"New Economy: Neue Wirtschafts- und Arbeitsformen der Zukunft."

                    

 

Erfahrungsbericht zum Unterrichtsprojekt

Das Unterrichtsprojekt wurde im Februar/März 2001 an drei Montagen in der Zeit von 11.40-16.20 Uhr durchgeführt. Der 45-Minuten-Rhythmus wurde aufgelöst und Arbeitspausen nach abgeschlossenen Unterrichtsschritten und Bedarf gemacht. Nach der Einführungsstunde arbeiteten die drei Schüler-Studierenden-Gruppen selbständig an den einzelnen Themen. Dafür standen den Gruppen an der Voltaire-Schule und an der Universität Potsdam Arbeits- und Computerräume zur Verfügung. Die Arbeitsergebnisse der Gruppen wurden dann in einer Doppelstunde im Plenum präsentiert. Inhalt und Form der Präsentation wurden eigenverantwortlich durch die Schülergruppen vorbereitet, so dass Studierende, der Fachlehrer und die Dozentin sich auf eine offene Unterrichtsgestaltung im Plenum einstellen mussten. Zugleich wuchs aber auch die Neugier, welche Arbeitsergebnisse wie präsentiert werden. Insbesondere der studentische Moderator der Abschlussrunde würde eine hohe Verantwortung tragen, die themendifferenzierte Arbeit der Schülerinnen und Schüler unter der Fragestellung nach Wesen, Inhalt und Folgen der New Economy in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zusammenzuführen.

Die Gruppe „Arbeits- und Berufswelt in der New Economy“ präsentierte eine beschreibende Definition, was New Economy sei und vermittelte über einen Test, den die zuhörenden Schülerinnen und Schüler absolvieren mussten, berufliche Anforderungen an den Arbeitnehmer in der New Economy. Dann beschrieben die Schülerinnen ihre Arbeitsweise in der Gruppenarbeitsphase. Die inhaltlich interessanten Fragen des Themas, z. B. nach dem Wandel in der Arbeits- und Berufswelt, nach Neuem, aber auch nach Beständigem wurden nicht durch die Gruppe thematisiert und in der Klasse diskutiert.

Die Gruppe „Arbeit und Freizeit in der New Economy“ entschied sich für die Simulation eines Streitgespräches zwischen Zeitungsredakteuren der Financal Times und der Jungen Welt über soziale Folgen der New Economy. Die Argumente für das Streitgespräch sammelten die Schülerinnen und Schüler in den online-Archiven bzw. online-Ausgaben der entsprechenden Zeitungen. Die Gruppe informierte sachlich über Chancen und Risiken der mit der New Economy verbundenen sozialen Veränderungen. Alle Gruppenmitglieder beteiligten sich am Streitgespräch und nahmen in Rede und Gegenrede aufeinander Bezug.

Die dritte Gruppe beschäftigte sich mit Veränderungen in der Unternehmenswelt. Unter dem Titel „Die neue Old Economy“ analysierten einige Schülerinnen und Schüler, wie sich das bereits traditionelle Unternehmen HP auf die Anforderungen der New Economy einstellt. Dabei konnten sie sich auf  Informationen aus einem Telefon-Interview  mit einer PR-Mitarbeiterin und die Internet-Präsentation des Unternehmens sowie auf Pressemitteilungen über das Unternehmen stützen. Andere Schülerinnen und Schüler dieser Gruppe beschäftigten sich mit der Online-Firma AMAZON, die exemplarisch für New Economy-Unternehmen stehen. Die Arbeitsergebnisse der Gruppe wurden in einer Power-Point-Präsentation durch zwei Schüler präsentiert, die auch den größten Anteil an der inhaltlichen und technischen Fertigstellung der Präsentation hatten. Das Arbeitsergebnis der Gruppe beeindruckte, sprengte allerdings den zeitlich vorgegebenen Rahmen, so dass zu wenig Zeit für eine abschließende inhaltliche Diskussion, die die drei Projekte unter den am Beginn gestellten Fragen zur New Economy beleuchtete und eine verallgemeinernde Zusammenfassung ermöglichte. Zugleich waren die studentischen Moderatoren noch zu unerfahren in ihrer Rolle.

Im Zusammenhang mit der Power-Point-Präsentation entbrannte unerwartet eine kontroverse Diskussion unter den Schülerinnen und Schülern, ob die Selbstdarstellungen von Unternehmen, die der Werbung und Außendarstellung dieser Unternehmen dienen, als Quelle für die Arbeit der Gruppe genutzt werden sollten oder nicht. Erstens wurde darauf verwiesen, dass die Materialien des Unternehmens sicherlich parteilich seien, zweitens wurde der Gruppe vorgeworfen, sie sei wenig kreativ gewesen, weil sie einfach Sequenzen aus der Internet-Präsentation der Unternehmen additiv, ohne eigene Konzeption übernommen hätten. Dieses Diskussionsangebot der Schülerinnen und Schüler eröffnete die Chance, noch einmal auf Erfahrungen mit der Internet-Recherche einzugehen und auf die Notwendigkeit der Quellenkritik bei den Rechercheergebnissen zu verweisen. Zum anderen konnte verdeutlicht werden, dass in der heutigen und zukünftigen Unternehmenswelt Traditionelles, neues Traditionelles und Neues nebeneinander besteht bzw. bestehen wird. Dieser Gedanke bildete auch die konzeptionelle Grundlage der Power-Point-Präsentation.

Die Arbeit im Plenum endete mit einer Reih-um-Runde. Schülerinnen, Schüler und Studierende äußerten sich zu Inhalt und Methode des gemeinsamen Unterrichtsprojektes. Begrüßt wurde die themendifferenzierte Arbeit  in Kleingruppen. Das eröffnete unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema, teilweise interessengeleitetes Arbeiten. Die unterschiedlichen Präsentationen der einzelnen Gruppen wurden als inhaltliche und methodische Bereicherung des Unterrichts erfahren. Die geplante Stoff-Zeit-Relation für das Projekt war aus der Sicht der meisten Beteiligten angemessen.

Die Studierenden, der Fachlehrer und die Dozentin fühlten sich durch diese Rückmeldung darin bestätigt, dass die Konzeption des Unterrichtsprojektes durchaus tragfähig ist. Die Durchführung des Unterrichtsprojektes offenbarte aber auch Problematisches sowohl in dessen Planung, als auch in der Umsetzung.

  1. Die einführende und die abschließende Stunde im Plenum haben für die Orientierung der Schülerinnen und Schüler bzw. für das Systematisieren der themendifferenzierten Arbeitsergebnisse eine zentrale Bedeutung. Die Lehrperson bzw. der Moderator hat eine große Verantwortung, auf die er im Vorfeld inhaltlich und methodisch gut vorbereitet werden muss bzw. sich selbst auch vorbereiten muss. 

  2. Die Recherchen im Internet sind zeitaufwendig. Sie müssen so vorbereitet werden, dass die Schülerinnen und Schüler im vorgegebenen Zeitrahmen auch zu sinnvollen Ergebnissen kommen können. Dass setzt voraus, dass die Lehrenden über nützliche Adressen Bescheid wissen und bei Bedarf auch an die Schülerinnen und Schüler weitergeben. Zu kurz kamen Reflektionen über das Vorgehen bei der Informationssuche und die Bewertung von Suchergebnissen.

  3. Die fachwissenschaftliche Fundierung in Bezug auf den Wandel der Berufs- und Arbeitswelt in der New Economy war bei den betreffenden Studierenden unzureichend. Bei einer stärkeren Nachfrage im Planungsprozess hätte dieses Manko auffallen müssen. Die Studierenden konnten den Schülerinnen und Schülern zu wenig inhaltliche Anregungen zum Thema geben bzw. die Schülerinnen und Schüler dazu anleiten, sich diesen fachlichen Hintergrund zu erarbeiten. Methode ohne Inhalt ist zu wenig. Dahinter steckt sicherlich das Problem einer didaktische durchdachten Verwendung von Methoden und Medien, auch neuer Medien, deren Einsatz an sich nicht schon Lerneffekte frei setzt. Das spürten die Schülerinnen und Schüler selbst. Sie blieben bei der Präsentation auf dem Niveau des bereits vorhandenen Alltagswissens und berichteten über die Arbeitsweise ihrer Gruppe. Teilweise empfanden sie die Gruppenarbeitsphase zu langweilig  und zu lang. Die betreffende Unterrichtssequenz sollte unbedingt inhaltlich und methodisch überarbeitet werden. Die beiden anderen Sequenzen zur Gruppenarbeit könnten durchaus  durch Andere nachgenutzt werden.

  4. Planen und Unterrichten im Team wurde als Gewinn erfahren. Mehr Sicherheit, gegenseitige Hilfe, Vielfalt der Ideen zur inhaltlichen und methodischen Arbeit wurden durch die Studierenden wurden als positive Erfahrungen hervorgehoben. Teamarbeit kostet allerdings mehr Zeit und einen höheren Koordinationsaufwand. Das sollte im Studien- und Schulalltag berücksichtigt werden, indem mehr Freiräume für Teamarbeit geschaffen werden.

  5. Offenheit von Unterrichtssituationen erfordert eine gründliche inhaltliche und methodische Vorbereitung seitens der Lehrpersonen, damit sie kompetente Berater und Moderatoren der selbständig arbeitenden Schülerinnen und Schüler sein können.

Trotz dieser Probleme sind gemeinsame Unterrichtsprojekte von Schule und Universität von beiden Seiten als Bereicherung erfahren worden und sollen fortgesetzt werden.