Kompetenzentwicklung
Der Wahlpflichtunterricht Naturwissenschaften 7 – 10 ermöglicht den Schülerinnen und Schülern eine Kompetenzentwicklung im Hinblick auf eine vertiefte naturwissenschaftliche Grundbildung. Darunter versteht man die Beschreibung und Erklärung von Phänomenen, die Nutzung der Sprache und der fachspezifischen Methoden der Erkenntnisgewinnung der Naturwissenschaften. Dazu gehört auch das naturwissenschaftlich-praktische Arbeiten, welches eine analytische und rationale Betrachtung der Umwelt der Schülerinnen und Schüler ermöglicht.
Die Gemeinsamkeiten der naturwissenschaftlichen Sicht auf die Welt bilden das Ziel des integrierten naturwissenschaftlichen Unterrichts. Dazu gehören:
Naturwissenschaftliche Theorien
- Phänomene sind mit Theorien erklärbar, dabei ist das Wissen vorläufiges Wissen.
- Erkenntnisse werden so gewonnen, dass jeder einzelne Schritt prinzipiell nachvollziehbar ist, dadurch wird es durch andere überprüfbar.
Gemeinsame Untersuchungsmethoden
- Beobachten, Klassifizieren, Erheben von Messdaten, Schlussfolgern, Variieren von Variablen, Entwickeln von Modellen etc.
Stellung der Naturwissenschaften
- Sie sind gesellschaftlich bedeutsam.
- Sie haben bestimmte Kommunikationsstrukturen.
- Sie streben gemeinsame ethische Maßstäbe, zu denen auch die Nachhaltigkeit gehört, an.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln Kompetenzen, mit deren Hilfe sie naturwissenschaftliche Untersuchungen durchführen, die Probleme unter Verwendung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden lösen, über naturwissenschaftliche Themen kommunizieren und auf der Grundlage der Kenntnis naturwissenschaftlicher Zusammenhänge Entscheidungen verantwortungsbewusst treffen und reflektieren.
Nachhaltigkeit im Sinne eines schützenden, ressourcenschonenden und Folgeschäden minimierenden Umgangs mit der Umwelt ist ein zentrales Kriterium für die kritische Betrachtung gesellschaftlichen Handelns und somit Bestandteil relevanter Bildung.
Globale Herausforderungen, wie die nachhaltige Versorgung der Menschheit mit Energie, Rohstoffen und Nahrung prägen die Zukunft der Menschheit. Es wird daher wesentlich davon abhängen, mit welcher Denkweise der Mensch sein individuelles Handeln weiterentwickelt und die Beziehung zur Natur nachhaltig verändert. Nachhaltiges Denken und Handeln sind wesentliche Aufgaben des naturwissenschaftlichen Unterrichts und erweitern die Anbahnung von Kompetenzen zur nachhaltigen Gestaltung einer globalen Gesellschaft.
Die Schülerinnen und Schüler nutzen die Denk- und Arbeitsweisen eines naturwissenschaftlichen Faches, um zu erkennen, dass viele Schlüsselprobleme der Menschheit, wie Energieversorgung und Umgang mit Rohstoffen, nur interdisziplinär lösbar sind. Ein integrativer Ansatz soll somit den späteren interdisziplinären Anforderungen in Beruf und Studium gerecht werden. Deshalb zielt der Unterricht in den Naturwissenschaften im Sinne einer Berufsorientierung auch auf eine Thematisierung entsprechender naturwissenschaftlicher und technischer Inhalte in der Berufswelt sowie auf die Tätigkeitsfelder ausgewählter Berufe.
Ein naturwissenschaftlicher Unterricht zeichnet sich auch dadurch aus, dass er sprachsensibel und sprachintensiv gestaltet wird. Das Erwerben, Festigen und Vertiefen der bildungssprachlichen Kompetenzen ist in besonderer Weise für Bildungserfolge relevant, da diese das Fundament jedes spezifischen Kompetenzerwerbs sind. Schülerinnen und Schüler werden grundlegend befähigt, Texte zu rezipieren, zu produzieren und letztlich zu reflektieren. Die erwartete fachliche, aber auch sprachliche Schülerleistung wird durch die Operatoren klar ausgewiesen. Das Produzieren von Texten und das Präsentieren von Arbeitsergebnissen auf Basis der Fachsprache ist Ziel allgemeiner, wie auch fachspezifischer Sprachförderung. Sprachliche und fachliche Verständnisprobleme werden identifiziert sowie bei der Gestaltung des Unterrichts, der Unterrichtsmaterialien, aber auch bei der Schulorganisation berücksichtigt.
Digitale Medien erlauben neue Formen der Kommunikation und verändern Lernprozesse. Den Lernenden wird, am Beispiel fachspezifischer Einsatzmöglichkeiten, eine grundlegende Bildung vermittelt, durch die aktive Teilhabe an der Medien- und Wissenschaftsgesellschaft möglich ist. Umfassende Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation.
Der Unterricht im Fach Naturwissenschaften 7 – 10 berücksichtigt neben der objektivierbaren Erfahrungswelt die subjektive Erlebniswelt der Schülerinnen und Schüler. Dies erleichtert auch die Diagnose und Prävention von Fehlkonzepten. Lernen findet deshalb in situativen Sinn- und Sachzusammenhängen, den Kontexten, statt, die die Interessen von Schülerinnen und Schülern gleichermaßen einbeziehen.
Der integrierte naturwissenschaftliche Unterricht vernetzt grundlegende naturwissenschaftliche Konzepte. Das Nutzen der Gemeinsamkeiten der Fächer Biologie, Chemie und Physik führt zu einem vertieften Verständnis der fachlichen Zusammenhänge und Bezüge. Die im Fachunterricht der naturwissenschaftlichen Fächer erworbenen zentralen Kompetenzen werden im Wahlpflichtunterricht Naturwissenschaften 7 – 10 systematisch vernetzt, erweitert, vertieft und gefestigt.
Praxis- und Alltagsnähe sowie die typischen naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen sollen hierbei immer im Mittelpunkt eines möglichst selbstständigen Handelns der Schülerinnen und Schüler stehen.
Naturwissenschaftliches Arbeiten erfolgt unabhängig von der speziellen Fachrichtung nach den gleichen grundlegenden Prinzipien. Daher weisen die im Fach Naturwissenschaften 7 – 10 und die in den anderen naturwissenschaftlichen Fächern zu erwerbenden Kompetenzen große Gemeinsamkeiten auf.
Um diese Gemeinsamkeiten zu verdeutlichen und Anhaltspunkte für fachübergreifendes und fächerverbindendes Arbeiten aufzuzeigen, sind nachfolgend die Kompetenzen für die naturwissenschaftlichen Fächer gemeinsam beschrieben.
Kompetenzen in diesen vier Bereichen (Mit Fachwissen umgehen, Erkenntnisse gewinnen, Kommunizieren, Bewerten) ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern, die natürliche und kulturelle Welt zu verstehen und zu erklären. Inhalts- und handlungsbezogene Kompetenzen können nur gemeinsam erworben werden. Als Resultat entwickeln sich naturwissenschaftliche Kompetenzen.
Mit Fachwissen umgehen
Die Schülerinnen und Schüler erwerben Kompetenzen in der Auseinandersetzung mit fachlichen Fragestellungen und Inhalten. Die Breite der Naturwissenschaften, ihr Wissensstand und ihre Dynamik erfordern für den naturwissenschaftlichen Unterricht eine Reduktion auf wesentliche naturwissenschaftliche Inhalte und ein exemplarisches Vorgehen.
Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten die Inhalte auf der Grundlage von miteinander vernetzten Basiskonzepten. Diese dienen der Strukturierung und Systembildung und legen die Grundlagen für das Verständnis von naturwissenschaftlichen Phänomenen und Zusammenhängen.
Die Lernenden zeigen naturwissenschaftliche Handlungsfähigkeit, wenn sie bei der Bearbeitung naturwissenschaftlicher Fragestellungen flexibel die Systemebenen wechseln (vertikaler Perspektivwechsel) und unterschiedliche naturwissenschaftliche Perspektiven innerhalb einer Naturwissenschaft und zwischen den unterschiedlichen Naturwissenschaften einnehmen (horizontaler Perspektivwechsel). Beim Aufbau von vernetztem Wissen entwickeln die Lernenden in besonderem Maße systemisches und multiperspektivisches Denken. Basiskonzepte ermöglichen den Schülerinnen und Schülern auch deshalb eine interdisziplinäre Vernetzung von Wissen, weil die Lernenden in den drei Fächern Biologie, Chemie und Physik vergleichbare Strukturierungselemente benutzen.
Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich ein strukturiertes naturwissenschaftliches Grundwissen. Mit dessen Hilfe verfolgen und bewerten sie naturwissenschaftliche Problemfelder in gesellschaftlichen Zusammenhängen und Diskussionen. Dieses Grundwissen ist außerdem Grundlage für die weitere Vertiefung naturwissenschaftlicher Bildung.
Beziehungsstruktur naturwissenschaftlicher Basiskonzepte
Im Fach Naturwissenschaften 7 – 10 können die gemeinsamen Charakteristika der Naturwissenschaften Biologie, Chemie und Physik durch Berücksichtigung der Überschneidungen der Basiskonzepte sichtbar gemacht werden.
Diese Überschneidungen, die auf enge Zusammenhänge hindeuten, sind für fachübergreifende naturwissenschaftliche Betrachtungen von besonderer Bedeutung:
- System-Konzepte in der Biologie und Physik, aber auch in Technik und Wirtschaft, im Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik,
- Energie-Konzepte in der Chemie und Physik, indirekt auch in der Biologie (Energieflüsse, Ökosysteme),
- Konzepte, denen der Aufbau der Materie zugrunde liegt (Stoff-Teilchen-Konzept der Chemie, Materie-Konzept der Physik),
- Konzepte, in denen Wechselwirkungen eine Rolle spielen (Struktur-Funktions-Konzept der Biologie, Struktur-Eigenschafts-Konzept der Chemie, Wechselwirkungs-Konzept der Physik),
- Entwicklungs-Konzepte im Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik, aber auch in der Biologie.
Erkenntnisse gewinnen
Die Naturwissenschaften nutzen als grundlegende wissenschaftsmethodische Verfahren die Beobachtung, den Vergleich, das Experiment sowie die Modellbildung. Dies geschieht im Unterricht vorwiegend im Rahmen der problemorientierten Methode, die sich an naturwissenschaftlicher Arbeit orientiert. Die Schülerinnen und Schüler beobachten und beschreiben Phänomene, formulieren Fragestellungen und stellen Hypothesen auf. Sie planen ihr Vorgehen und erschließen sachgerechte Informationen mithilfe entsprechender Untersuchungs- sowie Recherchemethoden. Sie wenden dabei fachspezifische und allgemeine naturwissenschaftliche Arbeitstechniken an: Zurückführen auf und Einordnen in bereits Bekanntes, Systematisieren, Vergleichen, Aufstellen von Hypothesen, Experimentieren. Die Lernenden
werten gewonnene Daten bzw. Ergebnisse aus, überprüfen Hypothesen und beantworten die Fragestellungen.
Modelle und Modellbildung kommen im naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozess besonders dann zur Anwendung, wenn komplexe Phänomene bearbeitet oder veranschaulicht werden müssen. Lernende verwenden ein Modell als eine idealisierte oder generalisierte Darstellung eines existierenden oder gedachten Objektes, Systems oder Prozesses. Die Auswahl eines geeigneten Modells unter Beachtung der Fragestellung und das kritische Reflektieren des Modells sind bedeutsamer Teil der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung.
Kommunizieren
Die Fähigkeit zu adressatengerechter und sachbezogener Kommunikation unter Einbeziehung geeigneter Medien ist ein wesentlicher Bestandteil naturwissenschaftlicher Grundbildung. Dazu ist eine sachgemäße Verknüpfung von Alltags- und Fachsprache erforderlich.
In ihrer Lebenswelt begegnen den Schülerinnen und Schülern Phänomene, die sie sich und anderen aufgrund ihrer Biologie-, Chemie- und Physikkenntnisse unter Nutzung der Fachsprache erklären können. In der anzustrebenden Auseinandersetzung erkennen sie die Zusammenhänge, suchen Informationen und werten diese aus. Dazu ist es notwendig, dass sie die entsprechende Fachsprache verstehen, korrekt anwenden und ggf. in die Alltagssprache übersetzen. Ergebnisse bzw. erarbeitete Teillösungen werden anderen mitgeteilt. Die Schülerinnen und Schüler stellen ihre Position unter Orientierung auf das Fach dar, reflektieren sie, finden Argumente oder revidieren ggf. ihre Auffassung aufgrund der vorgetragenen Einwände. Kommunikation ist Methode und Ziel des Lernens gleichermaßen.
Bewerten
Das Heranziehen biologischer, chemischer und physikalischer Denkmethoden und Erkenntnisse zum Verständnis und zur Bewertung naturwissenschaftlicher, technischer und gesellschaftlicher Entscheidungen ist Teil einer zeitgemäßen Allgemeinbildung.
Durch die Auswahl geeigneter Sachverhalte können die Schülerinnen und Schüler Vernetzungen der einzelnen Naturwissenschaften in Alltag, Umwelt und Wissenschaft erkennen. Die gezielte Auswahl von Kontexten ermöglicht es den Lernenden, naturwissenschaftliche Kenntnisse auf neue Fragestellungen zu übertragen, Probleme in realen Situationen zu erfassen, Interessenkonflikte auszumachen, mögliche Lösungen zu erwägen und deren Konsequenzen zu diskutieren. Bei der Betrachtung gesellschaftsrelevanter Themen aus unterschiedlichen Perspektiven erkennen die Schülerinnen und Schüler, dass Problemlösungen von Wertentscheidungen abhängig sind. Sie prüfen Argumente auf ihren sachlichen und ideologischen Anteil und treffen Entscheidungen sachgerecht, selbstbestimmt und verantwortungsbewusst.
Sie differenzieren nach biologisch, chemisch und physikalisch belegten, hypothetischen oder nicht naturwissenschaftlichen Aussagen in Texten und Darstellungen und kennen die Grenzen der naturwissenschaftlichen Sichtweise.
Weitere Hinweise zu den Kompetenzbereichen
Für den Kompetenzbereich Mit Fachwissen umgehen sind im Kapitel 2.1 für die jeweiligen naturwissenschaftlichen Fächer fachspezifische Standards formuliert. Die Standards orientieren sich an den Basiskonzepten des jeweiligen Faches, ohne diese jedoch vollständig abzubilden.
Für die Kompetenzbereiche Erkenntnisse gewinnen (Kapitel 2.2), Kommunizieren (Kapitel 2.3) und Bewerten (Kapitel 2.4) sind gemeinsame Standards für die Fächer Naturwissenschaften 7 – 10 und Biologie, Chemie, Physik in ihrer Progression angegeben.
Die Standards des Kompetenzbereiches Erkenntnisse gewinnen beschreiben die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler, aus Beobachtungen oder Modellen Daten zu gewinnen, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und dabei auch die Grenzen der Aussagefähigkeit zu erfassen. Die Kompetenzentwicklung zeigt sich im Grad der Selbstständigkeit bei der Aneignung naturwissenschaftlicher Erkenntnismethoden.
Bei den Standards des Kompetenzbereiches Kommunizieren wurden neben den KMK-Standards für den Mittleren Schulabschluss der Fächer Biologie, Chemie und Physik auch die Standards des Basiscurriculums Sprachbildung berücksichtigt.
Die drei Teilbereiche des Kompetenzbereiches Bewerten werden auf der Grundlage der KMK-Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss und unter Berücksichtigung des Basiscurriculums Medienbildung fachübergreifend dargestellt. Das Wissen über nachhaltige Entwicklung bildet das Fundament für den Erwerb der Kompetenzen der drei Teilbereiche beim Bewertungsprozess.
Amtliche Fassung (pdf-Datei) Hinweise zur RLP-Einführung
Redaktionell verantwortlich: Boris Angerer, LISUM