
Quelle 1: Anlage zu einem Brief Wolfgang Willrichs an Hanns Deetjen. Ein Blatt aus der Materialsammlung „Archiv Entarteter Kunst“
Übersetzung:
Anlage zu meinem Brief an Herrn Deetjen Blätter der Galerie Möller Nov. 1918
Beispiele von drei Entarteten:
Heckel, Schmidt Rottluff, Nolde die uns durch den sogenannten „Studentenputsch“ von 1933 (das ist die von Herrn von Lauer „geleitete“ Studentenversammlung für die Moderne Kunst) im III. Reich als „Nordische, deutsche vorbildliche Meister von neuem aufgedrängt wurden. Herr v. Lauer ist (sogar von einem alten P.G.!) rechtzeitig vorher verwarnt worden, sich mit dieser Versammlung einzulassen. Er hat nicht darauf verzichtet. – Hansen hat diese Versammlung als Verfälschungsmanöver gegen den nationalen Kunst- und Rassegedanken klar erkannt und als Sabotageakt angeprangert.
[Hanns Deetjen (1902 -1995) SS-Obersturmbannführer im Reichslandwirtschaftsministerium]
Zitiert aus: Kunst in Deutschland 1992, S. 51.
Quelle 2: Aus einem Brief von Emil Nolde an Goebbels vom 2.7.1938
Der expressionistische Maler Emil Nolde versuchte, in mehreren Schreiben eine Abstempelung als entarteter Künstler zu verhindern. An Goebbels gerichtet bat er darum, „…die gegen mich gerichtete Diffamierung aufheben zu wollen. Ich empfinde diese als besondere Härte und auch besonders, weil ich vor Beginn der Nationalsozialistischen Bewegung als fast einzigster deutscher Künstler in offenem Kampf gegen die Überfremdung der deutschen Kunst, gegen das unsaubere Kunsthändlertum und gegen die Machenschaften der Liebermann- und Cassiererzeit* gekämpft habe, ein Kampf gegen eine große Übermacht, der mir jahrzehntelanger materieller Not und Nachteile brachte. Als der Nationalsozialismus auch gegen mich und meine Kunst die Benennung >entartet< und >dekadent< prägte, empfand ich dies sehr als Verkennung, denn es ist nicht so, meine Kunst ist deutsch, stark, herb und innig. Nach der Abtretung Nordschleswigs wäre es mir leicht gewesen ein gefeierter Künstler in aller Welt, auf Grund politischer Dinge, zu werden, wenn nicht ich meine Zugehörigkeit zum Deutschtum stets allem vorangestellt und bei jeder Gelegenheit im In- und Ausland ich kämpfend und bekennend für Partei und Staat eingetreten wäre, dabei trotz eigener Diffamierung, oder vielleicht deshalb um so mehr, von der Weltbedeutung des Nationalsozialismus zu überzeugen vermochte.“
Zitiert aus: Königseder / Wetzel 2003, S. 441f.; * Anmerkung zu Paul Cassirer: Nolde schreibt hier bewusst den Namen des jüdischen Galeristen und Verlegers Cassirer falsch, um das antisemitische Vorurteil des Abkassierens zu bedienen.
Quelle 3: Wertung des Ereignisses „Bilderverbrennung“ durch Jörn Grabowski
„Als entartete Kunst von der Reichskammer der bildenden Künste beschlagnahmt, daher zu löschen.“ Diese lapidare, aber inhaltsschwere Anweisung vom 14. Februar 1939 beendete für die Mitarbeiter der Nationalgalerie einen langjährigen und zermürbenden Prozeß vorwiegend unsachlicher Unterstellungen und Anfeindungen, der schließlich bis zur Kunstzerstörung führen sollte. Der Bestand der neuen Abteilung moderner Kunst im Kronprinzen-Palais war damit aufgehoben, der Enteignungsakt juristisch vollzogen und – notgedrungen – anerkannt. Die Sammlung existierte nicht mehr.
Die nationalsozialistischen Kunstfanatiker hatten ihr Ziel erreicht: die Kunst der klassischen Moderne in den öffentlichen Sammlungen Deutschlands des „Undeutschen“ zu bezichtigen, sie als „entartet“ anzuprangern und schließlich in einer Orgie des Machtwahns zu zerstören. Was 1918/19 so hoffnungsvoll begann, endete für die Nationalgalerie vorerst in einem bürokratischen Akt der Inventarstreichung. Die Kunstwerke gehörten nicht mehr der Galerie, sondern dem Reich und befanden sich auf dem Weg zum Verkauf oder der Vernichtung. Die Nationalsozialsten entfachten einen Kunstbrand, der zu einem Weltbrand eskalieren sollte.
Zitiert aus: Kunst in Deutschland 1992, S. 7.
Quelle 4: Aus einem Brief von Emil Nolde an Goebbels vom 2.7.1938
Paragr. 1
Die Erzeugnisse entarteter Kunst, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in Museen oder der Öffentlichkeit zugänglichen Sammlungen sichergestellt und von einer vom Führer und Reichskanzler bestimmten Stelle als Erzeugnisse entarteter Kunst festgestellt sind, können ohne Entschädigung zu Gunsten des Reichs eingezogen werden, soweit sie bei der Sicherstellung im Eigentum von Reichsangehörigen oder inländischen juristischen Personen standen.
Paragr. 2
(1) Die Einziehung ordnet der Führer und Reichskanzler an. Er trifft die Verfügung über die in das Eigentum des Reichs übergehenden Gegenstände. Er kann die im Satz 1 und 2 bestimmten Befugnisse auf andere Stellen übertragen.
(2) In besonderen Fällen können Maßnahmen zum Ausgleich von Härten getroffen werden.
Paragr. 3
Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda erläßt im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts-und Verwaltungsvorschriften.
Berlin, den 31. Mai 1938
Der Führer und Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda
Dr. Goebbels
Zitiert aus: Kunst in Deutschland 1992, S. 64.
Quelle 5: Verbrennung von Kunstwerken im Kronprinzenpalais
Im Februar 1935 beschlagnahmte die Preußische Geheime Staatspolizei im Benehmen mit der NS-Kulturgemeinde und dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Goebbels, in dem Auktionshaus Max Perl, Berlin, Unter den Linden, eine Reihe von Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen. Darunter befanden sich allein zehn Gemälde von Paul Kleinschmidt, je zwei von Otto Mueller und Max Pechstein sowie jeweils ein Gemälde von Jankel Adler, Karl Hofer, Jules Pascin und Franz Radziwill. Die Gestapo beabsichtigte, diese Werke „kulturbolschewistischer Tendenz“ zu vernichten. Am 16. Februar 1936 wurde Hanfstaengl [Leiter der Nationalgalerie; H. Z.] aufgefordert, diesen Posten von insgesamt 64 Werken zu sichten und festzustellen, ob diese Bilder für die Nationalgalerie von „kulturgeschichtlicher Bedeutung“ seien. Hanfstaengl wählte fünf Gemälde (Hofer, „Sitzender weiblicher Akt auf blauem Kissen“, zwei Werke von Mueller, von Pechstein die „Fischerfamilie“ und ein Gemälde von Radziwill) sowie eine Mappe mit zehn Zeichnungen (Aquarelle von Dix (3), Schlichter (1), Pechstein (1), Radziwill (3), Jaeckel (1) und Heckel (1) aus, um sie als „Zeitdokumente“ unter Verschluß aufzubewahren. Entsprechend der vorgegebenen Weisung schlug er vor, den Rest zu vernichten. Nach Ablauf von drei Wochen mahnte ein erneutes Schreiben der Gestapo die Vollzugsmeldung an. Daraufhin wurden die Kunstwerke vernichtet.
Hentzen sandte am 27. Mai 1936 folgendes Schreiben an die Gestapo:
Am 20. Mai 1936 sind in meiner Gegenwart und im Beisein des Hausinspektors Bähr und der Hausarbeiter Gerdau und Ulrich die in dem Schreiben vom 24. März näher bezeichneten Gemälde, Aquarelle und Handzeichnungen in der Heizung des ehemaligen Kronprinzen-Palais verbrannt worden.
Zitiert aus: Kunst in Deutschland 1992 S. 48.
Redaktionell verantwortlich: Dr. Uwe Besch, LISUM
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