Paralleler Einschätzungsbogen
Wenn Lernende ihre Lernergebnisse selbst einschätzen, sind sie – zu Recht – überzeugt von ihrer Einschätzung und haben keinen Grund, ihre Einschätzungen zu hinterfragen.
Erst durch die Fremdeinschätzung einer Lernpartnerin bzw. eines Lernpartners – z. B. mit einem Parallelbogen (Abb. 40) – gibt es einen Anlass, die eigene Einschätzung mit einer weiteren Einschätzung zu vergleichen und sich damit auseinanderzusetzen.
Für eine parallele Einschätzung wird eine Vorlage zur Selbsteinschätzung und eine zur Fremdeinschätzung benötigt. Beide Einschätzungsbogen sind in den Kriterien identisch und unterscheiden sich nur in kleinen Details, z. B. in der Anrede.
In dem Beispiel in Abb. 40 sind vier Kriterien zur Lesekompetenz aufgelistet (Leseflüssigkeit, Lesetempo, Betonung, Aussprache) und mit einer vierteiligen Sternchenskala unterlegt. Durch Markieren der Sternchen wird angezeigt, wie gut das Kriterium erfüllt wurde: Je mehr Sternchen farblich gekennzeichnet sind, umso besser war die Leistung.
Hat das Kind und seine Lernpartnerin bzw. sein Lernpartner den Bogen ausgefüllt, stellen sie sich gegenseitig ihre Einschätzungen vor, erläutern ihre jeweiligen Angaben und beantworten Rückfragen.
Es geht in dem Gespräch nur um die Wahrnehmung und den Austausch der jeweiligen Sichtweisen. Die Schülerinnen und Schüler müssen keinen Kompromiss bei ihren Aussagen finden.
Einschätzungssonne
Die Einschätzungssonne ist eine Vorlage zur Fremdeinschätzung. Sie ist so angelegt, dass mehrere Schülerinnen bzw. Schüler – in Abb. 29 sind es vier – ihre Einschätzung in die Vorlage eintragen können. Diese Schülerinnen und Schüler werden entweder von der Lehrkraft bestimmt oder – was empfehlenswert ist – von der Schülerin bzw. dem Schüler ausgesucht, deren/dessen Leistung eingeschätzt werden soll.
In dem Beispiel in Abbildung 41 bewerten vier Schülerinnen oder Schüler nach drei vorgegebenen Kriterien die Präsentation eines Teams. Es handelt sich um drei Kriterien, die am Projektbeginn mit allen Schülerinnen und Schülern besprochen und an Beispielen erläutert wurden:
- Der Inhalt wird mit eigenen Worten verständlich erklärt.
- Die Lautstärke ist der Situation angemessen und die Aussprache deutlich.
- Die Schrift ist auf Entfernung gut sichtbar und lesbar.
Den für die Einschätzung ausgewählten Schülerinnen bzw. Schülern werden jeweils drei Strahlen zugeordnet, die von 1 bis 3 – analog zu den Kriterien – durchnummeriert sind. Außerdem wird jeder Schülerin bzw. jedem Schüler eine Stiftfarbe für die Markierungen zugeordnet. Jede Schülerin bzw. jeder Schüler trägt ihren bzw. seinen Namen in eines der Namensfelder ein. Nach der Präsentation markiert das Kind zu jedem Kriterium seine Einschätzung, indem die passende Anzahl von Punkten in der jeweiligen Reihe farblich von außen nach innen gekennzeichnet werden Je mehr Punkte markiert sind, umso besser wird die Leistung eingeschätzt.
Anschließend stellen die Schülerinnen und Schüler ihre Bewertungen in der Gruppe vor und begründen ihre Entscheidungen. In der Schuleingangsphase empfiehlt es sich, die Vorstellung der Einschätzungen in der Großgruppe zusammen mit der Lehrkraft durchzuführen, damit sie helfen kann, Konflikte zu lösen bzw. Impulse zum Nachfragen geben kann. So kann sie z. B. dafür sorgen, dass das betroffene Kind sich auch zu den Einschätzungen äußern kann. Wenn die Schülerinnen und Schüler genügend Erfahrungen gesammelt haben, können sie das Verfahren auch selbstständig in Kleingruppen anwenden.
Lernkonferenzen
Bei komplexen Anforderungen, z. B. Texte verfassen, ist ein einzelnes Kind schnell überfordert mit der Einschätzung von Lernergebnissen, weil zu viele unterschiedliche Kriterien eine Rolle spielen. Das wird einfacher, wenn die Kriterien auf mehrere Kinder verteilt werden, z. B. in Lernkonferenzen oder Expertenrunden. Dafür werden kleine Gruppen von 3 bis 4 Lernenden zusammengestellt. Jedes Gruppenmitglied ist für eine überschaubare Anzahl von Kriterien zuständig und gibt zu diesen Kriterien Rückmeldungen.
Das Beispiel in Abb. 42 und 43 für eine Schreibkonferenz zum Einschätzen eines Textes zeigt die Karte zum Kriterium Ordnung. Auf der Vorderseite ist der Einschätzungsbereich (Textlupe: Ordnung) angegeben, auf der Rückseite sind verschiedene Fragen aufgeführt, die an die wichtigen Aspekte für die Einschätzung erinnern.
Der Text, der eingeschätzt werden soll, wird von den Gruppenmitgliedern selbst gelesen bzw. er wird vorgelesen. Anschließend geben die einzelnen Gruppenmitglieder zu ihrer jeweiligen Textlupe eine mündliche (oder auch schriftliche) Rückmeldung an das Autorenkind.
Bei so umfangreichen Rückmeldungen ist es sinnvoll, wenn mit der Lernkonferenz oder Expertenrunde nicht bis zur Schlussfassung des Textes gewartet wird, sondern die Schülerinnen und Schüler sich bereits zwischendurch zu einer Entwurfsfassung äußern.
Die Rückmeldung der Gruppenmitglieder zielt so darauf, Tipps und Hinweise zur Verbesserung eines Produkts einzubringen, die in die Überarbeitung bzw. Fertigstellung des Textes vom Autorenkind noch mitberücksichtigt werden können.
Autorin: © Mechthild Pieler
Redaktionell verantwortlich: Erna Hattendorf
Der Bildungsserver Berlin-Brandenburg ist ein Service des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Berlin) und des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport Land Brandenburg.