Zitat Juli/August 2018

Zitat Juli/August 2018

Jacob Chammon

Jacob Chammon ist ausgebildeter Lehrer in den Fächern Dänisch, Deutsch, Geschichte und Musik. In Dänemark arbeitet er seit Jahren im Verlagswesen und hat zahlreiche didaktische Bücher und Unterrichtsmaterialien im Bereich Englisch und Deutsch als Fremdsprache geschrieben – analog und digital. Er arbeitet als pädagogischer Berater und Lerncoach für Lehrer und Schulleitungen.

"Demokratie ist die beste Werbung für Bildung" (dänischer Spruch)

Als gebürtiger Däne in Berlin interessiere ich mich natürlich auch für Politik in meiner Heimat. Das Thema "Minderheitsregierungen" ist in Deutschland ein eher unbekanntes – oder nicht erprobtes – politisches Modell, aber in Dänemark gehört es zum Alltag. Die Regierungskoalitionen sind immer in der Minderheit – und haben dann im Parlament (wechselnde) Parteien, die sie unterstützen.

In Dänemark fängt gerade wieder der Wahlkampf an. Eigentlich ist da oben gefühlter Weise immer Wahlkampf, weil die Regierung für jedes Gesetz politische Mehrheiten finden muss. Das führt oft zu politischen "Gegenleistungen". Ein Beispiel: Ihr bekommt unsere Stimmen für die Gesundheitsreform, aber dann wollen wir auch eine Senkung der Vermögenssteuer ...

Ich bin ausgebildeter Lehrer für Geschichte, Deutsch und Dänisch. Und als Lehrer schätze ich am meisten die Diskussionen mit den Schülern über aktuelle Themen. Ob es in der Grundschule ist, wo die Kids philosophieren über Fragestellungen, die sie am Rande mitbekommen haben – oder bei den größeren Jugendliche, wo man als Erwachsener durchaus herausgefordert wird. 

In der heutigen Zeit, wo fake news verbreitet sind, wo Länder aus festen Gemeinschaften ausbrechen, wo Grenzen schließen und Mauern gebaut werden, wo Regierungen nicht miteinander reden – sondern tweeten, und wo der Informationsflow so überwältigend ist, dass es einfacher ist, abzuschalten als einzuschalten, wird Schule und Bildung noch wichtiger. 

Die komplexen Gesellschaften, in den unsere Schülerinnen und Schüler aufwachsen, fordern kritisches Denken. Sie fordern, dass wir als Schule Quellenanalyse und Quellenkritik unterrichten – und dass wir nicht nur als Lehrer, sondern auch als Menschen und zusammen mit den Schülerinnen und Schülern die aktuellen Themen diskutieren, debattieren und aufarbeiten. 

Als Schule ist es unsere wichtigste Aufgabe, die Kinder und Jugendlichen auf die Welt nach der Schule vorzubereiten. Auf das "richtige" Leben. Man kann dann immer für sich entscheiden, ob die aktuellen Entscheidungen, die die Politiker treffen, nach eigener Meinung, richtig oder falsch sind. Das darf jeder Mensch. Aber als Schule ist es wichtig, dass wir die Schüler zu einer aktiven Teilnahme an der Gesellschaft motivieren. Dass sie das Gefühl entwickeln, dass sie mitentscheiden können. Besonders, dass sie nur mit Teilnahme etwas ändern können. 

Wenn uns als Schule das gelingt, ist es meine Hoffnung, dass wir in Zukunft mündige Bürgerinnen und Bürger haben werden. Und dann werden die "Dummheiten" oder Fehlentscheidungen, die in den politischen "Kaufmannsläden" stattfinden, hoffentlich weniger.

Gestern habe ich in einer Sendung aus Kopenhagen über den bevorstehenden Wahlkampf wieder den alten Spruch gehört: Demokratie ist die beste Werbung für Bildung – und ich musste schmunzeln. Ich hatte mein Thema für das "Zitat des Monats" gefunden. 


 

Jacob Chammon ist Schulleiter der Deutsch-Skandinavischen Gemeinschaftsschule in Berlin und gebürtiger Däne. 

Sprachenlernen, kreatives Arbeiten und individuelle Förderung gehören zum Konzept seiner Schule, die sich an der skandinavischen Pädagogik orientiert. Die Schüler werden bis zur neunten Klasse in jahrgangsgemischten Lerngruppen unterrichtet, der Unterrichtsstoff wird fächerübergreifend vermittelt. In seiner Schule setzt er unter anderem auf neue Medientechnik und integriert Smartphone, Tablets und Laptops gezielt in den Unterricht.

Redaktionell verantwortlich: Ralf Dietrich, LISUM