Gesundheitsgerechtigkeit

Die Bedeutung von Gesundheit als ein gesellschaftliches Problem ist durch COVID-19 schmerzlich in Erinnerung gerufen worden. Deutlich wurde dabei auch die Bedeutung struktureller Rahmenbedingungen - nicht zuletzt im städtischen Kontext. Die Lage und Größe der Wohnung, Stress auf der Arbeit, der Zugang zu professionellen Beratungen und sozialer Unterstützung oder auch die Möglichkeit zur Erholung sind häufig entscheidend für Fragen von Gesundheit und Wohlergehen. Eine besondere Rolle spielt dabei das sozial-räumliche Umfeld am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft. Einflussreich hat Rudolf Virchow eine solche sozialmedizinische Perspektive in seinem Bericht über die damals in Oberschlesien grassierenden Typhus-Epidemie geprägt. Krankheit, so Virchows Fazit, kann letztlich nur als ein soziales Problem angegangen werden. Die „logische Antwort […] wie man in Zukunft ähnliche Zustände, wie sie in Oberschlesien vor unsern [sic!] Augen gestanden haben, vorbeugen könne, ist also sehr leicht und einfach: Bildung mit ihren Töchtern Freiheit und Wohlstand.” (Virchow 1848, 169)[1]

Wichtig ist daher die geographisch wie sozial ungleiche Hervorbringung von Bedingungen für Gesundheit und die zentrale Bedeutung der Hierarchisierungen entlang von race, class und gender dabei. Solche sozial-ökologischen Ursachen von Gesundheit und Krankheit bleiben in dominanten ‚pathogen-zentrierten’ Konzeptionen allerdings systematisch ausgeblendet.

Die vorliegende Zusammenstellung von Unterrichtsmaterialien knüpft hier an. Heruntergebrochen auf drei konkrete Themen geht es jeweils darum, die soziale Gemachtheit von Gesundheit zum Thema zu machen. Dabei wurden vor allem Unterrichtsideen und Fallbeispiele mit einem Berliner Alltagsbezug gewählt.

Inhalt

Die Handreichungen liefern Material für die Gestaltung von Unterrichtseinheiten in der Sekundarstufe im Themenfeld Gesundheitsgerechtigkeit. Im Fokus steht insbesondere Urteils- und Methodenkompetenz an Beispielen zur Verschränkung von Gesellschaft, Raum und Umwelt. Die Materialien wurden durch Studierende der Sozialwissenschaften sowie der Geographie im Rahmen eines Projektkurses erarbeitet. Die Autor:innen der jeweiligen Materialpakete sind für die Inhalte selbst verantwortlich. Alle haben ihr Einverständnis gegeben, die Materialien auf dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg zu veröffentlichen. Kontakt für Rückfragen: Henning Füller (henning.fueller@~@geo.hu-berlin.de) und Henrik Lebuhn (henrik.lebuhn@~@sowi.hu-berlin.de).

Umfang

Die einzelnen Materialpakete dieser Zusammenstellung nutzen jeweils unterschiedliche Formate. Der Umfang reicht von einer einzelnen Unterrichtsstunde bis hin zu einem konzipierten Block über mehrere Wochen.

1. Mentale Gesundheit - Stress (pdf)
2. Barrierefreiheit (pdf)
3. Reproduktive Gerechtigkeit (pdf)

Die Ausarbeitung der einzelnen Themen umfasst unterschiedliche Elemente:

1. Vorschläge für einzelne Unterrichtseinheiten, z.B. für 45 Minuten oder 90 Minuten
2. Konzeption eines kleinen Projekts mit mehreren Unterrichtseinheiten
3. Materialsammlung mit Vorschlägen für Zugänge, Arbeitsweisen, Unterrichtsmethoden, Kompetenzentwicklung, etc.

Die Unterrichtskonzepte sind unterschiedlich detailliert ausgearbeitet. Es sind jeweils konkrete Aufgaben und Lösungsskizzen enthalten. Elemente sind beispielweise:

• Unterrichtsmaterialien (Karte, kleine Texte wie z.B. ein Zeitungsartikel, Link zu einem Videoclip, etc.)
• Vorschläge wie mit dem Material gearbeitet werden kann (zB Gruppenarbeit, Diskussion mit verteilten Rollen, Mapping, Exkursion, etc.)
• Zeit- und Arbeitsabläufe
• „Lösungsskizzen” => Was kann/sollte die Lehrkraft von den Schüler*innen erwarten

Literatur

[1] Virchow, Rudolf. 1848. „Mittheilungen über die in Oberschlesien herrschende Typhus-Epidemie“. Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin 2 (1): 1–184. https://doi.org/10.1515/9783111683898.