Zitat Juni 2009

Zitat Juni 2009

Zitat Juni 2009

„Wahnsinn!“   (Demonstranten gegen das SED-Regime auf den Straßen der DDR im Herbst 1989)


Die friedliche Revolution des Jahres 1989 ist ein herausragendes Ereignis der deutschen Geschichte. In jenen Herbsttagen brachten die vielen hunderttausend Menschen die SED-Diktatur zu Fall, als sie mit den Rufen „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“ ihren Protest gegen das Regime auf die Straße trugen. Es waren die friedliche Revolution und die Selbstdemokratisierung der DDR, die den Weg frei machten zur deutschen Einheit im Jahre 1990.

 

Wahnsinn! Niemand hätte das vorher für möglich gehalten! Bei ihren Protesten gegen die Staatsmacht forderten die DDR-Bürger so erfolgreich wie unvermutet individuelle und kollektive Freiheitsrechte ein, die ihnen das Regime jahrzehntelang vorenthalten hatte. Weltweit hatte niemand den Sturz der SED-Diktatur und die Zusammenbrüche anderer kommunistischer Diktaturen vorhergesehen. Deshalb machte nach 1990 bald das Wort vom „Prognosedebakel“ die Runde. In Deutschland waren nicht zuletzt die Protagonisten der Revolution selbst überrascht. Viele Bürgerrechtler waren 1989 der Ansicht, die DDR würde in jedem Fall älter werden als sie selbst.

 

Zum 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution gilt es also, in Erinnerung zu rufen, was für ein Wunder der Sturz der kommunistischen Diktaturen in Ostmitteleuropa darstellt. Vielleicht war das „Prognosedebakel“ sogar der entscheidende Glücksfall. Denn das Unvermögen in Ost und West, sich eine abrupte Überwindung der SED-Herrschaft und der deutschen Teilung überhaupt vorstellen zu können, war vielleicht die elementarste Voraussetzung für das Gelingen der Revolution schlechthin. Hätte die kleine, von der Staatssicherheit infiltrierte DDR-Opposition 1989 die Überwindung der SED-Diktatur offen oder im Geheimen zum Ziel gehabt, wäre sie dabei vom Westen auch nur propagandistisch unterstützt worden, die SED-Führung und wohl auch Moskau hätten nicht gezögert, die Machtmittel  einzusetzen, über die die SED bis in den Herbst 1989 uneingeschränkt verfügte.

 

Dr. Jens Hüttmann

Vita Dr. Jens Hüttmann

  • 1975 in Hamburg geboren
  • 1995-2001 Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und VWL (Uni Leipzig)
  • 2001-2007 Mitarbeiter am Institut für Hochschulforschung (Universität Halle-Wittenberg)
  • 2007 Promotion zum Dr. phil.
  • seit 2008 Projektbüro „20 Jahre Friedliche Revolution“ bei der Bundesstiftung Aufarbeitung

Hinweis

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Redaktionell verantwortlich: Ralf Dietrich, LISUM