Ein Kind ist rechenschwach, weil und solange es noch nicht besser rechnen gelernt hat.
Michael Gaidoschik 2009
Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat als Begleitung der Veröffentlichung der AV Rechenstörungen im Schuljahr 2009/2010 und im Schuljahr 2010/2011 eine Fortbildungsinitiative durchgeführt. Hauptanliegen war die Professionalisierung der in der Schulanfangsphase Mathematik unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer mit dem Ziel, der Entstehung von Rechenstörungen von Anfang an entgegenzuwirken.
Durch die Vermittlung von aktuellen Erkenntnissen zu grundlegenden Lernprozessen in elementarer Mathematik und zu Lernhindernissen und deren Vermeidung bei so genannten rechenschwachen Kindern werden die schulischen Möglichkeiten der Prävention von Rechenstörungen bestmöglich ausgeschöpft.
Senator Zöllner: "Die Bemühungen zur frühzeitigen Vermeidung von Lernstörungen in Mathematik sind das effektivste Mittel, um das Auftreten von Rechenschwäche bei Kindern dauerhaft zu vermeiden."
Die Fortbildungsinitiative erfasste innerhalb von zwei Schuljahren drei bis fünf Kolleginnen und Kollegen aller Berliner Grundschulen. Sie startete im Schuljahr 2009/2010 mit insgesamt 40 Ganztagsveranstaltungen und 40 Nachmittagsveranstaltungen. Im Schuljahr 2010/11 wurde die Fortbildungsmaßnahme mit 44 Ganztagsveranstaltungen und 40 Nachmittagsveranstaltungen fortgesetzt und abgeschlossen. Insgesamt nahmen 1789 Kolleginnen und Kollegen aus 423 Schulen an der Fortbildungsinitiative teil.
Da diese Maßnahme beendet ist, wird diese Seite nicht mehr aktualisiert. Die Materialien auf dieser Seite bleiben weiter zugänglich.
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Rechenstörung – Was ist das?
In der Fachliteratur ist keine einheitliche Definition von Rechenstörungen zu finden. Eine konsensfähige Umschreibung ist die Formulierung, dass ein Kind auf Grund noch fehlender Voraussetzungen kein Verständnis für Zahlen, Rechenoperationen und Rechenstrategien aufbauen konnte. Die Angaben über betroffene Schüler schwanken in der Literatur zwischen 2% und 10%. Bislang konnten keine Ursachen identifiziert werden, die zwangsläufig zu einer Rechenschwäche führen. Risikofaktoren, die das Entstehen von Rechenstörungen begünstigen können, aber nicht zwangsläufig dazu führen müssen, gliedern sich vornehmlich in drei Ursachenfelder: individuelle Faktoren, didaktische Risikofaktoren und familiäre und soziale Risikofaktoren. (mehr dazu in: <media 5350 - download>W. Schipper: Rechenstörungen als schulische Herausforderung</media>)
Grundlegende Rechenstrategien
Die Disposition, in deren Folge sich im Laufe der ersten Schuljahre eine manifeste Rechenschwäche etablieren kann, fordert ein rechtzeitiges methodisch-didaktisches Herangehen, das dieser Entwicklung vorbeugt. Der Schlüssel für erfolgreiche Lernprozesse im Rechenunterricht scheint hauptsächlich in der Erschließung der arithmetischen Strukturen zu liegen. Ein gut strukturierter Mathematikunterricht mit besonderem Augenmerk auf Risikokinder ist die beste Prävention gegen Rechenschwäche. Mathematiklehrer brauchen ein fundiertes Wissen über nicht-zählende Rechenstrategien und ihre Förderung und ergo über die verheerenden Folgen, die verfestigtes zählendes Rechnen haben kann.
Nun ist es eins der vermeintlichen Paradoxa des Mathematikunterrichts, Veranschaulichungsmittel zu verwenden, um eine Ablösung davon zu erzielen. H. Jansen/J.H. Lorenz 2005
Veranschaulichungsmaterialien haben im Mathematikunterricht eine zentrale Funktion. Zählende Handlungen fördern zählendes Rechnen. Das eingesetzte Veranschaulichungsmaterial muss das Ausführen der angestrebten Rechenstrategien ermöglichen und die Ablösung vom Zählen zum Ziel haben. Kopfrechenstrategien entstehen als mentale Verinnerlichung aus Handlungen an Materialien. Das Reden über Zusammenhänge, Beschreiben der Handlungen und Benennen gegebener Strukturen geben Einblick in das, was das Kind bei Materialhandlungen denkt und helfen ihm, sich wieder vom Material zu lösen.
Mathematische Kompetenzen erkennen und weiter entwickeln
Wichtigstes Instrument der Diagnose sind die Fehler, die ein Kind beim Rechnen macht. Sie geben Einsicht in das Denken des Kindes und können zeigen, welche subjektiven (falschen) Strategien das Kind benutzt. Die prozessbegleitende Diagnostik setzt einen Unterricht voraus, in dem über Mathematik geredet wird und in dem Schülerinnen und Schüler ermuntert werden, ihr Vorgehen zu erklären und zu kommentieren. Gerade auch lernschwachen Kindern entspricht der aktiv-entdeckende Unterricht weit mehr als traditionelle Unterrichtsformen, die dem Ansatz des kleinschrittig-reproduktiven Übens auf der Grundlage eines belehrenden Unterrichts folgen.
Denkanalyse (aus Gaidoschik, Michael: Förderung rechenschwacher Kinder: Wege und Irrwege; www.rechenschwaeche.at 02. 05. 2009)
„Ich muss also das mathematische Denken der Kinder ernst nehmen, auch und gerade dort, wo Kinder zu falschen Lösungen kommen; ich muss anerkennen, dass sie das aufgrund von Überlegungen tun, die ihnen selbst richtig erscheinen; ich muss sie dazu bringen, über diese Überlegungen Auskunft zu geben, nicht nur verbal (was mitunter schwierig ist), sondern vor allem auch durch Vorzeigen ihrer Lösungswege; und ich muss daraus aufgrund meines Fachwissens und meiner Erfahrung die richtigen Schlüsse ziehen.“
Michael Gaidoschik beschreibt hier anschaulich die von ihm als Denkanalyse bezeichnete Grundhaltung gegenüber rechnenden Kindern. Traditionell erwartet man vielleicht, dass Schüler den erklärenden Ausführungen der Lehrer folgen, aber es sind ja immer die Kinder, die Strukturen und Erklärungsmuster ausbilden müssen, um etwas zu verstehen. Die Überlegungen der Kinder geben Auskunft über ihre Vorerfahrungen und Denkmodelle. Nur wenn wir sie verstehen, können wir die Kinder dabei unterstützen, ihr Wissen und Verständnis zu vertiefen.
Materialien
- Erfolgreich rechnen lernen Prävention von Schwierigkeiten – Diagnose – Förderung, Dr. Axel Schulz - Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM), Ludwigsfelde 2020
- Ausführungsvorschriften zur Förderung bei besonderen Schwierigkeiten im Rechnen (AV Rechenstörungen)
- vom 16. Januar 2014 - Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Berlin
- Lernschwierigkeiten erkennen – verständnisvolles Lernen fördern
Wilhelm Schipper, Modul G4: SINUS-Transfer Grundschule, Kiel 2005 (pdf - 1,17 MB) - Übungen zur Prävention von Rechenstörungen, Wilhelm Schipper (pdf - 2,3 MB)
- Individuelle Stärken herausfordern - 11 Lernumgebungen für einen differenzierenden kompetenzorientierten Mathematikunterricht von der Schulanfangsphase bis zur 6. Klasse,
Hrsg.: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Berlin, 2009 (pdf - 2,38 MB) - Kompetenzorientiert unterrichten - 34 Aufgaben zur Förderung der allgemeinen mathematischen Kompetenzen im 2. Schuljahr
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Berlin, 2009 (pdf - 1,56 MB) - Lerndokumentation Mathematik - Anregungsmaterialien (transkigs)
- TIPP: Rechenschwäche verstehen - Kinder gezielt fördern, Gaidoschik, Michael, Persen-Verlag
Redaktionell verantwortlich: Anita Pfeng, SenBJF
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