Fachtagung Schreiben- und Rechtschreiblernen
Dokumentation der Fachtagung Schreiben- und Rechtschreiblernen

am 7./8. Oktober 2014
im Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg
Insgesamt 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher und Schulleitungen der Brandenburger Grundschulen) waren der Einladung zu einem der beiden Tage gefolgt.
Flyer zur Fachtagung Schreiben- und Rechtschreiblernen (pdf - 200 KB)
Marion Gutzmann (LISUM) eröffnete die Tagung und begrüßte die Gäste. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten die Gelegenheit, sich anhand ihrer Notizen auf einer Sieben-Fragen-Karte über ihre persönlichen Lieblingswörter, Rechtschreibunsicherheiten und Eselsbrücken auszutauschen
Herr Drews Schwarz (MBJS Brandenburg) richtete ein Grußwort an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und umriss, worum es bei der Tagung ging: Rechtschreibunterricht rückt immer wieder in den Fokus von öffentlichem und bildungspolitischem Interesse und führt mitunter zu Verunsicherungen und undifferenzierten Pauschalisierungen. Täglich stehen Lehrkräfte vor der Aufgabe, von Anfang an eigenentdeckendes Rechtschreiblernen zu ermöglichen und zugleich die rechtschriftliche Norm einzubeziehen und systematisches Weiterlernen zu fördern.
Die Inhalte der aktuellen Veröffentlichung zum Rechtschreiblernen von Frau Prof. Dr. Brinkmann sowie Vorträge und Workshops der Fachtagung bieten den Lehrkräften einen Überblick zu konzeptionellen Grundlagen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und aktuellen fachdidaktischen Positionen des Rechtschreiblernens.
Praxisbeispiele und erprobte Materialien des LISUM geben Anregungen für die Gestaltung eines anspruchsvollen Rechtschreibunterrichts sowie für die Förderung, Begleitung und Dokumentation individuellen Rechtschreiblernens. Darüber hinaus wird der Blick auf die Gestaltung von Übergängen hinsichtlich der Entwicklung der Schriftsprache akzentuiert.
Prof. Dr. Erika Brinkmann (PH Schwäbisch Gmünd) hielt einen Vortrag zum Thema „Wie Kinder Rechtschreiben lernen“ (pdf - 3,2 MB). Folgende Fragen wurden im Vortrag praxisnah mit Beispielen aus dem Unterricht beantwortet: Wie kann der Schriftspracherwerb der Kinder von Beginn an so unterstützt werden, dass sich alle Kinder - trotz unterschiedlicher Entwicklungsstände und Voraussetzungen - zu immer kompetenteren Rechtschreiberinnen und Rechtschreibern entwickeln? Wie verträgt sich dieses Ziel mit dem lautorientierten Schreiben am Schulanfang? Was müssen die Kinder lernen, um orthografische Probleme zunehmend selbstständiger lösen zu können?
Nach einer Kaffeepause folgte der Vortrag von Beate Leßmann (IQSH Kiel) mit dem Thema: „Rechtschreiblernen - individuell und systematisch“ (pdf - 9,6 MB). Der Vortrag vermittelte konkrete Anregungen für die Entwicklung von Rechtschreibkompetenzen im Kontext des Schreibens. Die eigenen Texte der Schülerinnen und Schüler werden zum Ausgangspunkt für das Lernen an eigenen Fehlerschwerpunkten, für die individuelle Wortschatzarbeit (auch in Kombination mit einem vorgegebenen Grundwortschatz) und für das zielgerichtete Anwenden von Arbeitstechniken. Gemeinsame Rechtschreibgespräche in der Klasse vertiefen die Kompetenzen der Einzelnen. Neben fachlichen Bausteinen wurden konkrete Anregungen für die Organisation eines individualisierenden und inklusiven – auch jahrgangsübergreifenden - Unterrichts vorgestellt.

Sieben Workshops gaben zahlreiche Anregungen für die Praxis.
Workshop 1: Der Schrift auf der Spur: „Es fährt ein Bus durchs ABC“
Irene Hoppe, LISUM
Kinder, die schon früh durch vielfältige Erfahrungen eine Vertrautheit mit Schrift und Schriftsprache entwickeln, verfügen über eindeutige Entwicklungsvorteile in der Ausbildung ihrer sprachlichen Kompetenz sowie ihrer Lese- und Schreibkompetenz. Daran knüpfen die im Auftrag der Arbeitsstelle Gorbiks Transfer entwickelten Literacy-Szenarien „Es fährt ein Bus durchs ABC“ zur Auseinandersetzung mit Schriftsprache an: Kitakinder besuchen an einem Vormittag eine Lerngruppe in der Schule. Das wesentliche Ziel der gemeinsamen Begegnung ist ein positives Erlebnis rund um unsere Lese- und Schreibkultur und das im Miteinander auf Augenhöhe.
Wie solch ein Vormittag von Kita und Schule gemeinsam gestaltet werden kann und welche praxisorientierten Methoden zum spielerischen Umgang mit Literatur und Schrift angeboten werden können, wurde in der Veranstaltung präsentiert und diskutiert sowie von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern teilweise auch aktiv erprobt.
Workshop 2: Rechtschreibdiagnose an individuellen Texten
Prof. Dr. Guido Nottbusch, Uni Potsdam
Klassische Rechtschreibtests wie z.B. die HSP dienen hauptsächlich dazu, Kinder mit größeren Schwierigkeiten im Rechtschreiberwerb zu identifizieren, liefern aber nur grobe Hinweise auf die individuellen Fehlerschwerpunkte. Um das vorhandene Wissen genauer festzustellen, können vorhandene Schreibproben zu Rate gezogen werden. An einigen Schülertexten in Kombination mit Entwicklungsverläufen zu verschiedenen Rechtschreibbereichen wurde gezeigt, wie man herausfinden kann: 1. Was das Kind schon kann und 2. Was das Kind als nächstes lernen kann.
Workshop 3: Rechtschreibleistungen ermitteln – Alternative Rechtschreibarbeit
Iris Grünack, LISUM
Rechtschreibunterricht soll Kinder dazu befähigen, eigene Texte mithilfe von Strategien richtig zu schreiben und zu überarbeiten.
Das bedeutet, dass sowohl im Unterricht als auch beim Ermitteln von Rechtschreibleistungen der Prozess des Schreibens stärker in den Fokus gerückt werden muss. Kinder sollen zu Sprachforschern werden, die (gemeinsam) über die Schreibung von Wörtern nachdenken und diese begründen können.
Ein herkömmliches Diktat wird diesen Anforderungen nicht ausreichend gerecht. Deshalb zeigte der Workshop, wie man mithilfe einer Rechtschreibarbeit die Anwendung von Strategien „sichtbar“ machen kann.
Workshop 4: Lernprozessbegleitende Diagnostik bei besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben
Gudrun Hansen, Heike Kroner, LISUM
„Für die Feststellung besonderer Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben ist die Lehrkraft für Deutsch verantwortlich.“ (VV-LRSR vom 06. Juni 2011)
Mit dieser Forderung aus der Verwaltungsvorschrift über die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben oder im Rechnen fühlen sich viele Lehrkräfte überfordert und haben viele Fragen.
- Wie werde ich rechtzeitig auf Kinder mit diesen besonderen Schwierigkeiten aufmerksam?
- Welche Fördermöglichkeiten gibt es?
- Welche rechtlichen Grundlagen muss ich kennen?
In diesem Workshop wurden Möglichkeiten zur frühzeitigen und lernprozessbegleitenden Diagnostik sowie präventive und fördernde Maßnahmen aufgezeigt. Es wurde auf die Stufen der Lernentwicklung beim Lesen und Schreiben eingegangen, die als Grundlage für Diagnose und Förderplanung dienen.
Kenntnisse über schulische und außerschulische Förderangebote sowie Möglichkeiten des Nachteilsausgleiches dienen auch der Beratung der Eltern.
Workshop 5: Rechtschreiblernen und Bewertung von Rechtschreibleistungen am Übergang in die Sekundarstufe
Beate Leßmann, IQSH Kiel
In diesem Workshop wurden Wege des individualisierten und systematischen Rechtschreiblernens vor allem für die Jahrgangsstufen 4 bis 7 thematisiert. Neben Anregungen und Erprobungen zu grundlegenden Bereichen (Training an individuellen Fehlerschwerpunkten, Wortschatzlernen, Arbeitstechniken, Rechtschreibgespräche) wurden Möglichkeiten der Dokumentation und Bewertung von Rechtschreibleistungen vorgestellt. Sämtliche Ideen haben sich auch in integrativen oder inklusiven Settings bewährt.
Präsentation zum Workshop (pdf - MB)
Workshop 6: Grundwortschatz sichern, Rechtschreiblernen anhand des Kompetenzrasters begleiten
Marion Gutzmann, LISUM
Gelingende Wortschatzarbeit bedeutet mehr als die Vorgabe eines begrenzten Grundwortschatzes und das isolierte Einüben von Wörtern. Neben einer Vielzahl von (bekannten) Übungsmöglichkeiten bieten verschiedene Zusammenstellungen von einzelnen Wörtern oder Wortlisten des Grundwortschatzes Gelegenheit, orthografische Phänomene zu entdecken und zur Sprache zu bringen. Anhand von Aufgabenbeispielen, die situiertes und systematisches Lernen ermöglichen, die Entwicklung von Arbeitstechniken und Strategien aufgreifen und den Einsatz individualisierender sowie kommunikativer Arbeitsformen berücksichtigen, wurden im Workshop Gelingensbedingungen für Wortschatzarbeit reflektiert. Auf der Basis des Kompetenzrasters Deutsch-Schreiben liegen darüber hinaus Referenzaufgaben auf den vier Niveaustufen A, B, C und D zu den jeweiligen Anforderungen vor – gleichfalls abgestimmt mit dem zukünftigen Rahmenlehrplan Deutsch für die Jahrgangsstufen 1-10 -, mit denen Schülerinnen und Schüler über die Grundschulzeit hinweg und darüber hinaus ihr Können überprüfen und einschätzen und gemeinsam mit den Lehrkräften die nächsten individuellen Lernschritte festlegen können.
Workshop 7: ABC der Rechtschreibung
Jana Pätzold, LISUM
Die Rechtschreibung ist verstehbar und lernbar. Rechtschriftliches Wissen und Können sollte deshalb systematisch aufgebaut werden. Um die Schülerinnen und Schüler auf diesem Weg unterstützend zu begleiten, benötigen sie notwendiges Handwerkszeug wie zum Beispiel Arbeitstechniken und Strategien sowie vielfältige Übungen, die ihnen helfen, ihre individuelle Rechtschreibkompetenz zu entwickeln.
Im Workshop wurde hier angeknüpft. Es wurden freudbetonte und in der Praxis erprobte Übungsformen und Methoden zur Vermittlung rechtschriftlicher Sicherheit vorgestellt und reflektiert.
Zum Abschluss
hielt Prof. Dr. Guido Nottbusch (Uni Potsdam) einen Vortag mit dem Thema: „Was man lernen kann, wenn man Kindern beim Schreiben unter den Stift guckt“.
In diesem Vortrag wurde dargestellt, wie die Beobachtung von Schreibprozessen zu einem effektiveren Rechtschreiberwerb beitragen kann. Zur Beobachtung des Schreibprozesses werden alle Bewegungen des Stiftes (sowohl auf dem Papier als auch in der Luft) mit einem TabletPC aufgezeichnet und anschließend analysiert. Mit Hilfe des Wissens über flüssige, automatisierte Schreibewegungen können Verzögerungen im Schreibfluss festgestellt werden. Diese Verzögerungen und Pausen können dann mit orthografischen Schwierigkeiten im geschriebenen Wort verglichen werden, dadurch wird deutlich, wo die größten Schwierigkeiten des Kindes liegen.
Bilanz
Insgesamt wurde die Tagung von den Teilnehmenden als anregend für ihren Deutschunterricht eingeschätzt. Aus dem Feedback seien stellvertretend einige dieser Rückmeldungen zitiert:
- „Ich hätte gerne regelmäßige Tagungen und Seminare für Lehrerinnen und Lehrer“
- „Supertag! Man bräuchte mehr dieser Veranstaltungen.“
- „Fachtagungen sollten regelmäßig durchgeführt werden. Mehrere Kollegen einer Schule sollten die Möglichkeit zur Teilnahme haben.“
- „Ich hätte gerne regelmäßige Tagungen und Seminare für Lehrerinnen und Lehrer“
- „gelungene, praxisnahe Veranstaltung! Danke.“
Viele der Teilnehmenden unterstrichen damit den Wunsch nach geeigneten Unterstützungs-angeboten für Lehrkräfte(teams) der Schulen.
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Redaktionell verantwortlich: Erna Hattendorf
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