Zitat November 2007

Zitat November 2007

Vita Sigrun von Hasseln

  • Jg. 1952, 3 Kinder
  • Vorsitzende Richterin am Landgericht Cottbus (Vorsitz gr. Jugendstraf- und Jugendschutzkammer)
  • Schriftstellerin (Der Justizirrtum u.a.) und Sachbuchautorin (Jugendrechtshaus, Rechtspädagogik, Jugendrechtsberater, Verkehrsrechtsberater u.a.); zahlreiche Veröffentlichungen für eine humane Rechts- und Verantwortungsgesellschaft im 21. Jahrhundert
  • 1994 bis 2004 Vorsitzende, seit 2004 Ehrenvorsitzende des Vereins Recht und Gesellschaft e.V.
  • seit 2002 Mitgründerin und Vorsitzende des Bundesverbandes der Jugendrechtshäuser Deutschland e.V.
  • seit 2002 Vorsitzende der Arbeitsgruppe "Kinder-, Jugend- und Gewaltdelinquenz; Jugendschutz" des Landespräventionsrates Brandenburg
  • seit 2006 Mitgründerin und Vorsitzende des "Trägervereins der Akademie für Rechtskultur und Rechtspädagogik e.V."
  • seit WS 2006 Lehrbeauftragte der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus für "Rechtspädagogik"
  • Oktober 2006: Bundesverdienstkreuz für Begründung und Aufbau der Jugendrechtshausbewegung und der Rechtspädagogik

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Einzelheiten: www.hasseln.de

Habe jeden Tag neuen Mut, deinen Verstand, dein Gefühl und deine Tatkraft für dich und für einen anderen zu nutzen und du wirst staunen, wie gut es dir geht!   frei nach Immanuel Kant (1724-1804)

 

"Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es Anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein?" Dieser, im Jahr 1784 von Immanuel Kant geprägte Wahlspruch der Aufklärung hat zu Beginn des 21. Jahrhunderts besondere Aktualität.

 

Heute ist es noch bequemer geworden, unmündig zu sein. Es reicht ein leichter Druck auf die Fernbedienung und alles Denken wird mir abgenommen. Vielleicht erliege ich nicht schon den Lockrufen der Werbung, nur dann eine gute Mutter zu sein, wenn ich einen bestimmten Weichspüler kaufe. Doch das Weltbild, das uns rund um die Uhr ins Wohnzimmer übermittelt wird, wirkt so gigantisch vielschichtig, komplex und schwierig, dass ich mich als Mensch mit Verantwortungsbewusstsein verzweifelt frage, was ich als einzelner tun kann, um Bildungsnotstand, globalen Umwelt- und Welternährungsproblemen, Massenarbeitslosigkeit und internationaler Terrorgefahr entgegen zu wirken.

 

Da ist es zuweilen doch ganz angenehm, auf dem Bildschirm selbstbewusste Menschen zu erleben, die offenbar Rezepte und die Kraft haben, alles Elend zum Besseren zu wenden. Und irgendwann siegt der Teil in mir, der sagt, dass auch ich Anspruch auf Lebensqualität, auf Bequemlichkeit habe. Bald lasse ich mich in die "Schöne neue Welt" der Unterhaltung mit dem verbraucherfreundlich geschnürten Selbstfindungspaket entführen und wenn nötig, mit Hilfe von Aldous Huxleys Glückspillen "Soma" in einen wahrhaft "glücklichen Zustand" in der Gewissheit versetzen: man hat mich lieb.

 

Jeder, der ehrlich ist, wird wohl solche Elemente der "Faulheit und Feigheit" auch in sich kennen gelernt haben, sind sie uns Menschen doch mit unserer ganzen Widersprüchlichkeit immanent.

Wir sind deshalb aber noch keine Versager. Jeder Tag birgt eine neue Chance, es besser zu machen.

 

Wichtig ist, dass wir uns und andere nicht überfordern. Verstand ist nicht alles. Vernunft, Liebe und Dynamik müssen den Alltag bestimmen, wobei sie sich jeweils in einem ausgewogenen Maße begrenzen. Das lernen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in der Rechtspädagogik, einer Methode, die es erleichtert, in der High-Tech-Gesellschaft des 21. Jahrhunderts mit seiner kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Vielfalt in eine lebenswerte Zukunft der friedlichen Nachbarn zu wachsen und die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam zu bewältigen.

Dabei obliegt dem Recht als zentralem Friedenselement der Vernunft eine fundamentale Rolle beim Zusammenleben heute. ?Recht ist so wichtig wie das tägliche Brot.? schrieb Roland Makowka, der frühere Präsident des Landgerichts Hamburg. Unsere Rechtsordnung mit ihren Menschen- und Grundrechten ist zur wichtigen internationalen, Kulturen übergreifenden ethisch-moralischen Instanz gewachsen. Sie schützt uns und eröffnet jedem Menschen neue Chancen.

 

So können wir auch heute (wieder) den Mut haben, unseren Verstand, unser Gefühl und unsere Tatkraft täglich neu zu nutzen! Das Echo anderer Menschen, die ebenfalls etwas für die Gesellschaft bewegen wollen, lässt meist nicht lange auf sich warten. Und das wiederum mobilisiert neue Kraft in uns für uns und für unsere Kinder!

 


Was ist Rechtspädagogik?
Die Rechtspädagogik versteht sich als interdisziplinärer und ganzheitlicher Bildungs- und Erziehungsansatz für Kinder und Erwachsene auf der Basis internationaler Rechts- und Ethikgrundsätze, um auch in einer von Kulturenvielfalt und sozialen Herausforderungen geprägten globalen Welt mit anderen in friedlicher Nachbarschaft (über)leben zu können. Die Rechtspädagogik, die auch in der Kriminalprävention eine erfolgreiche Rolle spielt, reicht in "Theorie und Praxis weit in die Zukunft". (Prof. Dr. Dieter Rössner in seinem Vorwort zum Werkstattband "Rechtspädagogik. Von der Spaß- in die Rechts- und Verantwortungsgesellschaft." Berlin 2006)

"Sie ist ein, vielleicht der wichtigste Bildungs- und Erziehungsansatz für ein friedliches Zusammenleben im 21. Jahrhundert." (Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit bei der Eröffnung der Akademie für Rechtskultur und Rechtspädagogik am 22.9.2006 in Cottbus).

Rechtspädagogik an der Universität Cottbus
Seit dem WS 06/ 07 wird Rechtspädagogik an der BTU Cottbus gelehrt. Rechtspädagogik soll nach und nach auch in das Lehrangebot anderer Universitäten aufgenommen werden.

Redaktionell verantwortlich: Ralf Dietrich, LISUM