Zitat Juni 2018

Zitat Juni 2018

Stephanie Günther

  • geboren am 04.04.1986 in Luckenwalde
  • lebt in "wilder Ehe" und hat eine Tochter
  • M.A. Erziehungswissenschaft (Universität Potsdam)
  • seit 01.01.2018 Eine-Welt-Promotorin für Faire Schule in Brandenburg beim Diakonischen Werk Teltow-Fläming e.V.
  • 2013-2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Prof. für Erwachsenenbildung, Weiterbildung und Medienpädagogik der Universität Potsdam

"Subjekte existieren zwar im Plural, aber nicht im Durchschnitt."* (Morus Markard)

Dieses Zitat ist mir in meinem Studium der Erziehungswissenschaft an der Universität Potsdam begegnet. Es war für mich der Auftakt zu einer intensiven Beschäftigung mit Konzepten der Kritischen Psychologie, wie sie von Klaus Holzkamp erarbeitet wurden. Grundlegend dabei war für mich stets die Frage nach dem Menschenbild, welches in Bildungstheorien, aber auch in der ganz praktischen Bildungsarbeit immer eine Rolle spielt. 

Welche Vorstellung vom Menschen habe ich? Wie begegne ich meinem Gegenüber?

Menschen als Subjekte zu verstehen bedeutet für mich…:

-…sie als handlungsfähige Wesen anzuerkennen,

-…ihnen zuzugestehen aus guten Gründen zu handeln und 

-…sie als Menschen ernst zu nehmen. 

Das bedeutet, nicht alles, was mein Gegenüber sagt oder tut, zu akzeptieren. Nein, es bedeutet für mich, sich mit seinen individuellen Denk- und Lebensweisen, Meinungen, Visionen und Anliegen auseinanderzusetzen und in den Dialog zu gehen. Subjekte sind etwas anderes als Individuen oder Akteure. Hinter diesen Begriffen stecken jeweils unterschiedliche Vorstellungen vom Menschen. Diese Einsicht war für mich ein wirkliches Aha-Erlebnis, das bis heute nachklingt.

Darüber hinaus setzt das Zitat einen zweiten Punkt, der mir persönlich wichtig ist. In Zeiten von PISA und Co. sind wir, die Bildungsarbeit leisten, oft genug verlockt, Menschen "im Durchschnitt" zu denken. Das ist m.E. fatal, denn damit wird der Subjektstandpunkt, den das Zitat ja zuerst stark macht, wieder kassiert. Eine Gruppe von Menschen ist und bleibt eine Gruppe von Menschen. Auch wenn wir mittels ausgefeilter statistischer Methoden Daten erheben und quantitative Aussagen über diese Gruppe treffen können, so werden diese Aussagen nie das abbilden, was jeden einzelnen dieser Gruppe aus seiner eigenen Perspektive heraus ausmacht.

Für mich bringt Markards Zitat eines sehr deutlich auf den Punkt: Wer beruflich mit Menschen zu tun hat, der leistet immer Beziehungsarbeit. Und stabile Beziehungen bedürfen der Begegnung von Menschen als Subjekten auf Augenhöhe. Solche Beziehungen im Bildungskontext zu initiieren und zu pflegen, das ist mir ein Herzensanliegen.

Seit Beginn des Jahres 2018 arbeite ich als Eine-Welt-Promotorin für die Faire Schule in Brandenburg. Ich verstehe diese Arbeit als Begleitung der Schulentwicklung auf Augenhöhe. Mir geht es nicht darum, Schulen etwas aufs Auge zu drücken, etwa indem ich an ihre Pflicht appelliere, Globales Lernen umzusetzen, da es ja schließlich Bestandteil des Rahmenlehrplans ist. Nein, mir geht es vielmehr darum, gemeinsam eine Vision einer Schule zu entwerfen, die einen fairen Umgang miteinander pflegt, die globale und ökologische Verantwortung übernimmt und ihre Schülerinnen und Schüler dabei unterstützt, verantwortungsbewusste Entscheidungen für eine nachhaltige und chancengerechte Weltgesellschaft zu treffen. Und meine bisherige Erfahrung zeigt: Es gibt so viele Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, die sich mit viel Engagement bereits auf den Weg gemacht haben, ihre Schule im Sinne einer Fairen Schule zu entwickeln. Dieses Engagement zu bündeln, Schulen bei der Bewerbung um die Auszeichnung zu unterstützen und schlussendlich den Titel Faire Schule zu verleihen, das macht mich persönlich glücklich! 

Stephanie Günther ist Eine-Welt-Promotorin für Faire Schule in Brandenburg beim Diakonischen Werk Teltow-Fläming e.V.

*Quelle: Markard, Morus (2010): Kritische Psychologie. In: Mey, Günter, Mruck, Katia (Hrsg.): Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden, S. 174

Redaktionell verantwortlich: Ralf Dietrich, LISUM