28. Oktober 1922 – der „Marsch auf Rom“

Im Jahr 2022 jährt sich zum 100. Mal der sogenannte „Marsch auf Rom“ der faschistischen squadristi Benito Mussolinis in Italien. Der inszenierte Marsch und in der Folge die Ernennung Mussolinis in das Amt des Ministerpräsidenten durch König Viktor Emanuel III. bildeten die erste erfolgreiche Machtübernahme einer faschistisch-nationalistischen Partei (Partido Nacional Fascista - PNF) in Europa. Diese war Vorbild für weitere nationalistische, antidemokratische Bewegungen in Europa. Zudem existieren Parallelen zur Ausrichtung und dem Aufstieg der NSDAP und ihrer Sturmabteilung (SA) in der Weimarer Republik.
Der Jahrestag im Geschichtsunterricht
Analoge Entwicklungen antidemokratischer, nationalistischer Kräfte in der Weimarer Republik und das in Teilen ausdrückliche Vorbild der „Schwarzhemden“ Mussolinis für die NS-Bewegung unterstreichen die Bedeutung der Thematisierung des italienischen Faschismus im Geschichtsunterricht. Das gilt ebenso für den Umgang des Staates mit der antidemokratischen Bewegung und auch für die Bemühungen einer politischen Integration in das bestehende parlamentarische System. Der italienische Faschismus muss zwar deutlich vom deutschen Nationalsozialismus unterschieden werden, die Ähnlichkeiten mit Blick auf die Mobilisierung der Massen, die Instrumentalisierung von Massenmedien, der Einsatz von massiver Gewalt auf der Straße gegen Andersdenke und die Verachtung von Pazifismus und Demokratie waren ihnen durchaus gemeinsam. Auch am Beispiel des „Marsches auf Rom“ lässt sich im Geschichtsunterricht nachvollziehen, welche Optionen Staaten gegenüber radikalen Kräften haben und wie sie diese (nicht) nutzen. Im Sinne einer stärkeren Ausrichtung des Geschichtsunterricht auf europäische und globale Geschichte leistet die Thematisierung des „Marsches auf Rom“ einen Beitrag.
Mögliche Themenfragen im Geschichtsunterricht:
Mögliche Themenfragen zielen auf die Authentizität des „Marsches“, die programmatisch-ideologischen Grundlagen der faschistischen Bewegung sowie kritisch auf den Grad politischer Inszenierung und nachträglicher historischen Überhöhung ab. Zudem sollten entsprechende Fragen auf die Bedeutung des „Marsches“ für die Machtübernahme Mussolinis in Italien und die politischen Entwicklungen in Europa im Spannungsfeld zwischen Demokratie und Diktatur der 1920er Jahre hinwirken oder einen Vergleich z. B. mit der NS-Bewegung anregen.
Für die Sekundarstufe I
- Der Marsch auf Rom am 28.10.1922 – eine ernsthafte Bedrohung des italienischen Staates?
- Der italienische Faschismus – Wurde er durch den Marsch auf Rom ermöglicht?
Für die Sekundarstufe II
- Der „Marsch auf Rom“ am 28.10.1922 – ein angekündigter Staatsstreich?
- Der „Marsch auf Rom“ – Höhepunkt einer Mobilisierungskampagne oder ernsthafte Bedrohung des Staates?
- Der „Marsch auf Rom“ – eine ausweglose Erpressung des italienischen Staates?
- Die Ernennung Benito Mussolinis zum Ministerpräsidenten infolge des „Marschs auf Rom“ - Kapitulation oder Machtlosigkeit des demokratischen Staates?
- Der „Marsch auf Rom“ – ein Sieg des gezielten Einsatzes von Gewalt?
- Der „Marsch auf Rom“ – ein Frühwarnzeichen für die fragilen Demokratien in Europa?
- Er hat niemals stattgefunden?! – Der „Marsch auf Rom“ 1922
Inhaltliche Anbindung an Rahmenlehrpläne Geschichte in Berlin (BE) und in Brandenburg (BB)
BB/BE Sek. I Geschichte: Doppeljahrgangsstufe 9/10: Basismodul Demokratie und Diktatur
BE Sek. II Geschichte: 3. Kurshalbjahr: Die moderne Welt und ihre Krisen: Demokratie und Diktatur • Das Scheitern der ersten deutschen Demokratie: Politische und wirtschaftliche Strukturen und ihre Krisen
BB Sek. II Geschichte: 2. Kurshalbjahr: Demokratie und Diktatur in Deutschland und Europa 1918–1945 • Wahlpflicht für den Leistungskurs: Faschismus in Europa (Faschismus- und Totalitarismustheorien/Italienischer Faschismus)
Links, Materialien und Literatur für die Bearbeitung des Themas im Unterricht
Augsburger Allgemeine – journalistischer Beitrag zu den Aktivitäten der Nachfahren Mussolinis in der gegenwärtigen italienischen Politik – sinnvoll zur Thematisierung von Geschichtskultur bzw. für Bezüge zur Gegenwart in der Sekundarstufe II; weitere Recherchen zur ultrarechten Fratelli d’Italia sind im Anschluss empfehlenswert https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Faschismus-Die-Familie-Mussolini-mischt-in-Italien-noch-immer-mit-id60727611.html, Zugriff am: 20.05.2022
BR2 (Sendereihe: Radiowissen - Audio und Unterrichtsmaterial) – der Beitrag zeichnet den Lebenslauf Mussolinis und des italienischen Faschismus bis zum Tod Mussolinis nach; es werden Originaltexte bzw. Redeauszüge eingeschlossen, Verweise auf die Geschichtskultur in der Gegenwart sind vorhanden; Dauer: 22:30 Minuten – geeignet für die Sekundarstufe II aufgrund der Länge des Beitrages, die Arbeitsblätter eignen sich eher für die Sekundarstufe I https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/arbeitsblatt-mussolini-100.html, Zugriff am: 20.05.2022
Bundeszentrale für politische Bildung – thematische Einführung in die Machtübernahme Mussolinis 1922 und zum Verhältnis zu Deutschland – Sek. I oder aufgrund der anspruchsvollerer Lexik Sek. II https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/147468/vor-90-jahren-benito-mussolini-kommt-an-die-macht/, Zugriff am: 20.05.2022
Deutsches Historisches Museum (DHM) – biografischer Zeitstrahl zu Benito Mussolini; der Beitrag enthält Abbildungen, die zur Analyse im Geschichtsunterricht dienlich sind – Sek. I und II https://www.dhm.de/lemo/biografie/benito-mussolini, Zugriff am: 20.05.2022
Deutschlandfunk Nova (Sendereihe: Hörsaal) – wissenschaftlicher Vortrag des Historikers Filippo Carlà-Uhink zur Instrumentalisierung römischer Jubiläen und Feiertage im italienischen Faschismus; Dauer: ca. 65 Minuten – sinnvoll zur Thematisierung von Geschichtskultur in der Sekundarstufe II (häusliche Vorbereitung) https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/faschismus-in-italien-mussolini-instrumentalisierte-die-roemische-antike-fuer-seine-diktatur, Zugriff am: 20.05.2022
Planet Wissen – biografische Darstellung zu Benito Mussolini mit einem Abschnitt zum „Marsch auf Rom“; der Beitrag steht im Kontext von Texten über Diktatoren des 20. Jahrhunderts und enthält Abbildungen – Sek. I https://www.planet-wissen.de/geschichte/diktatoren/mussolini_italienischer_diktator_und_faschist/index.html, Zugriff am: 20.05.2022
ZDF (Video) – Biografie Mussolinis und Darstellung der Machtergreifung sowie Festigung der italienischen Diktatur; These des wehrlosen Staates im Video könnte im Unterricht kritisch diskutiert werden; Dauer: 8 Minuten – als motivierender Einstieg oder als didaktische Klammer der gesamten Einheit in Sek. I und Sek. II https://www.zdf.de/funk/musstewissen-1066/funk-mussolini---diktatoren---musstewissen-geschichte-100.html, Zugriff am: 20.05.2022
Propagandistische Zeichnung: „Marcia su Roma“ von Giacomo Balla (1932); Einsatzbereich Einstieg bzw. Bildinterpretation im Geschichtsunterricht – Sek. II https://www.caoquefuma.com/2018/04/quiz-marcha-sobre-roma.html, Zugriff am: 20.05.2022
Weitere Literaturempfehlungen
Albanese, Guilia (2015): Mussolinis Marsch auf Rom, Die Kapitulation des liberalen Staates vor dem Faschismus, Verlag Brill Schöningh, Lübeck
Lussu, Emilio (2022): Marsch auf Rom und Umgebung, ein Bericht, Verlag Folio, Wien
Schieder, Wolfgang (2010): Der italienische Faschismus 1919-1945, Verlag Beck, München
Redaktionell verantwortlich: Dr. Uwe Besch, LISUM
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