Zitat Januar 2016

Zitat Januar 2016

"Erkläre es mir und ich werde es vergessen. Zeige es mir und ich werde mich erinnern. Lass es mich selber tun und ich werde es verstehen.(Konfuzius)

Dieses Zitat verdeutlicht für mich, dass wir Kindern und Jugendlichen Freiräume geben müssen, um Erfahrungen und auch Fehler machen zu können. Gerade in großstädtischen Gesellschaften neigen wir zu sehr dazu, Kindern vieles abzunehmen, sie zu sehr zu beschützen und ihnen genau die Erfahrung des "Selber Tuns" nicht zu ermöglichen. Denn nur, wenn sie schon als Kinder ihren Wunsch nach Eigenständigkeit ausleben können, besteht die Chance, dass sie sich ein eigenständiges und unabhängiges Denken aneignen.

Für unsere pädagogische Arbeit in der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin heißt dies, dass wir Jugendliche darin bestärken wollen, in der biografischen Annäherung an das Schicksal einer verfolgten Person ihr eigenes Tempo und ihre eigene Bereitschaft einzubringen, sich auf die nationalsozialistische Verfolgungspraxen und die Konsequenzen, die dies für die Verfolgten hatte, einzulassen. 

Wir versuchen, keine vorgefertigten Erwartungshaltungen an die Jugendlichen aufzubauen, sondern sie durch das Arbeiten mit nationalsozialistischen Akten sich erst einmal ein eigenes Bild machen zu lassen. In der Thematisierung und in der Konfrontation mit den Täterakten und der Tätersprache sowie mit Zeitzeugenberichten der Opfer der Verfolgung werden meist universale, humanitäre Fragen behandelt, die weit über die Frage hinausgehen, was genau mit wem wann und wo passiert ist. Wir wollen zum einen zulassen, dass Jugendliche einen Rahmen geboten bekommen, in dem sie zu ihren eigenen Schlüssen kommen können und innerhalb des Stolpersteinprojektes ihre eigene Form der Erinnerung bei einer Stolpersteinverlegung entwickeln und umsetzen.

Zum anderen wollen wir die unterschiedlichen familiären Hintergründe und Erfahrungen Jugendlicher in Berlin berücksichtigen und diese gleichberechtigt und gleichwertig neben einander stellen. Denn bei einem Stolpersteinprojekt geht es auch um die Aneignung der Geschichte des gemeinsam erlebten städtischen Raumes, der im Hier und Jetzt von allen gleichermaßen geteilt wird, auch wenn die eigene familiäre Geschichte nicht in Berlin ihren Anfang nahm.  

 

Dr. Silvija Kavčič ist seit 2012 Leiterin der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin.

Silvija Kavčič

  • seit 2012 Leiterin der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin
  • promovierte Historikerin mit den Schwerpunkten: Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Konzentrationslagerforschung, Biografieforschung, Erinnerungskultur
  • von 2010 bis 2012 Projektkoordinatorin für die Dauerausstellung des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit
  • Lehrbeauftragte in Berlin, Basel, Ljubljana

Hinweis

Die dargestellten Meinungsäußerungen in den Kommentaren zu den Zitaten des Monats widerspiegeln die Meinung des jeweiligen Autors und werden nicht vom Bildungsserver Berlin-Brandenburg inhaltlich verantwortet.

Redaktionell verantwortlich: Ralf Dietrich, LISUM