Die Schulbibliothek unterstützt mit ihren Angeboten innovative Sprachbildung

Zwei- und mehrsprachige Kinderbücher
Viele mehrsprachig aufwachsende Kinder besuchen Grundschulen in Berlin und Brandenburg. Wenn es um Sprachbildung geht, ist es wichtig, im Unterricht neben der deutschen Sprache auch die Herkunftssprachen der Kinder zu berücksichtigen und wertzuschätzen. Mittlerweile werden immer mehr Beispiele für die Praxis bzw. in der Praxis entwickelt, wie die Mehrsprachigkeit der Kinder im Schul- und Unterrichtsalltag ihren berechtigten Platz finden kann. Alle Kinder werden dadurch angeregt, sich für die Vielfalt der Sprachen zu interessieren und Metasprachlichkeit zu entwickeln sowie sich der Gleichwertigkeit von Sprachen bewusst zu werden. Schule bildet so ein positives Gegengewicht zu einer sich immer noch primär einsprachig verstehenden Gesellschaft. Die Schulbibliothek kann hierzu mit einem Angebot an zwei- bzw. mehrsprachigen Büchern einen wichtigen Beitrag leisten und bedeutsame sprachbildende sowie interkulturelle Erfahrungen initiieren und begleiten.
Inzwischen gibt es ein entdeckenswertes, sich ständig erweiterndes Angebot an zwei- oder mehrsprachigen Bilder- und Kinderbüchern. Daneben finden sich auch interessante Materialien mit Anregungen für den Umgang mit mehrsprachigen Kinderbüchern, z. B. zum mehrsprachigen Vorlesen, die auch für die Arbeit in der Schulbibliothek dienlich sind.
Empfehlenswerte Broschüren und Artikel:
Bildung braucht Bildungsbücher
Die Medienpädagogin Sylvia Näger hat einen ca. 200 Titel umfassenden Empfehlungskatalog (2022/2023) für den Buchbestand in Kindertagesstätten zusammengestellt, der eine Literaturübersicht mit kurzen Kommentaren bietet. Die Bereiche Mehrsprachigkeit und Multikultur sind bei der Zusammenstellung integriert.
Sylvia Näger: Bildung braucht Bildungsbücher (2022/2023)
Bilderbücher und viele Sprachen
Die Schweizer Fachfrau für interkulturelle Pädagogik Silvia Hüsler beschreibt in diesem Artikel, wie wichtig mehrsprachige Bilderbücher in Kindertageseinrichtungen sind, und stellt unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten vor.
Silvia Hüsler: Bilderbücher und viele Sprachen (2009)
Vorleseangebote mehrsprachig gestalten
Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften ist Herausgeber der Broschüre, die praxisnahe Anregungen gibt, wie z. B. ehrenamtliche Vorleser*innen gewonnen und Vorleseangebote mehrsprachig umgesetzt werden können.
Vorleseangebote mehrsprachig gestalten
Interkulturelle Kinderbücher. Erläuterungen und Empfehlungen
Die Broschüre des Verbands binationaler Familien und Partnerschaften möchte mit der Broschüre Eltern, Pädagog*innen und weitere Interessierte bei der Auswahl von Büchern unterstützen, die die kulturelle, sprachliche und religiöse Vielfalt unser heutigen Gesellschaft klischeefrei thematisieren.
Mehrsprachigkeit zur Entwicklung von Sprachbewusstsein – Sprachbewusstsein als Element der Sprachförderung
Die Broschüre hat das Ziel, ein Bewusstsein für die Mehrsprachigkeit in unserer Gesellschaft zu schaffen und Kenntnisse über die Sprache der Kinder zu vermitteln. Daneben wird auch der Einsatz mehrsprachiger Bilderbücher in der Sprachförderung thematisiert sowie eine Liste mehrsprachiger Bilderbücher aufgeführt.
Weitere nützliche Links:
Verlage und Portale mit mehrsprachigen Kinderbüchern
Eine Zusammenstellung von Links zu Verlagen und Portalen mit mehrsprachigen Kinderbüchern findet man unter
http://www.mehrsprachigvorlesen.verband-binationaler.de/
Kolibri - Kulturelle Vielfalt in Kinder- und Jugendbüchern
Der Empfehlungskatalog "Kolibri" präsentiert jährlich Kinder- und Jugendbücher für alle Altersstufen, die eine offene Begegnung mit anderen Kulturen ermöglichen, Einblick in fremde Kulturen bieten und Aspekte des interkulturellen Zusammenlebens aufzeigen. Die Bestellmöglichkeit in Deutschland findet man unter
https://www.jugendliteratur.org/kolibri/c-126
Textfreie Bilderbücher
Textfreie Bilderbücher sind ideale Türöffner für mehrsprachige und multikulturelle Gruppen. Das textfreie Bilderbuch erzählt ausschließlich mit Bildern und fordert so das genaue Hinschauen und die tiefe Auseinandersetzung mit Bildern heraus. Aufmerksame Betrachter*innen verstehen den Inhalt unabhängig von Herkunftssprache, Alter oder wie gut sie deutsche Texte verstehen können. In welcher Sprache sie sich zu den Bildern äußern, es ist immer die richtige! Textfreie Bilderbücher integrieren somit alle Betrachter*innen, weil sie universell verstehbar sind. Ein Angebot textfreier Bilderbücher sollte in jeder Schulbibliothek bereit stehen.
Für viele vielleicht unerwartet: Im Rahmen sprachbildender Aktivitäten zeigt das textfreie Bilderbuch ganz großes Potenzial. Gerade weil es nahezu ohne Worte auskommt, ist die Beschäftigung mit textfreien Bilderbüchern ganz besonders sprachanregend, die Auseinandersetzung ungemein sprachintensiv.
Die LISUM-Broschüre „Neunauge – Von der Lust am Bild zur Bildung der Sprache mit textfreien Bilderbüchern“ stellt dar, wie effektiv dieses besondere Potenzial textfreier Bilderbücher in der Sprachbildung und im Rahmen verschiedenster sprachfördernder Maßnahmen – auch in der Schulbibliothek – eingesetzt werden kann. Die drei Autorinnen – Katja Eder, Katrin Seewald und Sarah Wildeisen – stellen neben einem grundlegenden Hintergrundwissen zahlreiche erprobte Methoden und Anregungen zur Verfügung, wie Kinder auf höchst motivierende Weise von der Lust am Bild zur Bildung von Sprache mit textfreien Bilderbüchern didaktisch begleitet werden können.
Methodensammlung von A bis Z
(bearbeiteter Auszug aus der Broschüre "Neunauge")
BildArchitekten
Das Bilderbuch wird zuerst gemeinsam betrachtet und die Geschichte von allen erzählt. Städtebauliche Details werden schwarz-weiß kopiert und auf ein großes Plakat oder eine Papierrolle geklebt. Durch Weiterzeichnen ersteht ein großes Gemeinschaftsbild.
Bildergucker-Wörtersucher
Der Reihe nach nennt jedes Kind ein passendes Wort zum aufgeschlagenen Bild (in einer frei gewählten Sprache), die Wörter werden notiert und evtl. auch über einen längeren Zeitpunkt gesammelt. Sie dienen als Fundus, um dann zusammen oder auch in Gruppen eine Geschichte zu gestalten.
Eine Variante ist es, gezielt Wörter nach Wortarten zu differenzieren und sammeln zu lassen.
BücherLabor/MedienLabor
Variante 1
Im Zuge einer Stationenarbeit können nicht nur unterschiedliche textfreie Bilderbücher präsentiert, sondern dabei auch verschiedene Methoden der Erschließung ausprobiert werden.
Variante 2
Ein Buch bzw. ein Thema bildet die Grundlage für eine Stationenarbeit. Die Stationen können durch Apps bzw. kreative Zugänge gestaltet werden, die den Inhalt des textfreien Bilderbuches noch besser erfahrbar machen.
Variante 3
Zu einem textfreien Bilderbuch oder einer speziellen Gattung textfreier Bilderbücher (z. B. Wimmelbilderbücher) wird eine Stationenarbeit als Mix der hier vorgestellten Methoden erarbeitet und angeboten.
„Der sagt vielleicht ...“
Farbige Kopien aus dem Bilderbuch liegen verteilt auf Tischen. Auf Blankosprech- bzw. -denkblasen notieren bzw. diktieren die Kinder Ausrufe, Aussprüche und Gedanken von Figuren (z. B. von Personen, Tieren) der Geschichte. Kommen Wörter und Begriffe in verschiedenen Sprachen zusammen, wird sofort deutlich, dass die Geschichte in diesem Buch alle Sprachen der Welt in sich vereint, dass es eine gemeinsame Geschichte ist. Diese Aktion bietet sich gerade auch für Veranstaltungen mit Eltern an. Die Spielidee kann ebenfalls als Aufgabe bei einer Stationenarbeit zu einem textfreien Bilderbuch angeboten werden.
Detailkärtchen
Jedes Kind erhält einen laminierten Bildausschnitt aus dem Bilderbuch und erzählt, was darauf zu sehen ist. Dann wird ein Signalwort, z. B. Bingo verabredet. Beim gemeinsamen Betrachten des Buches passen die Kinder nun genau auf, wann ihr Motiv erscheint. Haben sie es entdeckt, rufen sie laut Bingo und zeigen ihre Karte.
Die richtige Reihenfolge
Die einzelnen Seiten des Buches werden farbig kopiert. Alle Bilder werden durcheinander ausgelegt. Manchmal ist es sinnvoll, das erste und das letzte Bild der Geschichte zu benennen. Die Aufgabe für die Kinder besteht nun darin, die Bilder in die richtige Reihenfolge zu bringen und die Geschichte am Ende gemeinsam zu erzählen. Dabei können die Bilder z. B. im Kamishibai gezeigt werden.
Variante: Kopiert man den Bildersatz doppelt, kann das Spiel auch in zwei Gruppen als Wettspiel durchgeführt werden. Welche Gruppe schafft es zuerst, die richtige Reihenfolge herzustellen? Jede Gruppe erzählt dann zum Abschluss ihre Lesart der Geschichte, die nicht übereinstimmen muss ...
Drag and Draw
Im Stil des zuvor gemeinsam angeschauten Bilderbuches zeichnet jedes Kind eine Schwarz-Weiß-Vorlage für ein Ausmalbild, z. B. von Häusern. Diese wird an den Nachbarn weitergereicht und von diesem koloriert.
Erzählt doch mal
Dies ist die einfachste Methode. Die Geschichte wird beim Betrachten des Buches von den Kindern gemeinsam erzählt. Der Erzählfluss kann von der Moderatorin oder dem Moderator durch offene Fragen unterstützt und gelenkt werden – ein kleiner Balanceakt, bei dem gleichzeitig der Freiraum zum Erzählen, Spekulieren, Benennen erhalten bleiben sollte. Durch Einsatz des korrektiven Feedbacks gelingt en passant die richtige grammatikalische Wendung oder Benennung von dargestellten Sequenzen.
Heute bin ich
Schon in der Kita wählen sich Kinder gerne eine Rolle aus. Frei nach dem Motto: „Ich bin dann mal ...“ suchen sich die Betrachtenden einen tierischen oder menschlichen Protagonisten aus und verfolgen seine Geschichte von Seite zu Seite weiter. Ihre Beobachtungen versprachlichen sie je nach Sprachniveau.
Ich sehe was, was du nicht siehst
Das Buch wird gemeinsam betrachtet. Die Kinder oder die Moderatorin bzw. der Moderator stellen Fragen zu den Bildern im Buch.
Lupe
Die Kinder erhalten gebastelte Lupen (Ausschnittsucher), mit deren Hilfe sie als Bilddetektivinnen und Bilddetektive Suchaufträge zu Personen, Tieren oder Gegenständen lösen können. Je nach Alter der Kinder variieren diese in ihrer Komplexität. Die Lupenform kann auch durch ein anderes Motiv ersetzt werden, z. B. durch einen Bilderrahmen. Bei der Umsetzung ist es sinnvoll, einzelne oder alle Seiten des Buches farbig zu kopieren oder die Bücher in mehreren Exemplaren vorliegen zu haben.
Variante: Alle Kinder bekommen die gleiche Seite und suchen um die Wette.
MedienMix
Das Buch wird zuerst gemeinsam betrachtet und die Geschichte von allen erzählt (siehe Methode Erzählt doch mal). Danach werden auf Tablets, per Beamer oder Smartboard zum Thema des Buches passende Apps gezeigt und ausprobiert.
Our own
Das Buch wird zuerst gemeinsam betrachtet und die Geschichte von allen erzählt (s. Methode Erzählt doch mal). Dann wird die Geschichte nachgespielt, vielleicht als Pantomime. Ebenso könnten einzelne Szenen als Dialoge vorgestellt werden oder als Standbilder. Oder es wird ein kleiner Film gedreht ...
Schlüsselbilder
Ein oder zwei zentrale Bilder liegen in der Mitte oder werden über das Smartboard betrachtet. Sie sind der Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit dem Buch und führen zu verschiedenen W-Fragen: Was ist passiert? Wer guckt hier wen an? Was war vorher? Was passiert weiter? Alle Vermutungen werden am Smartboard oder auf einem Plakat notiert. Danach wird das Buch gemeinsam betrachtet und am Ende werden die Vermutungen überprüft.
So oder so
Eine Geschichte wird mal aus der Perspektive der einen, mal aus der Perspektive der anderen Hauptfigur erzählt. Zuerst wird das Buch gemeinsam betrachtet und die Geschichte von allen erzählt (s. Methode Erzählt doch mal). Auf einem großen Plakat werden die Protagonisten zusammengetragen. Es wird überlegt, welche Stimme man den Figuren geben könnte oder wie diese sich fühlen. Nacheinander werden Kinder ausgewählt, die in die Rolle eines der Protagonisten schlüpfen und die Geschichte aus seiner Perspektive erzählen. Danach ist das nächste Kind an der Reihe.
Tipp: Die Geschichte kann auch an verschiedenen Tagen aus der Perspektive verschiedener Rollen und in verschiedenen Sprachen erzählt werden. So nutzt sich die Geschichte nicht so schnell ab und bleibt länger präsent.
Was ist denn hier passiert?
Hier muss hin und her geblättert werden: Die Kinder entdecken den Missing Link – Gegenstände oder Geschehnisse, die auf Vergangenes oder Zukünftiges verweisen – von einer Buchseite zur anderen. Sie beobachten die Veränderung der Protagonisten, der dargestellten Gegenstände usw.
Was steckt hier drin?
Jedes Bilderbuch enthält ein Thema und bietet Spielideen, die sich aus dem Buchinhalt, aus der ästhetischen Umsetzung bzw. aus den Protagonisten ergeben. Diese spielerische Herangehensweise dient dazu, den Inhalt des Buches vorzubereiten oder im Nachgang den Inhalt zu vertiefen. So kann das Buch Teil eines Projekttages sein oder in ein aktuell zu bearbeitendes Thema integriert werden.
Wer findet ...?
Die Kinder werden in Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe erhält das gleiche Bild aus einem textfreien Bilderbuch. Welche Gruppe findet darauf die meisten Verben, Adjektive oder Nomen? Das Spiel kann in verschiedenen Runden gespielt werden.
Wie geht’s weiter?
Das Buch wird zuerst gemeinsam betrachtet und die Geschichte von allen erzählt (siehe Methode: Erzählt doch mal). Jedes Kind wählt nun eine Person oder ein Tier aus dem Buch aus. In eigenen Geschichten werden sie lebendig oder erleben eine Fortsetzungsstory, die geschrieben oder gezeichnet werden kann.
Wie klingt denn das?
Das Buch wird von allen gemeinsam betrachtet. Spontan werden Wörter und Geräusche frei zu den Bildern assoziiert.
Zwei passen
Geeignete Seiten des Buches werden doppelt und farbig kopiert oder gescannt und ausgedruckt. Aus jeweils zwei gleichen Bilddetails kann ein Memory erstellt werden. Damit der Bildausschnitt identisch ist, bietet sich das Erstellen einer quadratischen Schablone an. Für diese Methode eignen sich besonders Wimmelbilderbücher.
Good Practice: Schulbibliothek der Hunsrück-Grundschule
Die Hunsrück-Grundschule liegt in Berlin-Kreuzberg und ist eine gebundene Ganztagsschule. Die Schulbibliothek mit dem Namen „Vielfalt Lesen“ hat ein breites Angebot, das vorbildhaft die Mehrsprachigkeit vieler ihrer Nutzerinnen und Nutzer berücksichtigt. Das Konzept der Schulbibliothek wird in der folgenden Präsentation vorgestellt:
Vielfalt Lesen - Präsentation der Bibliothek der Hunsrück-Grundschule
Redaktionell verantwortlich: Erna Hattendorf
Der Bildungsserver Berlin-Brandenburg ist ein Service des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Berlin) und des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport Land Brandenburg.