Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt
Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt
In Schule und Gesellschaft wird oft selbstverständlich davon ausgegangen, dass es nur zwei Geschlechter gibt, dass sich Menschen mit dem Geschlecht identifizieren, welches ihnen bei Geburt zugewiesen wurde und dass Menschen sich heterosexuell verlieben. Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt anzuerkennen bedeutet jedoch, auch LGBTI-Lebensweisen mitzudenken.
sexuelle Orientierung betreffend:
L = lesbian, lesbisch
G = schwul (engl. gay)
B = bisexual, bisexuell
das Geschlecht und die Geschlechtsidentität betreffend:
T = transgender, transgeschlechtlich
I = intersexual, intergeschlechtlich
Menschen mit LSBTI Lebensweisen bezeichnen sich auch als „queer“ (=Q). Es kann davon ausgegangen werden, dass 5-10 % aller Menschen queer sind. Somit finden sich in jeder Klasse und in jedem Kollegium Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die selbst LSBTIQ sind oder werden oder LSBTIQ Personen in ihrem Umfeld erleben.
Die Geschlechtsidentität beschreibt das Zugehörigkeitsempfinden zu einem Geschlecht. Menschen können sich zu einem bestimmten Geschlecht zugehörig fühlen, auch wenn sie diesem äußerlich nicht zu entsprechen scheinen. Gender bzw. das soziale Geschlecht meint die Normen und Erwartungen, die in einer bestimmten Gesellschaft oder Kultur mit der Rolle der Frau bzw. des Mannes verbunden sind, was also als „weiblich“ bzw. „männlich“ definiert wird (z. B. hinsichtlich Kleidung, Auftreten, Verhalten). Aus dem englischen wurde der Begriff „Gender“ übernommen, um die Dimensionen des sozialen (englisch: gender) und körperlichen (englisch: sex) Geschlechts zu trennen.
Als transgeschlechtlich, transident, transgender, trans* oder auch transsexuell bezeichnen sich meist Personen, die eine andere geschlechtliche Identität besitzen als jene, die ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Trans* wird oft auch als Oberbegriff verwendet. Trans* Schüler*innen können sich weiblich, männlich oder z. B. nicht-binär identifizieren.
Wenn es um Geschlecht geht, bleiben intergeschlechtliche Menschen meist unsichtbar. Als inter* oder intergeschlechtlich bezeichnen sich Personen, die bei der Geburt Varianten der körperlichen Geschlechtsmerkmale auwweisen. Dies wird jedoch nicht immer bei der Geburt bemerkt, z. T. wird dies erst bei körperlichen Untersuchungen festgestellt. Intergeschlechtliche Kinder werden heute noch geschlechtszuweisenden Operationen ausgesetzt, die ohne medizinische Notwendigkeit durchgeführt werden und größe Schäden bei den Menschen anrichten können.
Diese Selbstbezeichnungen sind weniger medizinische, sondern sozialwissenschaftliche und politische Begriffe.
Transsexualität und Intersexualität dagegen sind medizinische Begriffe, die von trans* und inter* Personen selten verwendet werden, da sie zum einen in der deutschen Sprache auf Sexualität verweisen, was missverständlich sein kann. Zum anderen werden diese Begriffe als pathologisierend empfunden, d. h. dass Personen mit diesen Bezeichnungen als krank erklärt werden.
Gerade der Sprache kommt bei der Beachtung der Umsetzung von geschlechtlicher Vielfalt eine große Bedeutung zu. Durch Sprache kann eine Gleichstellung oder Offenheit verdeutlicht werden, beispielsweise durch die Verwendung des Gender-Gap (Unterstrich z. B. Schüler_innen) oder des Gender Sterns, wodurch Menschen miteingeschlossen werden, die sich nicht als Frauen oder Männer definieren. Zur Sprache gehört auch die Anrede von Schüler*innen. Für alle Schüler*innen ist es wichtig so angesprochen zu werden, wie sie es wünschen. Das kann ein neuer Vorname oder ein neues Pronomen sein bei trans* Personen. WennKinder und Jugendliche um eine Veränderung in der Anrede bitten, sollten Sie dies sehr ernst nehmen. Meist ist dieser Äußerung ein langer Prozess vorausgegangen und es kann sehr schwerzhaft sein, wenn der alte Name oder das falsche Pronomen verwendet werden. Für die Anrede ist es nicht notwendig, eine formale/rechtliche Änderung vorweisen zu können.
Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt soll im Unterricht an geeigneten Stellen thematisiert werden um Vorurteile und Stereotypen abzubauen, aber auch Wissen zu vermitteln. In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen sexuellen Lebensweisen besteht die Chance, die eigene Sexualität und die anderer zu reflektieren und eine eigene sexuelle Identität zu finden. Auch in diesem Zusammenhang bietet es sich an, starre Bilder von Weiblichkeit und Männlichkeit zu hinterfragen, die sexuelle Identität der Kinder und Jugendlichen zu stärken, gegenüber anderen Geschlechtern zu sensibilisieren und zur Gleichberechtigung in der Gesellschaft beizutragen.
Die Gesellschaft gibt bisher überwiegend heterosexuelle Leitbilder vor. Die Entwicklung der sexuellen Identität von Kindern und Jugendlichen, die sich lesbisch, schwul oder bisexuell entwickeln, wird dadurch erschwert. Deshalb ist es wichtig, gleichgeschlechtliche Lebensweisen in ihrer Vielfalt darzustellen und altersgemäß zu vermitteln. Lehrkräfte müssen Jugendliche in ihrer Identitätsfindung und ggf. in ihrem Coming-out unterstützen und dafür sorgen, dass eine diskriminierungsfreie Atmosphäre herrscht.
Für ihre sexuelle Entwicklung brauchen Kinder und Jugendliche ein (Schul-)Klima, das die Vielfalt sexueller Möglichkeiten achtet. Vorurteilsfreie Information kann nicht nur junge Lesben, Schwule, Bisexuelle, sowie Trans- und intergeschlechtliche Personen in ihrer Identitätsentwicklung fördern. Gerade in der Zeit, in der die Heranwachsenden sich über ihre sexuelle Orientierung oder ihre Trans- oder Intergeschlechtlichkeit klar werden und dies auch nach außen deutlich machen, benötigen sie ein anerkennendes Umfeld, Informationen und Ansprechpartner*innen. Wichtig sind persönliche Vertrauensbeziehungen und Vorbilder, so tragen beispielsweise offen homosexuell lebende Lehrkräfte und deren Akzeptanz im Kollegium sowie Lehrkräfte, die sexuelle Vielfalt immer wieder thematisieren zu einer schulischen Atmosphäre bei, die die sexuelle Identitätsentwicklung von Schüler*innen erleichtert.
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder sexueller Orientierung
Lehrerkräfte sind dazu aufgerufen, konsequent gegen homophobe und transphobe Äußerungen und derartiges Verhalten vorzugehen und dieses innerhalb und außerhalb des Unterrichts zu thematisieren.
Sexismus
Umfasst viele Einzelphänomäne , die eine ungleichen sozialen Status von Männern und Frau bewirken und Vorurteile, Geschlechterstereotype sowie Alltags- und institutionalisierte Diskriminierung enthalten.
Homophobie
bezeichnet negativen Haltungen gegenüber Lesben und Schwulen, die sich in Vorurteilen und Abwertung, Diskriminierung bishin zu zu Gewaltausübung äußern können. (Phobie meint hier keine klassische Angststörung.)
Transphobie
Abneigung und Feindseligkeit gegen transgeschlechtliche Personen. (vgl.Homophobie)
Material
- NEU: Bundeszentrale für politische Bildung (2021): Was geht? Das Heft über Geschlechter, Liebe und Grenzen
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Themenjahr 2015 gegen Geschlechterdiskriminierung
- Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur Wien: Websites im schulischen Bereich. Anregungen für eine gendersensible Gestaltung
- Bundeszentrale für politische Bildung: Geschlechter. Fluter 2015
- Deutsche Aidshilfe: Schwul. Trans*. Teil der Szene! Informationsbroschüre mit Infos für schwule trans* und cis Männer sowie gender non-conforming und nicht-binäre Menschen, die sich der schwulen Community zugehörig fühlen.
- Frankfurter Allgemeine: Kampf um Identität. Wer rechtlich sein Geschlecht ändern will, trifft auf veraltete Gesetze. Diese der Zeit anzupassen, fällt der Politik schwer - noch.
- Gleichstellungsbeauftragte der Universität zu Köln: ÜberzeuGENDERe Sprache. Leitfaden für eine geschlechtersensible und inklusive Sprache.
- inter-nrw.de: Auf dieser Seite vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen finden Sie vielfältige Informationen zur Intergeschlechtlichkeit. Die Seite richtet sich an intergeschlechtliche Menschen, Eltern eines intergeschlechtlichen Kindes, Freund*in, Pädagog*innen und an Fachkräfte in der Pflege/Medizin. Die Seite ist ist neben Deutsch auch auf Englisch, Türkisch und in Leichter Sprache verfügbar.
- lehrer-online: Warum Gender-Aspekte im Schulunterricht?
- meingeschlecht.de: Ein Portal für INTER* TRANS* GENDERQUEERE JUGENDLICHE
- meintestgelände.de: Das Gendermagazin mit Beiträgen zu Themen wie Geschlecht, Gleichberechtigung, Gerechtigkeit, Beteiligung und Vielfalt.
- Podcast Queere Bildung: Ein Podcast von der Fachstelle Queere Bildung Queerformat.
- Senatsverwaltung Berlin: Leitfaden für eine geschlechtergerechte Sprache in der Verwaltung.
- TransInterQueer-Projekt »Antidiskriminierungsarbeit & Empowerment für Inter*: Inter* und Sprache
- Überblick über: Neue Lehrmaterialien zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt für die Sexualerziehung im Biologie-Unterricht
- Queerformat Fachstelle Queere Bildung: Material für unterschiedliche Klassenstufen sowie die Kinder- und Jugendhilfe
- undnochvielmehr.com: Frau. Mann. Und noch viel mehr (Broschüre in leichter Sprache)
Redaktionell verantwortlich: Sabine Lenk, LISUM
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