Kompetenzentwicklung

Im Unterricht des Faches Gesellschaftswissenschaften 5/6 befassen sich die Schülerinnen und Schüler mit vielfältigen Formen gesellschaftlichen Zusammenlebens von Menschen in verschiedenen Räumen der Erde, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

In der Auseinandersetzung mit ausgewählten Inhalten beschäftigen sie sich mit Phänomenen der Geografie, der Geschichte und der Politik. Dabei wird ein Verständnis über Zusammenhänge im Raum befördert sowie ein Geschichts- und politisch-demokratisches Bewusstsein entwickelt.

Insofern führt das Fach Gesellschaftswissenschaften 5/6 in die Perspektiven der drei anschließenden Fächer Geografie, Geschichte und Politische Bildung ein und die Schülerinnen und Schüler erarbeiten sich fachspezifische Zugangs-, Denk- und Arbeitsweisen.

Sie gehen Schritte zur Entfaltung ihrer persönlichen Identität und lernen Möglichkeiten zur reflektierten und verantwortlichen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und in der Demokratie kennen. Sie gewinnen räumliche und historische Orientierung und entwickeln die Bereitschaft für ein verantwortungsvolles Verhalten.

Als Antwort auf die gestiegene Komplexität der Realität bietet das integrative Fach Gesellschaftswissenschaften den Schülerinnen und Schülern die Chance, ausgewählten Herausforderungen im Spannungsfeld zwischen historisch geprägten, lokalen, regionalen und globalen Bedingungen perspektivenübergreifend zu begegnen. Die vernetzende Betrachtungsweise exemplarischer Frage- und Themenstellungen führt die Schülerinnen und Schüler an mehrdimensionales Denken heran sowie zur Erkenntnis, dass dies zur Lösung komplexer Probleme beiträgt.

Durch die entwicklungsangemessene Themenauswahl und eine an den Lernenden orientierte Aufbereitung lernen sie Herausforderungen des 21. Jahrhunderts kennen, um sich mit diesen in überschaubaren Ausschnitten auseinanderzusetzen. Das beinhaltet z. B. Lernangebote zu gesellschaftlicher Pluralität und zu Ausgrenzungen, zur kulturellen und religiösen Vielfalt und dem Agieren verschiedener Interessengruppen, zum Zusammenwachsen Europas, zu Migrationsbewegungen und zur Globalisierung, zu Ressourcenkonflikten und zur nachhaltigen Entwicklung, zu Konfliktregelungen und -lösungen im persönlichen Umfeld wie im weltweiten Bereich, zu Kinderrechten und deren Verletzung sowie zum Umgang mit digitalen Medien. Dabei setzt der Lernprozess, wenn möglich, im Konkreten, Nahen und Vertrauten an und bezieht dann zunehmend Abstrakta und Fremdes mit ein.

1 In Brandenburg sind diese Schülerinnen und Schüler dem Bildungsgang Förderschule Lernen gemäß §30 BbgSchulG zugeordnet.

Das Kompetenzmodell des Faches nimmt zwischen den gesellschaftswissenschaftlichen Anteilen des Sachunterrichts (Jahrgangsstufen 1 bis 4) und den Anschlussfächern Geografie, Geschichte und Politische Bildung (ab Jahrgangsstufe 7) eine Brückenfunktion ein. Das Kompetenzmodell integriert Anforderungen der drei gesellschaftswissenschaftlichen Fächer und weist in der Ausformulierung der Standards Anschlüsse in beide Richtungen auf.

Während der Bereich Erschließen fachspezifisch unterteilt ist, werden in den Bereichen Methoden anwenden und Urteilen für die Gesellschaftswissenschaften insgesamt geltende Kompetenzen formuliert. Dabei gibt es auch zwischen den Kompetenzfeldern Überschneidungen.

Insgesamt dient die Kompetenzentwicklung der Orientierung in Raum, Zeit und Gesellschaft. Die Kompetenzbereiche werden durch Leitfragen für den Unterricht ergänzt (vgl. Tabelle S. 6), die einerseits die Kompetenzentwicklung unterstützen und andererseits ein verbindendes Element bei der Erschließung der gesellschaftswissenschaftlichen Phänomene bilden.

Erschließen - geografisch

Die Schülerinnen und Schüler gewinnen in Auseinandersetzung mit fachspezifischen Medien geografisch relevante Kenntnisse und Fähigkeiten. Sie erarbeiten sich topografisches Orientierungswissen (z. B. Kontinente und Gewässer, Grenzen und Verbindungswege), um sich in Orientierungsrastern (z. B. Planquadrate) wie auch im Realraum (z. B. Umgebung, Ortsteil, Stadt) zurechtzufinden. Dazu sind Grundkenntnisse in der Atlas- und Kartenarbeit (z. B. Atlasführerschein) ebenso wichtig wie das Lesen von Weg- und Fahrplänen sowie von Klimadiagrammen. Geografische Methoden werden im Nahraum der Schule kennengelernt und angewendet (z. B. Kartierungen).

Die Schülerinnen und Schüler untersuchen darüber hinaus Unterschiede in der Nutzung und Gestaltung von Räumen in verschiedenen Gesellschaften. Sie erfassen, wie natürliche und gestaltete Räume und gesellschaftliches Leben einander bedingen.

Erschließen - historisch

Die Schülerinnen und Schüler erschließen sich in der Auseinandersetzung mit historischen Quellen und Darstellungen Vergangenheit und Geschichte. Sie untersuchen menschliches Handeln in der Zeit, ordnen es in Zeitverläufe ein und benennen Dauer und Wandel. Dabei lernen sie an konkreten historischen Inhalten den geschichtswissenschaftlichen Erkenntnisprozess kennen (historische Frage, Untersuchung des ausgewählten Gegenstands, Beantwortung der Frage, Orientierung und Nutzen für das eigene Leben).

In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Quellen und Darstellungen stellen sie fest, dass Geschichte immer wieder neu und unterschiedlich gedeutet und erzählt wird (Konstruktcharakter). Sie üben sich auch selbst darin, eigene Darstellungen sinnhaft und gestützt auf historischen Tatsachen zu verfassen.

An ausgewählten Beispielen erproben sie, Darstellungen zu analysieren und werden so für einen bewussten Umgang mit Ausdrucksformen der Geschichtskultur sensibilisiert.

Erschließen - politisch

Die Schülerinnen und Schüler üben sich darin, an anschaulichen Beispielen Problemlagen, Entscheidungen und Kontroversen zu identifizieren und zu analysieren. Dabei setzen sie sich mit den beteiligten Akteuren, Perspektiven, Interessen und Werten auseinander. Durch beispielhafte Untersuchungen verschiedener Perspektiven vollziehen sie politische Positionen anderer nach und gewinnen Einblicke in gesellschaftliche Vielfalt.

In der Auseinandersetzung mit konkreten Fällen erkennen die Lernenden wesentliche Kategorien der politischen Bildung wie z. B. Kinderrechte, Demokratie und Frieden.

An für sie relevanten Problemen beschreiben die Schülerinnen und Schüler vor dem Hintergrund pluraler Interessen Möglichkeiten für politisches Handeln. Sie erproben, z. B. simulativ, Chancen zur eigenen Teilnahme an demokratischen Prozessen, insbesondere im schulischen Raum.

Methoden anwenden

Die Schülerinnen und Schüler entwickeln eigene Fragen, üben sich darin, begründete Vermutungen zu formulieren und sammeln zu Fragen und Themen relevante Informationen. Sie werten aus und präsentieren Ergebnisse mit angemessenen und variablen Verfahren. Sie nutzen hierfür vielfältige Informationsquellen (z. B. historische Quellen, Karten und Medien aller Art einschließlich des Internets) wie auch unterschiedliche Orte und Räume (z. B. Ausstellungen, Museen und den Realraum). Das Lernen mit und über Medien trägt auch zu einer kritischen Medienbildung bei. Gesellschaftswissenschaftliche Methodenkompetenz zeigt sich darüber hinaus in der Fähigkeit und Fertigkeit, sich Arbeitstechniken anzueignen, Gespräche zu führen, eine angemessene Fachsprache zu benutzen sowie Lernprozesse partizipativ zu gestalten (vgl. auch die Tabelle zu den Methoden und Arbeitsweisen, S. 7).

Urteilen

Die Schülerinnen und Schüler üben sich darin, persönliche und reflektierte Werturteile in Abgrenzung zu Vorausurteilen über ausgewählte Sachverhalte und Probleme zu bilden und diese zu begründen. In der Urteilsbildung beziehen sie sich auf persönliche und gesellschaftliche Wertmaßstäbe. In der kommunikativen Auseinandersetzung mit anderen Urteilen nehmen sie unterschiedliche Interessen und Perspektiven wahr und üben sich in der Perspektivübernahme sowie im sachlichen Vertreten eigener Positionen. Dabei gewinnen sie Orientierung für ihr Handeln in der Gegenwart sowie für individuelle Zukunftsperspektiven.

Auch die kritische Auseinandersetzung mit Informationen und die Bewertung eigener Lernwege gehört in den Bereich des Urteilens mit hinein.

Leitfragen für den Unterricht

Erschließen

  • Was waren und sind geografische, historische und politische Rahmenbedingungen menschlichen Handelns?
  • Durch welche Ereignisse, Strukturen und Prozesse wurde und wird ein Zusammenleben in Vergangenheit und Gegenwart geprägt
  • Wie wirken sich Zeit- und Standortgebundenheit auf menschliches Handeln aus?
  • Wie wurde und wird gesellschaftliche Teilhabe in Vergangenheit und Gegenwart ermöglicht bzw. verhindert?
  • Welche förderlichen und welche nachteiligen Auswirkungen hat menschliches Handeln auf den Lebensraum und die Lebensverhältnisse in Gegenwart und Vergangenheit?
  • Inwiefern waren und sind die Menschen früher und heute mit ähnlichen oder sich unterscheidenden Herausforderungen konfrontiert?
  • Durch welche Wertmaßstäbe, durch welches Denken und welche Strategien und Handlungsspielräume war und ist der Umgang mit den Herausforderungen gekennzeichnet?
  • Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen geografischen Gegebenheiten, gesellschaftlich-politischen Bedingungen und historischen Voraussetzungen?

Methoden anwenden

  • Wie gelangen wir zu unserem Wissen über gesellschaftswissenschaftliche Zusammenhänge der Vergangenheit und der Gegenwart? (Auf welchen Wegen, mit welchen Informationsquellen, mit welchen Methoden, mit welchen Arbeitstechniken?)
  • Welche Fachmethoden und Arbeitsweisen sind für unsere Recherchen sinnvoll und nützlich?
  • Wie können wir unser Wissen über gesellschaftliche Themen adressatengerecht aufbereiten und präsentieren?

Urteilen

  • Wie und mit welchen Wertmaßstäben beurteilen wir die untersuchten Sachverhalte?
  • Wie urteilen andere und warum gibt es unterschiedliche Urteile?
  • Was haben die Themen und Probleme mit uns persönlich zu tun?
  • Wo und wie können wir teilhaben und uns einmischen?
  • Wie bewerten wir unseren Lernweg?

Fachmethoden und Arbeitsweisen für den Unterricht

Im Fach Gesellschaftswissenschaften 5/6 finden vielfältige (Fach-)Methoden und Arbeitsweisen Anwendung. Die nachfolgende Auflistung zeigt Möglichkeiten auf, die in den Standards und Unterrichtsanregungen aufgegriffen und die durch weitere Methoden ergänzt werden können.

  • mit dem Atlas und dem Globus arbeiten
  • eine Befragung durchführen, ein Gespräch führen (z. B. mit Sachkundigen oder Zeitzeuginnen und Zeitzeugen)
  • Darstellungen (z. B. Bilder, Texte, Filme) beschreiben, untersuchen, auswerten und beurteilen
  • eine Erkundung durchführen
  • eine Geschichtserzählung verfassen
  • Grafiken (z. B. ein Diagramm) und Schaubilder auswerten
  • Karten lesen und ergänzen, Kartenskizzen zeichnen
  • eine Mindmap anfertigen
  • Messungen, Zählungen durchführen
  • ein Museum, eine Ausstellung erkunden
  • Modelle beschreiben und bauen und Experimente auswerten
  • ein Portfolio anlegen
  • eine Präsentation, ein Referat mit (analogen und digitalen) Medien anfertigen und darbieten
  • eine Pro- und Kontradebatte durchführen
  • mit historischen Quellen (Bild-, Sach- und Textquellen) arbeiten
  • ein Rollenspiel durchführen
  • eine Recherche durchführen
  • Sachtexte auswerten
  • eine Tabelle auswerten und anlegen
  • ein Werturteil bilden
  • mit dem Zeitfries arbeiten

Redaktionell verantwortlich: Boris Angerer, LISUM