Zitat April 2010

Zitat April 2010

Zitat April 2010

“The road to success is always under construction.”

(zit. nach: Andreas Müller: Wenn nicht ich, …? Und weitere unbequeme Fragen zum Lernen in Schule und Beruf; h.e.p.-Verlag, Bern 2002, S.69)

Es gibt für mich (mindestens) drei Gründe, diesem Zitat große Bedeutung beizumessen:

  1. Es bestimmt mein Handeln im Beruf und in meiner (bildungs-)politischen Haltung.
  2. Es konfrontiert mich immer wieder mit meiner eigenen Unzulänglichkeit und macht gleichzeitig Mut, nicht aufzugeben.
  3. Es findet sich als Handlungsmaxime in dem Schulkonzept, welches mir immer wieder Orientierung gibt: das Institut Beatenberg.

Ich fand es immer langweilig, zweimal dasselbe zu unterrichten – jede Situation ist neu, jede Lerngruppe ist anders. Das hat mich oft dazu ‚verführt‘, Neues auszuprobieren und das Alte wegzuwerfen, d.h. die Straße immer wieder neu zu bauen. Ich habe etliche Lehrerjahre damit verbracht, herauszufinden, wohin die Straße führen soll und welche Fundamente und Beläge das Fahren erleichtern. Die Klarheit, was aus meiner Sicht Erfolg (success) ist, hat sich im Laufe der Zeit immer deutlicher herausgeschält: Den Menschen, die uns anvertraut sind, die bestmöglichen Lernchancen zu bieten. Dabei meine ich nicht nur die Vermittlung von fachlichem Wissen (das m.E. oft überschätzt wird), sondern vor allem, jungen Menschen zu ermöglichen, selbständig zu werden und eine zuversichtliche Lebenshaltung zu entwickeln.

In meiner Rolle als Schulleiter geht es mir nun darum, die Strukturen und Haltungen zu fördern, die diesem Ziel dienlich sind. Ich setze auf Verantwortung und Vertrauen. Ich vertraue grundsätzlich darauf, dass Menschen bereit sind, zu lernen und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Ich bin allerdings nicht so naiv zu glauben, dass es nicht starke Gegenkräfte – auch in jedem von uns – gibt, die das behindern können.

Inzwischen bewahre ich das, was mir wichtig erscheint, als ‚Baumaterial‘ für neue Situationen. Das Fundament des Straßenbelages wird nicht immer ausgetauscht, die Strecke nicht dauernd verändert.
In meiner Rolle als Vorsitzender der GEW-Schulleitervereinigung halte ich es für unverantwortlich, ‚in Ruhe einfach weiter zu machen‘. Alleine das vorsorgliche Bauen von Brücken (das sind für mich die Strukturveränderungen) über zu erwartende Abgründe ist frühzeitig zu planen. Die Schulstrukturreform ist in diesem Sinne eine längst überfällige Naumaßnahme, die jetzt erst beginnt. Die Straße in die Bildungszukunft wird nie fertig gebaut sein, aber die immer noch vorhandenen Schlaglöcher sind unübersehbar: Die tiefsten sind aus meiner Sicht

  • die unzulängliche Bildungsgerechtigkeit,
  • der Umgang mit Menschen, die nicht den als normal erachteten Standards genügen,
  • sowie die mangelnde Effizienz unseres Bildungswesens.

Es ist für mich weiterhin unerträglich, dass in Deutschland die soziale Herkunft ausschlaggebend für den Bildungserfolg ist und Menschen mit ‚Behinderungen‘ vorzugsweise in dafür spezialisierte Einrichtungen abgeschoben werden. Aber auch die Erfolge unseres gegliederten Bildungswesens können dem internationalen Maßstab selten standhalten.

Es ist für mich tröstlich auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit und  Qualität, dass es Vorbilder gibt, die es sich anzustreben lohnt (z.B. das Institut Beatenberg) und die Gewissheit zu haben: ‚The road to success is always under construction‘.

Paul Schuknecht

Paul Schuknecht

  • geb. 1951, verheiratet, zwei Kinder
  • 1978 – 2004    Studienrat mit den Fächern Mathematik, Politische Wissenschaft und  Musik (seit 1985) an der Bettina-von Arnim-Oberschule in Berlin
  • 1990 – 2004    Fachleiter Mathematik; beauftragter Lehrer für den FB Musik
  • seit 2003    Trainer für ‚Selbstorganisiertes Lernen‘ [SOL]
  • 2003 - 2005    Fernstudium ‚Schulmanagement‘ in Kaiserslautern
  • 2003 – 2005    Referent im LISUM für das Fach Musik; Leiter der Rahmenlehrplankommissionen für Musik Sek I und II
  • 2004 – 2005     Referent im LISUM für Schulentwicklung
  • seit 2005    Leitung von Klärungsseminaren für Lehrer/innen, die Schulleitungsaufgaben übernehmen wollen; Gründer und Moderator des ‚Netzwerkes Berliner Schulleiter/innen‘
  • seit 2005    Schulleiter der Friedensburg-Oberschule
  • 2007 – 2008     Referent im Studiengang Schulmanagement der Universität Potsdam
  • 2007/08    Teilnahme am ‚Projekt Führungskräfte in Schulen‘ [PROFIS] der Stiftung deutsche Wirtschaft
  • 2007/08    Mitarbeit in der Projektgruppe ‚Qualitätsentwicklung für die Schulaufsicht‘ beim Senator für Bildung und Wissenschaft, Berlin
  • seit 2008    Referent in der regionalen Fortbildung Berlin für die ‚mittlere Führungsebene‘ (Teambildung) und Unterrichtsentwicklung (Selbstorganisiertes Lernen)
  • seit 2009    Lehrbeauftragter im Studiengang ‚Schulmanagement‘ der Universität Kaiserslautern
  • seit 2009    Vorsitzender der Vereinigung Berliner Schulleiter/innen in der GEW (VBS)

Hinweis

Die dargestellten Meinungsäußerungen in den Kommentaren zu den Zitaten des Monats widerspiegeln die Meinung des jeweiligen Autors und werden nicht vom Bildungsserver Berlin-Brandenburg inhaltlich verantwortet.

Redaktionell verantwortlich: Ralf Dietrich, LISUM