Kompetenzentwicklung

Naturwissenschaftliche Bildung als wesentlicher Bestandteil von Allgemeinbildung ist notwendige Voraussetzung für eine aktive Gestaltung von technischen, gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen. Naturwissenschaftliche Strategien und Kompetenzen sind die entscheidenden Grundlagen der modernen Wertschöpfung und stellen somit die Basis für viele hochqualifizierte Berufsfelder der Gegenwart und der Zukunft dar.

Der Physikunterricht in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 leistet im Rahmen der naturwissenschaftlichen Bildung folgende Beiträge:

  • Die Schülerinnen und Schüler nehmen die Natur unter physikalischen Aspekten wahr. Sie beschreiben und erklären physikalische Phänomene, kommunizieren über physikalische Sachverhalte und sind in der Lage, auf der Grundlage von physikalischem Wissen persönlich, sachbezogen und kritikoffen Stellung zu beziehen.
  • Die Schülerinnen und Schüler erkennen die Physik als theoriegeleitete Erfahrungswissenschaft. Dabei besitzen auch das Formalisieren und das Mathematisieren physikalischer Sachverhalte einen wachsenden Stellenwert. Hierdurch wird die Entwicklung abstrakten und funktionalen Denkens gefördert.
  • Die Schülerinnen und Schüler wenden physikalische Methoden an, die auch in lebensweltlichen Zusammenhängen von Bedeutung sind, wie z. B. das Aufstellen und das Prüfen von Hypothesen und das Experimentieren.
  • Die Schülerinnen und Schüler erwerben grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihnen das Verstehen und Beherrschen physikalisch-technischer Geräte und Systeme in der Alltagswelt ermöglichen bzw. erleichtern.

Zudem leistet der Physikunterricht als Teil der naturwissenschaftlichen Bildung einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger, z. B. bei Technik-Folgen-Abschätzungen, bei Richtungsentscheidungen über grundlegende Fragen zur technischen Nutzung physikalischer Erkenntnisse und über den Einsatz von Ressourcen für die physikalische und technische Forschung.

Lernprozesse finden in situativen Sinn- und Sachzusammenhängen statt. Dabei sollen Kontexte aufgegriffen werden, die an die Alltagserfahrungen der Lernenden anknüpfen und die für Schülerinnen und Schüler gleichermaßen interessant sind.

Die digitalen Medien stellen eine Komponente der für den Unterricht verfügbaren Medien dar. Bei der Planung des Unterrichts werden diejenigen Medien ausgewählt, mit denen in bestimmten Unterrichtssituationen die jeweiligen Lernziele am besten erreicht werden können. Der Computer wird vorzugsweise dann eingesetzt, wenn ein Mehrwert gegenüber dem Einsatz anderer Medien offensichtlich zu erwarten ist.

Die Schülerinnen und Schüler erfahren die Vorteile des Hilfsmittels Computer für die Bearbeitung physikalischer Fragestellungen. Bei den Schülerinnen und Schülern sind allgemeine Kompetenzen, die auch in anderen Fächern eine Rolle spielen, aufzugreifen und weiter zu entwickeln, z. B. physikalisches Wissen mithilfe geeigneter Softwarewerkzeuge zu präsentieren sowie zielgerichtet Informationen mithilfe von Internetdiensten zu beschaffen. Daneben bietet der Physikunterricht weitere Möglichkeiten der Entwicklung spezieller Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie das Erfassen von Messdaten mithilfe von Messinterfaces, das Auswerten von Messdaten mit Tabellenkalkulationssoftware und das Arbeiten mit Computersimulationen zur Veranschaulichung von Phänomenen und Zusammenhängen.

Das Lernen der Schülerinnen und Schüler im Fach Physik knüpft an die im Fach Natur­wissenschaften 5/6 erworbenen Kompetenzen an.

Naturwissenschaftliches Arbeiten erfolgt unabhängig von der speziellen Fachrichtung nach den gleichen grundlegenden Prinzipien. Daher weisen die im Fach Physik und die in den anderen naturwissenschaftlichen Fächern zu erwerbenden Kompetenzen große Gemeinsamkeiten auf.

Um diese Gemeinsamkeiten zu verdeutlichen und Anhaltspunkte für fachübergreifendes und fächerverbindendes Arbeiten aufzuzeigen, sind nachfolgend die Kompetenzen für die naturwissenschaftlichen Fächer gemeinsam beschrieben.

Mit Fachwissen umgehen

Die Schülerinnen und Schüler erwerben Kompetenzen in der Auseinandersetzung mit fachlichen Fragestellungen und Inhalten. Dabei erfordern die Breite der Naturwissenschaften, ihr Wissensstand und ihre Dynamik eine Reduktion auf wesentliche naturwissenschaftliche Inhalte und ein exemplarisches Vorgehen.

Bei der Kompetenzentwicklung im Physikunterricht spielen die Basiskonzepte Materie, Wechselwirkung, System und Energie eine wichtige Rolle.

Basiskonzepte sind grundlegende Leitideen, mit denen die Inhalte des Faches strukturiert werden können. Sie ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, neu erworbenes mit bekanntem Wissen zu verknüpfen und einzuordnen und unterstützen so die Systematisierung des eigenen Wissens. Dabei erheben die genannten Basiskonzepte nicht den Anspruch, das Fachwissen vollständig abzubilden. In der Abbildung sind wichtige Aspekte der vier Basiskonzepte aufgeführt.

Basiskonzepte der Physik

Ihre systematisierende Funktion können Basiskonzepte erst dann entfalten, wenn zuvor im Unterricht in lebensnahen und problemorientierten Kontexten die mögliche Anwendung des Wissens gelernt wurde. Das bedeutet, dass situiertes und systematisches Lernen gleichermaßen eine wesentliche Voraussetzung für den Erwerb intelligenten und flexiblen Wissens darstellen.

Mithilfe des erworbenen Grundwissens verfolgen und bewerten die Schülerinnen und Schüler naturwissenschaftliche Problemfelder in gesellschaftlichen Zusammenhängen und Diskussionen. Dieses Grundwissen ist außerdem Basis für eine Vertiefung naturwissenschaftlicher Bildung in weiterführenden Bildungsgängen.

Erkenntnisse gewinnen

Die Naturwissenschaften nutzen als grundlegende wissenschaftsmethodische Verfahren die Beobachtung, den Vergleich, das Experiment sowie die Modellbildung. Die Schülerinnen und Schüler beobachten und beschreiben Phänomene, formulieren Fragestellungen und stellen Hypothesen auf. Sie planen ihr Vorgehen und erschließen sachgerechte Informationen mithilfe entsprechender Untersuchungs- sowie Recherchemethoden. Sie wenden dabei fachspezifische und allgemeine naturwissenschaftliche Arbeitstechniken an: Zurückführen auf und Einordnen in bereits Bekanntes, Systematisieren, Vergleichen, Aufstellen von Hypothesen, Experimentieren. Die Lernenden werten gewonnene Daten bzw. Ergebnisse aus, überprüfen Hypothesen und beantworten die Fragestellungen.

Modelle und Modellbildung kommen im naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozess besonders dann zur Anwendung, wenn komplexe Phänomene bearbeitet oder veranschaulicht werden müssen. Die Lernenden verwenden ein Modell als eine idealisierte oder generalisierte Darstellung eines existierenden oder gedachten Objekts, Systems oder Prozesses. Die Auswahl eines geeigneten Modells unter Beachtung der Fragestellung und das kritische Reflektieren des Modells sind bedeutsamer Teil der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung.

Kommunizieren

Die Fähigkeit zu adressatengerechter und sachbezogener Kommunikation unter Einbeziehung geeigneter Medien ist ein wesentlicher Bestandteil naturwissenschaftlicher Grundbildung. Dazu ist eine sachgemäße Verknüpfung von Alltags- und Fachsprache erforderlich.

In ihrer Lebenswelt begegnen den Schülerinnen und Schülern Phänomene, die sie sich und anderen aufgrund ihrer Kenntnisse in den Fächern Physik, Biologie und Chemie unter Nutzung der Fachsprache erklären können. In der anzustrebenden Auseinandersetzung erkennen sie die Zusammenhänge, suchen Informationen und werten diese aus. Dazu ist es notwendig, dass sie die entsprechende Fachsprache verstehen, korrekt anwenden und ggf. in die Alltagssprache umsetzen.

Die Schülerinnen und Schüler stellen ihre Position fachbezogen dar, durchdenken sie, finden Argumente oder revidieren ggf. ihre Auffassung aufgrund der vorgetragenen Einwände.

Bewerten

Naturwissenschaftliches Denken und Arbeiten tragen wesentlich zum Verständnis und zur Bewertung naturwissenschaftlicher, technischer und gesellschaftlicher Entscheidungen bei. Sie sind Teil einer zukunftsorientierten Allgemeinbildung.

Die gezielte Auswahl von Kontexten ermöglicht es den Lernenden, naturwissenschaftliche Kenntnisse auf neue Fragestellungen zu übertragen, Probleme in realen Situationen zu erfassen, Interessenkonflikte auszumachen, mögliche Lösungen zu erwägen und deren Konsequenzen zu diskutieren. Bei der Betrachtung gesellschaftsrelevanter Themen aus unterschiedlichen Perspektiven erkennen die Schülerinnen und Schüler, dass Problemlösungen von Wertentscheidungen abhängig sind. Sie prüfen Argumente auf ihren sachlichen und ideologischen Anteil und treffen Entscheidungen sachgerecht, selbstbestimmt und verantwortungsbewusst.

Sie differenzieren nach biologisch, chemisch und physikalisch belegten, hypothetischen oder nicht naturwissenschaftlichen Aussagen in Texten und Darstellungen und kennen die Grenzen der naturwissenschaftlichen Sichtweise.

Weitere Hinweise zu den Kompetenzbereichen

Für den Kompetenzbereich Mit Fachwissen umgehen sind im Kapitel 2.1 für die jeweiligen naturwissenschaftlichen Fächer fachspezifische Standards formuliert. Die Standards orientieren sich an den Basiskonzepten des jeweiligen Faches, ohne diese jedoch vollständig abzubilden.

Für die Kompetenzbereiche Erkenntnisse gewinnen (Kapitel 2.2), Kommunizieren (Kapitel 2.3) und Bewerten (Kapitel 2.4) sind gemeinsame Standards für die Fächer Naturwissenschaften 7 – 10 und Biologie, Chemie, Physik in ihrer Progression angegeben.

Die Standards des Kompetenzbereiches Erkenntnisse gewinnen beschreiben die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler, aus Beobachtungen oder Modellen Daten zu gewinnen, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und dabei auch die Grenzen der Aussagefähigkeit zu erfassen. Die Kompetenzentwicklung zeigt sich im Grad der Selbstständigkeit bei der Aneignung naturwissenschaftlicher Erkenntnismethoden.

Bei den Standards des Kompetenzbereiches Kommunizieren wurden neben den KMK-Standards für den Mittleren Schulabschluss der Fächer Biologie, Chemie und Physik auch die Standards des Basiscurriculums Sprachbildung berücksichtigt.

Die drei Teilbereiche des Kompetenzbereiches Bewerten werden auf der Grundlage der KMK-Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss und unter Berücksichtigung des Basiscurriculums Medienbildung fachübergreifend dargestellt. Das Wissen über nachhaltige Entwicklung bildet das Fundament für den Erwerb der Kompetenzen der drei Teilbereiche beim Bewertungsprozess.

Redaktionell verantwortlich: Boris Angerer, LISUM