere Kinder.

Petra Mundt vom VHS-Verband Schleswig-Holstein berichtete anschließend zum Thema "Wie Angebote und Zielgruppe zusammen kommen" von den Erfahrungen aus ihrem Bundesland. Eine Erkenntnis: Kontakte zu und Netzwerke mit Multiplikatoren aus unterschiedlichen Bereichen sind eine wichtige Brücke zwischen Menschen mit Schriftsprachproblemen und den Lernangeboten. Diese Arbeit braucht langen Atem und stabile Kontakte, daher sind regionale Ansprechpartner und kontinuierliche Angebote besonders wichtig. Und zu den Werbemitteln: einfach und übersichtlich gestalten, ansprechend und positiv und mit Wiedererkennungseffekten.
Stephan Breiding, Pressesprecher des Bildungsministeriums, stellte in seinem Beitrag Ansätze für Öffentlichkeitsarbeit für Grundbildung vor und lud zur Diskussion ein. Er bestätigte anhand von konkreten Beispielen die Erfahrungen von Petra Mundt. Hilfreich für Öffentlichkeitsarbeit sei es auch, Sachinformationen behutsam mit Menschen und Geschichten zu verbinden, wie es zum Beispiel der Bundesverband Alphabetisierung mit den Botschaftern für Alphabetisierung tut.

Die anschließende Gesprächsrunde griff die Themen Motivation von Betroffenen und Zusammenarbeit von Menschen aus verschiedenen Bereichen noch einmal auf. In der Runde berichteten Christina Hoffmann von der Schuldnerberatung im Freien Betreuungsverein Teltow-Fläming e. V., Martin Scharf vom Jobcenter Dahme-Spreewald, Roswitha Malter von der Schule des Zweiten Bildungswegs Dahme-Spreewald und Dr. Frank Dittmer von der KVHS Havelland über ihre Erfahrungen aus unterschiedlichen Beratungssituationen, wie sie Schriftsprachprobleme und einen möglichen Lernanfang ansprechen können und auf welche (teils sehr unterschiedliche) Art sie Betroffene weiter unterstützen können. Bruno Kämmerling vom Landkreis Havelland zeigte in seinem Beitrag auf, wie wichtig ein Zusammenwirken unterschiedlicher Ebenen und Akteure ist und hob besonders die Bedeutung der VHS als kommunaler Bildungseinrichtung bei der Umsetzung von regionalen Konzepten hervor.

Mehr zum Vortrag von Prof. Anke Grotlüschen finden Sie in der Präsentation, die sie zur Veröffentlichung hier zur Verfügung gestellt hat.
Präsentation Prof. Grotlüschen
Einen Tagungsbericht aus Sicht einer Kollegin vom Alpha-Bündnis Neukölln finden Sie hier
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