Freiarbeit - Freiheit in der Arbeit - Freiheit wovon?
In welchem Maße besteht für den Lernenden Freiheit in Bezug auf die Wahl solcher den Lernprozess beeinflussenden Größen wie Thema, Umfang, Art und Weise, Medien und Material, Zeiteinsatz (Dauer und Termin), Lernort oder auch Lernpartner?
Sicher ist nur, dass es ein hohes Ziel ist, den gesamten Lernprozess möglichst umfassend selbstbestimmt (und insofern frei) zu durchleben.
Der schrittweise Zugang zu diesen Freiheiten muss, wie alles im Leben, erlernt werden. Wo und in welchem Maße am Status quo der Schülerin und des Schülers gerüttelt werden kann, das ist ist sicherlich sehr unterschiedlich. Letztlich ist der Lernprozess aber ein Gesamtgefüge, der Schritt zu freiem Arbeiten wird ganzheitliche Konsequenzen haben.
Grundsätzliche Überlegungen
- Ermöglichen statt Einschränken
- Begleiten statt Belehren
- Scheinbare Banalitäten zulassen, vielleicht löst ja gerade eine nicht sehr tiefgründige Kleinigkeit eine Erkenntnis aus, die den weiteren Lernprozess wesentlich beeinflusst.
- Auch partielle Rückschritte gehören zum Prozess der Selbstfindung im Freien Lernen. Wem die Möglichkeit zur Entscheidung gegeben ist, dem ist auch die Möglichkeit zur Fehlentscheidung gegeben.
Wie verschieden der Umgang mit Lernfreiheiten aussehen kann zeigen die folgenden, mitunter recht unterschiedlichen Ansätze.
Freiarbeit ist eine Form des individualisierten Unterrichts, in der die Schülerinnen und Schüler das Thema, die Methode, den zeitlichen Umfang ihrer Arbeit, die Sozialform und den Einsatz der Lernmaterialien und Medien selbst bestimmen. Sie nutzen bereitgehaltene Lernmaterialien, können ihre Lernaufgaben selbstbestimmt setzen und kontrollieren und präsentieren ihre Arbeitsergebnisse - lediglich die Freiheit zur Untätigkeit besteht nicht. Der Lehrer stellt eine didaktisch gestaltete Lernumgebung her, berät die Schülerinnen und Schüler bei Ihrer Themen- und Methodenwahl und begleitet und unterstützt diese auf ihren Lernwegen.1
Für die Freiarbeitsstunde stellen wir verschiedene Arbeitsmittel zur Verfügung, die auf den momentanen Unterrichtsstoff abgestimmt sind. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten je nach Material alleine, zu zweit oder in kleinen Gruppen und können so individuell den derzeitigen Unterrichtsstoff einüben, wiederholen und festigen, bzw. zurückliegende Inhalte noch einmal auffrischen. Die materialgeleitete Freiarbeit dient also fast ausschließlich der Übung und Wiederholung und nicht dem Neuerwerb von Wissen. Aus diesem Grund empfiehlt sich diese Arbeitsform hauptsächlich für die Unterstufe (aber keineswegs ausschließlich!) und dort für die Kernfächer, denn hier steht am meisten Unterrichtszeit für Übungsphasen zur Verfügung.2
Die Schülerinnen und Schüler sollen ihren Lernprozess zunehmend mitgestalten und verantworten, wobei sie unter Begleitung eines Lehrers z.B. ausgewählte Inhalte des Lehrplans oder sonstige komplexere Themen selbstständig erarbeiten.
Freiarbeit ist nicht - wie oft gehört - eine Unterrichtsmethode neben anderen, oder gar ein methodischer Trick, um bei allen Schülerinnen und Schülern einen neuen Motivationsschub zu evozieren (hervorzurufen- d.R.), sondern eine andere Art von Schule. Sie ist eine Form schulischen Arbeitens, die die Individualität des Kindes in die Mitte des pädagogischen Bemühens stellt und seinen "sensitiven Phasen" (Maria Montessori) Rechnung trägt. Der Lehrer führt das Kind mittels der vorbereiteten Umgebung an das Bildungsgut heran. Dabei wird dem Heranwachsenden die Wahl des Arbeitsthemas, die Arbeits- und Zeiteinteilung in Freiheit zugetraut. Die freie Wahl der Arbeit fördert den Drang nach Erkenntnis. Das Miteinander in der Arbeitsform übt soziales Verhalten ein. Eigenes Tun dient der Aktivierung des Geistes und der Persönlichkeitsbildung.
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Freiarbeit zielt auch nicht primär auf Wissenserwerb, sondern ist getragen von der Achtung vor der sich in ihr entfaltenden kindlichen Persönlichkeit.3
Beispiele und weiterführende Materialien
- B.Brömer, P. Famulok, "Das Freie Lernen an der offenen Schule Kassel-Waldau" Juni 2002
- Aus dem Methodenpool der Uni Köln: Dokument zur Freiarbeit
Quellen
1 Paradies/ Linser, "Differenzieren im Unterricht" Cornelsen, 2001 ISBN 3-589-21353-1
2 http://evl.htldornbirn.vol.at/fortbildung/weg/inhalte/formen/formen.htm (vor 04/2013)
3 http://www.schulstiftung.de (vor 04/2013)

Redaktionell verantwortlich: André Koch, LISUM
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