Der Stadtrundgang15
Methodisch gesehen handelt es sich bei diesem Unterrichtsvorhaben um eine Stadterkundung an verschiedenen historischen Stationen. Traditionell könnte man sich dies als Stadtführung vorstellen, als einen Rundgang also, bei dem an unterschiedlichen Stationen in der Straße angehalten wird, zu der jeweiligen Örtlichkeit Informationen gegeben werden und dann auf Aufgabenblättern eine Zusammenfassung erstellt wird. Dieser konventionellen Struktur stellen sich mehrere Hindernisse entgegen:
- Viele der historischen Gebäude existieren nicht mehr, sind durch Neubauten oder eine andere Nutzung ersetzt. Im südlichen Teil der Lindenstraße (ab etwa dem Jüdischen Museum) wurde sogar die Straßenführung verändert. Manche Stationen sind also nicht mehr real verortbar. Aus diesem Grunde wird geplant, einen Stadtrundgang auch virtuell zu ermöglichen.
- Die Vielfalt der Themenbereiche (auch wenn sie meist von der thematischen Klammer "jüdisches Leben" gehalten werden) ist schwer in einen sinnvollen Ablauf – selbst im wörtlichen Sinne – zu fassen. Verlagsgebäude liegen z. B. entlang der gesamten Wegstrecke und thematisieren doch häufig ähnliche Fragestellungen. Thematisch wird beim Rundgang stark gesprungen, der rote Faden geht verloren.
- Die Aufmerksamkeit bei Führungen, selbst wenn Teile der Vorträge von Schülerinnen und Schülern übernommen werden, lässt erfahrungsgemäß zu wünschen übrig, da die Ablenkungen vor Ort sehr groß sind und die Aufnahmebereitschaft mit zunehmender Dauer der Führung schwindet.
Ein traditioneller Stadtrundgang, der alle 14 Anlaufpunkte umfasst, sollte inhaltlich durch Zweier- oder Dreiergruppen als sog. Expertengruppen vorbereitet werden, um an den jeweiligen Orten die Informationsarbeit zu übernehmen. Hilfreich dafür können die Fragestellungen zu den jeweiligen Basistexten und die betreffenden Exkursionsaufgaben sein. Es hat sich herausgestellt, dass eine Informationsvermittlung durch Mitschülerinnen und Mitschüler eher angenommen wird als Instruktionen von der Lehrkraft.
Bei der SOL-Variante sollte die Vermittlung vor Ort in der Stammgruppe erfolgen, d. h., mehrere kleine Gruppen bewegen sich selbstständig im Stadtraum oder die Gesamtgruppe teilt sich an der jeweiligen Station in die Stammgruppen auf. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die "Zuhörer" nicht nur passiv verharren und sich auf Ansprachen konzentrieren sollen, sondern dass sie im Aneignungsprozess selbst aktiv werden – sei es durch Zeichnungen, Notizen, Fotografien, Textproduktion oder durch performanceartige Aktivitäten und Umfragen. Die Ermunterung an die Schülerinnen und Schüler, sich bei der Vorbereitung auf die Exkursion kreativ zu betätigen, erbringt oft überraschend neue Ideen.
15 Hey, Bernd (1978): Die historische Exkursion. Zur Didaktik und Methodik des Besuchs historischer Stätten, Museen und Archive. 1. Aufl. Stuttgart: Klett (Anmerkungen und Argumente zur historischen und politischen Bildung, 19). Keller, Wolfgang (1969): Schülerexkursionen und ihre Auswertung im Unterricht. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht (GWU), Jg. 20, H. 9, S. 554–565. Schreiber, Waltraud (1999): Die historische Exkursion. Versuch einer Typologie. Geschichte, Politik und ihre Didaktik, Jg. 27, H. 1/2, S. 30–36.
Redaktionell verantwortlich: Dr. Uwe Besch, LISUM
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