Die in § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtend vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung (GBU) ist das zentrale Element im Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Die systematische Beurteilung der Arbeitsbedingungen des pädagogischen Personals und der damit verbundenen Gefährdungen bildet die Handlungsgrundlage für zielgerichtete und wirksame Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz Schule. Hierzu zählen Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit (§ 2 Absatz 1 ArbSchG).
Gemäß der VV-Dienstvorgesetztenaufgaben-Übertragung (DAÜVV, Punkt 5) obliegt im Bereich der öffentlichen Schulen im Land Brandenburg die Verantwortung im Arbeitsschutz für den inneren Schulbereich der Schulleiterin oder dem Schulleiter. Damit sind Schulleiterinnen und Schulleiter gesetzlich verpflichtet, eine dokumentierte Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und erforderliche Maßnahmen abzuleiten und umzusetzen. Sie müssen die Maßnahmen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit prüfen und erforderlichenfalls an sich ändernde Gegebenheiten anpassen.
Umfang und Inhalt der Gefährdungsbeurteilung können je nach Schulform und der individuellen Situation vor Ort variieren und sind stets den jeweiligen Bedingungen und Erfordernissen anzupassen.
Die Schulleiterin/der Schulleiter hat die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben auf Lehrkräfte schriftlich zu übertragen, die in dem zu übertragenden Bereich fachkundig sind und eigenverantwortlich tätig werden. Die Aufgabenübertragung entbindet die Schulleiterin/den Schulleiter jedoch nicht von ihrer Aufsichts- und Organisationsverantwortung.
Die Einbeziehung von Lehrkräften und deren Vertretungen (z. B. Lehrerrat, Fachkonferenzen) kann die Umsetzung von Gefährdungsbeurteilungen und die Ableitung wirksamer und praktikabler Arbeitsschutzmaßnahmen unterstützen sowie die Akzeptanz der Maßnahmen und das Sicherheitsbewusstsein der Lehrkräfte erhöhen.
In der Formulardatenbank können Schulleiterinnen und Schulleiter auf eine große Auswahl an Handlungshilfen zur Gefährdungsbeurteilung (u.a. Checklisten) (Login erforderlich) zurückgreifen. Die Dokumente und Inhalte werden unter Berücksichtigung bestehender Vorschriften und Regeln des Arbeitsschutzes, wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie einschlägiger Leitlinien und Ergonomie‑Normen von den Betriebsbeauftragten (sicherheitstechnische Betreuung) zur Verfügung gestellt und fortlaufend aktualisiert. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht. Andere Planungs- und Umsetzungshilfen können ebenso verwendet werden.
- DGUV Information 202-058 „Prävention und Gesundheitsförderung in der Schule: Informationen und Umsetzungshilfen für Schulleitungen“
- DGUV Information 202-122 „Handlungshilfe zur pädagogischen Gefährdungsbeurteilung in Schulen: Die Vermeidung von Unfällen bei unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Aktivitäten“
Im Vorfeld, aber auch im laufenden Prozess der Gefährdungsbeurteilung können sich eine Vielzahl von Fragen und Herausforderungen ergeben. Fachkundige Beratung und Unterstützung erhalten Schulleiterinnen und Schulleiter von ihrer zuständigen Fachkraft für Arbeitssicherheit, der zuständigen Betriebsärztin oder dem zuständigen Betriebsarzt.
Bei Fragen zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung unterstützt darüber hinaus die Unfallkasse Brandenburg im Rahmen ihrer Beratungsaufgaben.
Im FortbildungsNetz (TIS-online) veröffentlicht die Arbeitsstelle „Arbeitsschutz und Lehrkräftegesundheit“ für das jeweilige Kalenderjahr Schulungsangebote zu Themen der Arbeitssicherheit und Gesundheit. Verschiedene Seminare thematisieren die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung und richten sich sowohl an Schulleitungen als auch an Lehrkräfte, die mit Aufgaben in den Arbeits- und Gesundheitsschutz eingebunden sind.
Die Seminare werden in Zusammenarbeit mit der Unfallkasse Brandenburg, dem Kompetenzzentrum für Sicherheit und Gesundheit (KSG), der Universität Potsdam und dem WiB e. V. durchgeführt.
Die Gefährdungsbeurteilung ist ein kontinuierlicher Prozess, mit dem Arbeitsbedingungen und damit verbundene Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit von Lehrkräften systematisch ermittelt und beurteilt werden.
Schritt 1
Abhängig von Arbeitsbereich und Tätigkeit können Lehrkräfte verschiedenen Gesundheitsgefahren ausgesetzt sein. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
Schritt 2
Eine Gefährdung kann sich unter anderem ergeben durch
- die Gestaltung und Einrichtung der Schule und der Arbeitsplätze
- physikalische, chemische und biologische Einwirkungen
- den Einsatz von Arbeitsmitteln und den Umgang damit
- die Gestaltung von Arbeitsverfahren, -abläufen und -zeit
- unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Lehrkräfte
- psychische Belastungen bei der Arbeit.
Schritt 3
Die Beurteilung relevanter Gefährdungen in Abhängigkeit von Eintrittswahrscheinlichkeit und möglicher Schadensschwere (Risikoabschätzung) bilden die Grundlage für die Festlegung und Umsetzung erforderlicher Arbeitsschutzmaßnahmen. Hierfür eignet sich die Risikomatrix nach Nohl („Ampelprinzip“):
Schritt 4
Bei der Festlegung von Maßnahmen gilt: Gefahren müssen immer direkt an der Quelle bekämpft werden (z.B. einen Gefahrstoff substituieren). Ist dies nicht vollständig möglich, müssen Schutzmaßnahmen nach der Maßnahmenhierarchie (T-O-P-Prinzip: technisch – organisatorisch – personenbezogen) ergriffen werden. Verhältnispräventive Maßnahmen (technische und organisatorische Maßnahmen) sind stets vorrangig.
Darüber hinaus können verhaltenspräventive Maßnahmen zur Gesunderhaltung von Kollegien und Teilkollegien (personenbezogene Maßnahmen) beitragen. Hierfür wenden sich Schulleiterinnen und Schulleiter mit der Bitte um betriebsärztliche Beratung zunächst direkt an die Ansprechpartnerin ihres zuständigen arbeitsmedizinischen Dienstes.
Hinweise zu möglichen Antragsverfahren:
- Antrag auf eine präventive Maßnahme für Kollegien oder Teilkollegien als Ableitung einer Gefährdungsbeurteilung (GBU) im Rahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
- Antrag auf Maßnahmen zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden der Lehrerkräfte am Arbeitsplatz Schule (Betriebliche Gesundheitsförderung) (Login erforderlich)
Schritt 5
Die festgelegten Maßnahmen werden unter Berücksichtigung der Priorisierung umgesetzt. Bei umfangreichen Maßnahmen hilft ein Maßnahmenplan, in dem Umsetzungstermine und Verantwortliche festgelegt sind.
Schritt 6 und 7
Die ergriffenen Maßnahmen müssen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit geprüft und erforderlichenfalls an sich ändernde Gegebenheiten angepasst und fortgeschrieben werden.
Beispiele für mögliche Anlässe:
- Hinweise auf eine besondere Unfall- oder Gesundheitsbelastung in einem Arbeitsbereich oder bei akuten psychosozialen Belastungen
- geplante oder vollzogene Änderungen im Bereich der Schulanlagen oder Unterrichtsräume
- Beschaffung neuer Arbeitsmittel, Einsatz neuer Arbeitsstoffe
- eine Änderung der Arbeitsorganisation oder Arbeitsabläufe
- Veränderungen der Schulorganisation, z. B. Ganztagsbetrieb
- Feststellung einer unzureichenden Wirksamkeit der aktuellen Arbeitsschutzmaßnahmen
- konkretisierende, anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung nach MuSchG bei Meldung einer Schwangerschaft (personenbezogen)
- Anhaltspunkte für unzureichende Schutzmaßnahmen, die sich aus der Auswertung von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen ergeben
- bei Störfällen und Havarien
- bei Auftreten von Pandemien
- neue oder geänderte Gesetze, Verordnungen und Vorschriften
Ohne diese Anlässe muss die Gefährdungsbeurteilung regelmäßig wiederholt werden. Den Zeitraum legt die Schulleitung fest. Empfehlenswert ist die Einbindung in die Jahresplanung.
Schritte 1 bis 7
Mit der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung kommen Schulleiterinnen und Schulleiter nicht nur ihrer Nachweispflicht nach, sondern sie erhalten auch eine zuverlässige Übersicht der Maßnahmen zu Sicherheit und Gesundheit in ihrer Schule und machen Entwicklungen und Erfolge nachvollziehbar. Die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung muss gemäß § 6 Arbeitsschutzgesetz folgendes beinhalten:
- das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung
- die festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und
- das Ergebnis ihrer Überprüfung,
- ggf. relevante Arbeitsunfälle.
Die hier dargestellte Vorgehensweise beruht auf den Empfehlungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua). Ausführliche Informationen zu den Grundlagen und Prozessschritten der Gefährdungsbeurteilung finden Sie unter diesem Link.
Informationen zur Gefährdungsbeurteilung
Redaktionell verantwortlich: André Koch, LIBRA
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