Kompetenzentwicklung

Die Chemie ist die Naturwissenschaft, die sich mit der Untersuchung und Beschreibung von Stoffen und deren chemischen Reaktionen als Einheit aus Stoff- und Energieumwandlung, Teilchenveränderungen und Umbau chemischer Bindungen beschäftigt.

Die Chemie trägt dazu bei, gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen der Menschheit unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu bewältigen. Dazu gehören eine ausreichende Ernährung aller Menschen, die effektive Nutzung von Energie, der verantwortungsvolle Umgang mit Wertstoffen, die Verbesserung der Lebensqualität unter Beachtung ökologischer Grundsätze, die Entwicklung von Medikamenten und vieles andere mehr.

Der Chemieunterricht ermöglicht das Verstehen chemischer Sachverhalte und das Entwickeln von naturwissenschaftlichen Basisqualifikationen, die Grundlage für anschlussfähiges lebenslanges Lernen sind. Eine wichtige Komponente des Chemieunterrichts ist die Studien- bzw. Berufsorientierung.

Die Schülerinnen und Schüler erhalten im naturwissenschaftlichen Unterricht, aber auch in außerunterrichtlichen Angeboten, Einblicke in die Wissenschafts-, Wirtschafts-, Arbeits- und Berufswelt. Damit werden den Schülerinnen und Schülern vielfältige Möglichkeiten geboten, Berufe, Ausbildungswege und Studiengänge kennenzulernen.

Der Chemieunterricht wird sprachsensibel gestaltet, d. h., er ist grundsätzlich auf fachliche Kommunikation hin ausgerichtet. Damit die Lernenden sprachliche Standardsituationen im Fachunterricht bewältigen, wird das sprachliche und fachliche Selbstkonzept gestärkt, indem sprachliche Misserfolge vermieden werden. Die Lernenden erhalten Gelegenheit, tragfähige Grundvorstellungen von chemischen Begriffen und Methoden zu entwickeln, die einen verständigen Umgang mit ihnen in den Darstellungsebenen des Chemieunterrichts (gegenständliche, bildliche, sprachliche, symbolische und mathema­tische) ermöglichen. Der Erwerb der Bildungssprache in den jeweiligen Sprachhandlungsbereichen des Fachunterrichts (Hörverstehen, Leseverstehen, Sprechen, Schreiben, Interaktion) ist Voraussetzung für Kommunikation im Chemieunterricht sowie Kommunikation über die gesellschaftliche Bedeutung der Fachwissenschaft Chemie.

Der Chemieunterricht berücksichtigt neben der objektivierbaren Erfahrungswelt die subjektive Erlebniswelt der Schülerinnen und Schüler. Dies erleichtert auch die Diagnose und Prävention von Fehlkonzepten. Lernen findet deshalb in situativen Sinn- und Sachzusammenhängen, den Kontexten, statt, die Interessen von Schülerinnen und Schüler gleichermaßen einbeziehen.

Die zeitbezogenen neuen Medientechniken erlauben neue Formen der Kommunikation und verändern Lernprozesse. Den Lernenden wird, am Beispiel fachspezifischer Einsatzmöglichkeiten, eine grundlegende Bildung vermittelt, durch die aktive Teilhabe an der Medien- und Wissenschaftsgesellschaft möglich ist. Umfassende Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation.

Die fachlichen Schwerpunkte leiten sich aus den KMK-Bildungsstandards und den Einheitlichen Prüfungsanforderungen (EPA) für das Fach Chemie ab.

Der Chemieunterricht greift Inhalte und Methoden mit dem Ziel auf, dass die Schülerinnen und Schüler

  • die Bedeutung der Wissenschaft Chemie, der chemischen Industrie und der chemierelevanten Berufe erkennen,
  • den sicheren und nachhaltigen Umgang mit Chemikalien und Gerätschaften aus Haushalt, Labor und Umwelt erlernen,
  • die experimentelle Methode sowie Modelle und Fachsprache zur Gewinnung und Kommunikation von Erkenntnissen nutzen,

Das Lernen der Schülerinnen und Schüler im Fach Chemie knüpft an die im Fach Naturwissenschaften 5/6 erworbenen Kompetenzen an.

Naturwissenschaftliches Arbeiten erfolgt unabhängig von der speziellen Fachrichtung nach den gleichen grundlegenden Prinzipien. Daher weisen die im Fach Chemie und die in den anderen naturwissenschaftlichen Fächern zu erwerbenden Kompetenzen große Gemeinsamkeiten auf.

Um diese Gemeinsamkeiten zu verdeutlichen und Anhaltspunkte für fachübergreifendes und fächerverbindendes Arbeiten aufzuzeigen, sind nachfolgend die Kompetenzen für die naturwissenschaftlichen Fächer gemeinsam beschrieben.

Kompetenzen in diesen vier Bereichen (Mit Fachwissen umgehen, Erkenntnisse gewinnen, Kommunizieren, Bewerten) ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern, die natürliche und kulturelle Welt zu verstehen und zu erklären bzw. helfen ihnen dabei. Inhalts- und handlungsbezogene Kompetenzen können nur gemeinsam erworben werden. Als Resultat entwickeln sich naturwissenschaftliche Kompetenzen.

Mit Fachwissen umgehen

Die Schülerinnen und Schüler erwerben Kompetenzen in der Auseinandersetzung mit fachlichen Fragestellungen und Inhalten. Die Breite der Naturwissenschaften, ihr Wissensstand und ihre Dynamik erfordern für den naturwissenschaftlichen Unterricht eine Reduktion auf wesentliche naturwissenschaftliche Inhalte und ein exemplarisches Vorgehen.

Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten die Inhalte auf der Grundlage von miteinander vernetzten Basiskonzepten. Diese dienen der Strukturierung und Systembildung und legen die Grundlagen für das Verständnis von naturwissenschaftlichen Phänomenen und Zusammenhängen.

Die Lernenden zeigen naturwissenschaftliche Handlungsfähigkeit, wenn sie bei der Bearbeitung naturwissenschaftlicher Fragestellungen flexibel die Systemebenen wechseln (vertikaler Perspektivwechsel) und unterschiedliche naturwissenschaftliche Perspektiven innerhalb einer Naturwissenschaft und zwischen den unterschiedlichen Naturwissenschaften einnehmen (horizontaler Perspektivwechsel). Beim Aufbau von vernetztem Wissen entwickeln die Lernenden in besonderem Maße systemisches und multiperspektivisches Denken. Basiskonzepte ermöglichen den Schülerinnen und Schülern auch deshalb eine interdisziplinäre Vernetzung von Wissen, weil die Lernenden in den drei Fächern Biologie, Chemie und Physik vergleichbare Strukturierungselemente benutzen.

Die Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich ein strukturiertes naturwissenschaftliches Grundwissen. Mit dessen Hilfe verfolgen und bewerten sie naturwissenschaftliche Problemfelder in gesellschaftlichen Zusammenhängen und Diskussionen. Dieses Grundwissen ist außerdem Grundlage für eine Vertiefung naturwissenschaftlicher Bildung in weiterführenden Bildungsgängen.

Die in der Schule relevanten chemischen Fachinhalte lassen sich auf Basiskonzepte zurückführen. In der Sekundarstufe I werden folgende vier Basiskonzepte in besonderem Maße berücksichtigt:

Im Chemieunterricht erwerben die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen anhand konkreter Fachinhalte, die in einen übergeordneten Kontext eingebunden sind. Der Chemieunterricht soll den Schülerinnen und Schülern die praktische Erfahrung mit Experimenten ermöglichen.

Erkenntnisse gewinnen

Die Naturwissenschaften nutzen als grundlegende wissenschaftsmethodische Verfahren die Beobachtung, den Vergleich, das Experiment sowie die Modellbildung. Dies geschieht im Unterricht vorwiegend im Rahmen der problemorientierten Methode, die sich an naturwissenschaftlicher Arbeit orientiert. Die Schülerinnen und Schüler beobachten und beschreiben Phänomene, formulieren Fragestellungen und stellen Hypothesen auf. Sie planen ihr Vorgehen und erschließen sachgerechte Informationen mit Hilfe entsprechender Untersuchungs- sowie Recherchemethoden. Sie wenden dabei fachspezifische und allgemeine naturwissenschaftliche Arbeitstechniken an: Zurückführen auf und Einordnen in bereits Bekanntes, Systematisieren, Vergleichen, Aufstellen von Hypothesen, Experimentieren. Die Lernenden werten gewonnene Daten bzw. Ergebnisse aus, überprüfen Hypothesen und beantworten die Fragestellungen.

Modelle und Modellbildung kommen im naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozess besonders dann zur Anwendung, wenn komplexe Phänomene bearbeitet oder veranschaulicht werden müssen. Lernende verwenden ein Modell als eine idealisierte oder generalisierte Darstellung eines existierenden oder gedachten Objektes, Systems oder Prozesses. Die Auswahl eines geeigneten Modells unter Beachtung der Fragestellung und das kritische Reflektieren des Modells sind bedeutsamer Teil der naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung.

Kommunizieren

Die Fähigkeit zu adressatengerechter und sachbezogener Kommunikation unter Einbeziehung geeigneter Medien ist ein wesentlicher Bestandteil naturwissen­schaftlicher Grundbildung. Dazu ist eine sachgemäße Verknüpfung von Alltags- und Fachsprache erforderlich.

In ihrer Lebenswelt begegnen den Schülerinnen und Schülern Phänomene, die sie sich und anderen aufgrund ihrer Biologie-, Chemie- und Physikkenntnisse unter Nutzung der Fachsprache erklären können. In der anzustrebenden Auseinandersetzung erkennen sie die Zusammenhänge, suchen Informationen und werten diese aus. Dazu ist es notwendig, dass sie die entsprechende Fachsprache verstehen, korrekt anwenden und gegebenenfalls in die Alltagssprache übersetzen. Ergebnisse bzw. erarbeitete Teillösungen werden anderen mitgeteilt. Die Schülerinnen und Schüler stellen ihre Position fachbezogen dar, reflektieren sie, finden Argumente oder revidieren gegebenenfalls ihre Auffassung aufgrund der vorgetragenen Einwände. Kommunikation ist Methode und Ziel des Lernens gleichermaßen.

Bewerten

Das Heranziehen biologischer, chemischer und physikalischer Denkmethoden und Erkenntnisse zum Verständnis und zur Bewertung naturwissenschaftlicher, technischer und gesellschaftlicher Entscheidungen ist Teil einer zeitgemäßen Allgemeinbildung.

Durch die Auswahl geeigneter Sachverhalte können die Schülerinnen und Schüler Vernetzungen der einzelnen Naturwissenschaften in Alltag, Umwelt und Wissenschaft erkennen. Die gezielte Auswahl von Kontexten ermöglicht es den Lernenden, naturwissenschaftliche Kenntnisse auf neue Fragestellungen zu übertragen, Probleme in realen Situationen zu erfassen, Interessenkonflikte auszumachen, mögliche Lösungen zu erwägen und deren Konsequenzen zu diskutieren. Bei der Betrachtung gesellschaftsrelevanter Themen aus unterschiedlichen Perspektiven erkennen die Schülerinnen und Schüler, dass Problemlösungen von Wertentscheidungen abhängig sind. Sie prüfen Argumente auf ihren sachlichen und ideologischen Anteil und treffen Entscheidungen sachgerecht, selbstbestimmt und verantwortungsbewusst.

Sie differenzieren nach biologisch, chemisch und physikalisch belegten, hypothetischen oder nicht naturwissenschaftlichen Aussagen in Texten und Darstellungen und kennen die Grenzen der naturwissenschaftlichen Sichtweise.

Weitere Hinweise zu den Kompetenzbereichen

Für den Kompetenzbereich „Mit Fachwissen umgehen“ sind im Kapitel 2.1 für die jeweiligen naturwissenschaftlichen Fächer fachspezifische Standards formuliert. Die Standards orientieren sich an den Basiskonzepten des jeweiligen Fachs, ohne diese jedoch vollständig abzubilden.

Für die Kompetenzbereiche „Erkenntnisse gewinnen“(Kapitel 2.2), „Kommunizieren“ (Kapitel 2.3) und „Bewerten“ (Kapitel 2.4) sind gemeinsame Standards für die Fächer Naturwissenschaften 7 – 10 und Biologie, Chemie, Physik in ihrer Progression angegeben.

Die Standards des Kompetenzbereiches „Erkenntnisse gewinnen“ beschreiben die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler, aus Beobachtungen oder Modellen Daten zu gewinnen, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und dabei auch die Grenzen der Aussagefähigkeit zu erfassen. Die Kompetenzentwicklung zeigt sich im Grad der Selbstständigkeit bei der Aneignung naturwissenschaftlicher Erkenntnismethoden.

Bei den Standards des Kompetenzbereiches „Kommunizieren“ wurden neben den KMK-Standards für den Mittleren Schulabschluss der Fächer Biologie, Chemie und Physik auch die Standards des Basiscurriculums Sprachbildung berücksichtigt.

Die drei Teilbereiche des Kompetenzbereichs „Bewerten“ werden auf der Grundlage der KMK-Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss und unter Berücksichtigung des Basiscurriculums Medienbildung fachübergreifend dargestellt. Das Wissen über nachhaltige Entwicklung bildet das Fundament für den Erwerb der Kompetenzen der drei Teilbereiche beim Bewertungsprozess.

Redaktionell verantwortlich: Boris Angerer, LISUM