Zitat Dezember 2007

Zitat Dezember 2007

Zitat Dezember 2007

"Gegen Demokraten helfen nur Soldaten!"
Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1795-1861)


Dieses demokratiefeindliche "Bonmot" als Motto für den Bildungsserver zu nehmen, mag gewagt erscheinen. Unser Ziel in den Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule (RAA Brandenburg) ist es, die demokratische Alltagskultur in unseren Arbeitsbereichen in Jugendarbeit und Schule zu unterstützen. Der König von Preußen wehrte mit diesem Wort 1849 die Kaiserkrone ab, nicht weil er ein lupenreiner Demokrat war, sondern weil er die demokratische Versammlung ablehnte, die ihm die Kaiserkrone antragen wollte. Er stützte seine Herrschaft eben doch lieber auf Soldaten als auf die Zustimmung der Bevölkerung.
Was macht diese "olle Kamelle" vom König von Preußen heute noch interessant? Demokratie ist auch heute keine Selbstverständlichkeit, sie ist auch heute gefährdet. Nicht durch des Königs Soldaten, aber demokratische Macht beruht auf der Zustimmung der Bevölkerung. Demokratie ist dann gesichert, wenn sie auf demokratischen, d.h. immer auf Konflikt, Konsens und Kompromiss beruhenden Prozessen basiert. Der Konflikt um Gegenwarts- und Zukunftsfragen wird in verschiedenen Foren ausgetragen, im Parlament, in den Medien, aber auch in der Schule, auf dem Marktplatz, in Betrieben und in der Familie.
Es muss uns zu denken geben, wenn Machtworte, wenn das "Basta!", gefordert werden. Denn zum Machtwort gehört die Keule mit der die konfligierenden Parteien still gestellt werden sollen. Demokratinnen und Demokraten muss dies hellhörig machen. Wenn der Streit in und zwischen den Parteien um politische Positionen als Schwäche interpretiert wird, dann sollten Demokratinnen und Demokraten die Streitkultur pflegen. Und zwar so, dass der Streit in einer Kultur gegenseitiger Anerkennung stattfindet.
Ist das nicht idealistisch? Ich glaube nicht. Demokratisch streiten trägt mehr zur demokratischen Kultur bei, als der furchtbesetzte Blick mancher Politikerinnen und Politiker auf das Wahlvolk.

 

"Gegen Demokraten helfen nur Soldaten", das ist ein Kompliment an die Demokratie. Die Befürchtung Friedrich Wilhelms weist auf die Stärke der Demokratie hin. Eine demokratische Alltagskultur und der streitbare demokratische Prozess, an dem die Parteien mitwirken, nicht mehr und nicht weniger, sind die besten Mittel gegen die Feinde der Demokratie. Die Feinde der Demokratie, die unsere Verfassung ablehnen, die die unteilbaren Menschenrechte teilen wollen zwischen In- und  Ausländern, die die Menschenwürde von Flüchtlingen und deren Grundrechte in Frage stellen, sie hassen den aufwändigen aber notwendigen politischen Prozess, den Ausgleich von Interessen und Meinungen, sie hassen die Vielfalt und den demokratischen Konflikt.

 

Unsere Aufgabe als politische Bildner, außerschulisch oder in der Schule, ist es, Demokratie erlebbar zu machen und diejenigen zu unterstützen, die sich beteiligen wollen. Dies in der Schule und in der Kommune zu tun, ist der Beitrag, den wir für uns und die Demokratie leisten können. Demokratische Beteiligung auf allen Ebenen ist das beste Mittel gegen rechtsextreme Propaganda, die Demokratie und Vielfalt ablehnt. Dabei sind nicht nur, aber auch die politischen Parteien gefragt.

Vita Alfred Roos

  • geboren 1960 in Quierschied (Saar)
  • 1979 Abitur am Illtalgymnasium Illingen
  • 1980/81 Zivildienst
  • 1982-1990 Studium der Theologie, Politikwissenschaften, Soziologe und Philosophie in Saarbrücken, Heidelberg und Marburg
  • 1988 Erstes Theologisches Examen der Evangelischen Landeskirche im Rheinland
  • 1990 Diplom der Politikwissenschaften in Marburg
  • 1990-1993 Forschungsprojekt am Institut für Soziologie in Marburg zum Thema Menschenrechte
  • 1994-2001 Mitarbeiter des Amtes für ev. Kinder- und Jugendarbeit in Berlin und Brandenburg 
  • seit 2001 Geschäftsführer und Leiter der RAA Brandenburg
  • seit 1997 Vorstandsmitglied des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
  • seit 2006 stellvertretender Vorsitzender des Bildungsverbundes für die internationale Jugendbegegnungsstätte Sachsenhausen

Redaktionell verantwortlich: Ralf Dietrich, LISUM