Kompetenzentwicklung

Das Fach Geografie bietet den Schülerinnen und Schülern ein besonderes Entwicklungs­potenzial, denn im Geografieunterricht eröffnen sich den Lernenden vielfältige Gelegenheiten, eine komplexer werdende, sich ständig verändernde Welt besser zu verstehen und sich in ihr zu orientieren, um verantwortungsbewusst Entscheidungen zu treffen sowie nach diesen nachhaltig handeln zu können.

Im Zeitalter der Globalisierung ist systemisches und vernetztes Denken, Planen, Organisieren und Handeln eine tägliche Herausforderung im Alltag und im Berufsleben. Das Fach Geografie fördert diese Kompetenzen unter besonderer Berücksichtigung neuer Kommunikationsmöglichkeiten und durch Übernahme von Verantwortung im Lernprozess seitens der Schülerinnen und Schüler. In der Auseinandersetzung mit komplexen Zusammenhängen entwickeln die Lernenden kommunikative Fertigkeiten sowie die Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten und zur Teamarbeit. Somit werden sie auch auf ihre spätere Arbeitstätigkeit vorbereitet.

Geografieunterricht beinhaltet die Analyse und die Bewertung komplexer regionaler Beziehungsmuster. Die Schülerinnen und Schüler betrachten Strukturen, Funktionen und Prozesse, die sich sowohl auf natürliche als auch auf soziale Phänomene beziehen können, aus einer geografischen Perspektive. Diese weist Orten Bedeutungen zu und diskutiert deren Vernetzung und Interaktionen auf globaler, regionaler und lokaler Ebene. Dabei werden Orte und Räume als konstruiert verstanden, wobei alle vier Raumkonzepte berücksichtigt werden: Neben dem Realraum und dem Beziehungsraum sollen dem individuell wahrgenommenen Raum sowie dem Raum in seiner gesellschaftlichen Wahrnehmung eine gleichberechtigte Bedeutung zugemessen werden. Diese Besonderheiten des Faches ermöglichen es, die Wechselwirkungen menschlichen Handelns und der Umwelt auf unterschiedlichen Maßstabsebenen und mit verschiedenen Methoden zu untersuchen. Das heißt, die Lernenden werden in die Lage versetzt, verschiedene Phänomene und Prozesse zu kategorisieren und zu analysieren sowie Entwicklungen zu prognostizieren und in ihren Auswirkungen multiperspektivisch zu beurteilen.

Im Fach Geografie kommt dem exemplarischen Lernen eine große Bedeutung zu. Anhand geeigneter Fallstudien sowie unter Nutzung von ausgewählten geografischen Konzepten wird ein besseres Verständnis der Welt entwickelt.

Die großen Herausforderungen unserer Zeit leiten die Auswahl der Inhalte des Geografie­unterrichts aus den relevanten Themenbereichen Globalisierung und Regionalisierung, Ökonomie und Ökologie, Bevölkerungsentwicklung und Verstädterung, Ressourcen und Energie, regionale und globale Disparitäten sowie Klimawandel und Klimaschutz. Die Orientierung an diesen Herausforderungen ermöglicht es, Geografieunterricht aktuell und lebensweltnah zu gestalten.

In diesen Themenbereichen ergeben sich relevante Fragestellungen. Ziel des geografischen Lernens ist, diese ins Zentrum geografischen Denkens zu setzen, um im Alltag verantwortungsbewusst und nachhaltig handeln zu können.

Geografisches Lernen fördert insbesondere Aspekte aus den übergreifenden Themen Nachhaltige Entwicklung/Lernen in globalen Zusammenhängen, der kulturellen und interkulturellen Bildung, der Verbraucherbildung, der Mobilitätsbildung, der Europabildung sowie der Demokratiebildung und knüpft auch an die Themen Gleichstellung sowie Gleichberechtigung der Geschlechter (Gender Mainstreaming) sowie der Sexualerziehung/Bildung für sexuelle Selbstbestimmung an.

Ebenso bedeutsam ist die Medienbildung, die durch den Einsatz, z. B. von Geoinformationssystemen und Werkzeugen der Fernerkundung, vermittelt werden kann.

Vor allem durch die Arbeit mit sprachlichen und nichtsprachlichen Materialien und Medien wird die rezeptive und produktive Sprachkompetenz entwickelt. Dabei wenden die Lernenden an konkreten geografischen Beispielen die Fachsprache an.

Im Geografieunterricht bekommen die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, fachspezifische Kompetenzen zu entwickeln. Eine besondere Bedeutung haben dabei herausfordernde Aufgaben, durch sie können die Lernenden ihr Wissen in Kompetenzen umsetzen. Eine entsprechende Aufgabenkultur in Form von komplexen Lernaufgaben, z. B. auch unter forschungsleitender Fragestellung (problemorientierter Unterricht), spielt somit eine wichtige Rolle.

Diversität ist ein Untersuchungsgegenstand der Geografie. Das inklusive geografische Lernen geht von der grundsätzlichen Verschiedenheit und Pluralität in der Gesellschaft aus und erkennt diese Vielfalt an. Durch diesen Zugang wird Diversität als Stärke wahrgenommen. Neben dem Blick auf das Eigene bekommen die Lernenden durch die Untersuchung der Vielfalt die Möglichkeit, sich von ihnen individuell als fremd und anders Empfundenem zu öffnen, aber auch den eigenen Umgang damit zu reflektieren. Ein Unterricht, der diese Pluralität beherzigt, orientiert sich an den Bedürfnissen und Möglichkeiten aller Lernenden.

 

Der Kompetenzbereich Systeme erschließen umfasst die Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler, mit anwendungsorientiertem, raumbezogenem Fachwissen natürliche und soziale Phänomene auf unterschiedlichen Maßstabsebenen als geografische Systeme erfassen sowie Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt analysieren zu können. Die Schülerinnen und Schüler können Kenntnisse auf neue Sachverhalte anwenden sowie Problem­lösungsstrategien entwickeln und umsetzen. Die Systemkompetenz wird durch die Auseinan­dersetzung mit geografischen Strukturen, Funktionen und Prozessen entwickelt.

Im Kompetenzbereich Methoden anwenden wird die Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler entwickelt, geografisch relevante Informationen und Erkenntnisse zu gewinnen, auszuwerten, darzustellen sowie ihre Arbeitsschritte zu reflektieren. Der Besuch von außerschulischen Lernorten bietet dafür besondere Lerngelegenheiten und ist somit fester Bestandteil des Geografieunterrichts.

Der Kompetenzbereich Sich orientieren beschreibt die Fähigkeit, sich mithilfe von topografischem Grundwissen, Karten und Plänen sowie technischen Hilfsmitteln bzw. Leitsystemen (Symbole und Piktogramme) in Räumen zu orientieren. Sie umfasst den sachgerechten Umgang mit Orientierungsrastern (z. B. Gradnetz, Zeitzonen) und Ordnungssystemen (z. B. Klima- und Vegetationszonen, Wirtschaftsräume).

Im Kompetenzbereich Kommunizieren wird vor allem die Fähigkeit entwickelt, geografische Sachverhalte auf angemessenem fachsprachlichem Niveau zu verstehen, zu verbalisieren und adressatengerecht zu präsentieren. Die Schülerinnen und Schüler können kommunikative Absichten unterscheiden und Argumente formulieren.

Der Kompetenzbereich Urteilen bedeutet hier die Fähigkeit, raumbezogene Sachverhalte und Probleme, Informationen aus Medien und geografische Erkenntnisse kriteriengeleitet zu reflektieren. Ein Urteil muss ausgewogen, sachlich korrekt und begründet sein sowie mehrere Perspektiven berücksichtigen. Die Sachurteilsbildung ist die Fähigkeit, geografische Gegen­stände unter Anwendung fachbezogener Kenntnisse und Methoden zu prüfen. Ein Werturteil bezieht sich auf einen transparenten ethischen Rahmen.

Diese Kompetenzbereiche dienen dazu, die übergeordnete geografische Handlungskompetenz zu entwickeln, das heißt, sie ermöglichen es, im Rahmen gesellschaftlicher Teilhabe sachgerecht und ethische Vorstellungen berücksichtigend handeln zu können.

Im Fach Geografie werden die im Fach Gesellschaftswissenschaften 5/6 geförderten geografischen Erkenntnisse aufgegriffen und bereits vorhandene geografische Kompetenzen weiterentwickelt. Fachübergreifende Methoden- und Urteilskompetenzen werden geografie­spezifisch konkretisiert und ausgebaut.

Das Kompetenzmodell für den Geografieunterricht beschreibt die Kompetenzbereiche, in denen die Schülerinnen und Schüler Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln. Dabei werden die Kompetenzbereiche Systeme erschließen, Methoden anwenden, Kommunizieren, Urteilen sowie der Kompetenzbereich Sich orientieren, der das Alleinstellungsmerkmal des Faches Geografie darstellt, so miteinander verknüpft, dass sie in der zentralen geografischen Handlungskompetenz zusammenfließen. Damit werden die Schülerinnen und Schüler befähigt, begründete lebensweltliche Entscheidungen zu treffen und an der demokratischen Entwicklung der Gesellschaft teilzunehmen.

Redaktionell verantwortlich: Boris Angerer, LISUM